12 Jahre als Sklave. Solomon Northup

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12 Jahre als Sklave - Solomon Northup

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City und schlugen den Weg nach Philadelphia ein. Hier blieben wir für eine Nacht und setzten unsere Reise nach Baltimore früh am nächsten Morgen fort. Zu gegebener Zeit kamen wir in letzterer Stadt an und übernachteten in einem Hotel nahe dem Eisenbahndepot, dass entweder von einem Mr. Rathbone geführt wurde, oder aber Rathbone House genannt wurde. Auf dem ganzen Weg von New York schien ihre Sorge, den Zirkus zu erreichen, immer eindringlicher zu werden. Wir ließen die Kutsche in Baltimore zurück und reisten im Eisenbahnwaggon weiter nach Washington, wo wir gerade bei Einbruch der Nacht eintrafen, am Vorabend der Bestattung von General Harrison (Anm. d. Übers.: William Henry Harrison war der neunte Präsident der Vereinigten Staaten), und übernachteten in Gadsby’s Hotel auf der Pennsylvania Avenue.

      Nach dem Abendessen riefen sie mich in ihr Zimmer und zahlten mir dreiundvierzig Dollar, eine Summe, die meinen Lohn übertraf. Sie sagten, jener Akt der Großzügigkeit sei der Tatsache geschuldet, dass sie während unserer Reise von Saratoga nicht so oft aufgetreten seien, wie sie mich hatten erwarten lassen. Darüber hinaus, so berichteten sie mir, war es die Absicht der Zirkusgesellschaft gewesen, Washington am nächsten Morgen zu verlassen, doch aufgrund der Bestattung hatte sie beschlossen, einen weiteren Tag zu bleiben. Sie waren damals, so wie auch von unserer ersten Begegnung an, äußerst freundlich. Sie ließen keine Gelegenheit aus, mich im Tonfall der Billigung anzusprechen; während ich andererseits sicherlich von ihnen höchst eingenommen war. Ich schenkte ihnen meine Zuversicht ohne Vorbehalt, und hätte ihnen beinahe unbeschränkt vertraut. Ihre beständige Unterhaltung mit mir und ihr Verhalten mir gegenüber – ihre Voraussicht hinsichtlich des Freiennachweises, ebenso wie hundert andere kleine Taten, die man nicht unbedingt wiedergeben muss – all dass deutete darauf hin, dass es wirkliche Freunde waren, die ehrlich um mein Wohlergehen beflissen waren. Ich weiß es nicht, doch sie waren es. Ich weiß es nicht, doch sie waren an dieser großen Niedertracht unschuldig, derer ich sie nun als überführt erachte. Ob sie nun in mein Unglück verwickelt waren – raffinierte und unmenschliche Ungeheuer in der Gestalt von Menschen – mich vorsätzlich von Heim und Familie fortlockten, und meiner Freiheit, des Goldes wegen – diejenigen, welche diese Seiten lesen, werden dieselben Mittel besitzen, dies zu bestimmen wie ich selbst. Wenn sie unschuldig waren, so muss mein plötzliches Verschwinden wahrhaftig unerklärlich gewesen sein; aber wenn ich mir im Geiste all die begleitenden Umstände überlege, kann ich es mir niemals erlauben, ihnen gegenüber so nachsichtig zu sein.

      Als ich von ihnen das Geld erhalten hatte, welches sie im Überfluss zu besitzen schienen, rieten sie mir, in dieser Nacht nicht auf die Straße zu gehen, insofern ich mit den Gebräuchen der Stadt nicht vertraut war. Nachdem ich versprach, ihren Rat im Sinn zu behalten, verließ ich beide zusammen, und bald darauf wurde mir von einem farbigen Diener eine Schlafkammer im rückwärtigen Teil des Hotels im Erdgeschoß zugewiesen. Ich legte mich zur Ruhe nieder, dachte an Heim und Frau, und die Kinder, und die weite Entfernung, die zwischen uns lag, bis ich in Schlaf verfiel. Doch kein guter Engel des Erbarmens kam an mein Bett und forderte mich auf zu fliehen – keine Stimme der Gnade warnte mich im Traum vor den Prüfungen, die mir gerade bevorstanden.

      Am nächsten Tag gab es einen großen Festzug in Washington. Das Donnern von Kanonen und das Läuten der Glocken füllten die Luft, während viele Häuser mit Trauerfloren verschleiert waren, und die Straßen schwarz waren vor Menschen. Als der Tag voranschritt, trat die Prozession in Erscheinung, kam langsam die Avenue herab, Kutsche auf Kutsche in langer Abfolge, während Tausende und Abertausende zu Fuß nachfolgten – alle sich zum Klang melancholischer Musik bewegend. Sie trugen den Leichnam von Harrison zu Grabe.

      Ab dem frühen Morgen war ich immer in der Gesellschaft von Brown und Hamilton. Sie waren die einzigen Personen, die ich in Washington kannte. Wir standen zusammen, als der Trauerzug vorbeimarschierte. Ich erinnere mich deutlich, wie Fensterscheiben zerbrachen und klirrend zu Boden fielen, nach jedem Donnern der Kanone, die auf dem Friedhof abgefeuert wurde. Wir begaben uns zum Capitol und spazierten einige Zeit auf dem Gelände umher. Am Nachmittag gingen sie zum Haus des Präsidenten, und während all der Zeit behielten sie mich in ihrer Nähe und zeigten mir verschiedene Sehenswürdigkeiten. Bisher hatte ich noch nichts von dem Zirkus gesehen. Tatsächlich hatte ich inmitten der Aufregungen des Tages nur wenige Gedanken an ihn verschwendet, wenn überhaupt.

      Meine Freunde betraten mehrere Male während des Nachmittags Trinklokale und bestellten Schnaps. Sie besaßen jedoch keinesfalls die Angewohnheit, diesem übermäßig zu frönen, soweit ich sie kannte. Bei diesen Gelegenheiten schenkten sie, nachdem sie sich selbst bedient hatten, ein Glas ein und gaben es mir. Ich wurde nicht betrunken, wie man vielleicht aus dem, was sich anschließend zutrug, folgern könnte. Gegen Abend, und kurz nachdem ich eines dieser Getränke zu mir genommen hatte, begann ich einige höchst unangenehme Empfindungen durchzumachen. Ich fühlte mich äußerst unwohl. Mein Kopf begann zu schmerzen – ein tauber, schwerer Schmerz, unsagbar unangenehm. Beim Abendessen war ich ohne Appetit; der Anblick und der Geruch des Essens lösten bei mir Übelkeit aus. Ungefähr zur Dämmerung führte mich derselbe Diener in den Raum, den ich auch die vorige Nacht belegt hatte. Brown und Hamilton rieten mir, zu Bett zu gehen, bedauerten mich freundlich und brachten die Hoffnung zum Ausdruck, dass es mir am Morgen wieder besser gehen würde. Nachdem ich mich nur von Mantel und Stiefeln entledigt hatte, warf ich mich auf das Bett. Es war mir unmöglich zu schlafen. Der Schmerz in meinem Kopf wurde immer stärker, bis er fast unerträglich war. In kürzester Zeit wurde ich durstig. Meine Lippen waren ausgetrocknet. Ich konnte an nichts anderes denken als Wasser – an Seen und fließende Ströme, an Bäche, an denen ich mich gebückt hatte, um zu trinken, und an den tropfenden Eimer, der sich mit seinem kühlen und überlaufenden Nektar vom Grunde des Brunnens erhebt. Gegen Mitternacht, soweit ich es beurteilen kann, erhob ich mich, unfähig länger noch einen solch eindringlichen Durst zu ertragen. Ich war ein Fremder in diesem Haus und kannte die Zimmer nicht. Soweit ich erkennen konnte, war niemand mehr auf den Beinen. Aufs Geratewohl herumtastend, ich weiß nicht mehr woher eigentlich, fand ich zumindest den Weg zu einer Küche im Keller. Zwei oder drei farbige Diener waren dort unterwegs, von denen mir einer, eine Frau, zwei Gläser Wasser gab. Das verschaffte mir eine kurzfristige Linderung, doch als ich wieder mein Zimmer erreicht hatte, war dasselbe brennende Verlangen zu trinken, derselbe quälende Durst zurückgekehrt. Er war noch peinigender als zuvor, ebenso wie der ungezügelte Schmerz in meinem Kopf, wenn dies überhaupt möglich war. Ich war in schlimmer Not – litt entsetzliche Schmerzen! Ich schien an der Schwelle zum Irrsinn zu stehen! Die Erinnerung an jene Nacht furchtbaren Leids wird mich bis ins Grab verfolgen.

      Nachdem eine Stunde oder auch mehr seit meiner Rückkehr aus der Küche vergangen war, wurde mir bewusst, dass jemand mein Zimmer betrat. Es schienen mehrere zu sein – ein Durcheinander von Stimmen – aber wie viele, oder wer sie waren, kann ich nicht sagen. Ob Brown und Hamilton dabei waren, ist eine reine Annahme. Mit ziemlicher Sicherheit erinnere ich mich nur, dass mir gesagt wurde, es wäre notwendig zu einem Arzt zu gehen, um eine Medizin verschrieben zu bekommen, und dass ich, nachdem ich meine Stiefel angezogen hatte, ohne Mantel und Hut, ihnen durch eine lange Passage oder Gasse auf die offene Straße folgte. Sie zweigte im rechten Winkel von der Pennsylvania Avenue ab. Auf der gegenüberliegenden Seite brannte in einem Fenster ein Licht. Ich hatte den Eindruck, dass drei Personen bei mir waren, doch letzten Endes schien alles unbestimmt und vage, und wie die Erinnerung an einen schmerzhaften Traum. Wie ich auf jenes Licht zuging, welches, wie ich mir vorstellte, im Fenster eines Arztes leuchtete, und das scheinbar vor mir zurückwich, ist die letzte flimmernde Erinnerung, die ich mir noch ins Gedächtnis rufen kann. Von diesem Augenblick an war ich besinnungslos. Wie lange ich mich in jenem Zustand befand – ob nur in dieser Nacht, oder viele Tage und Nächte – weiß ich nicht; aber als mein Bewusstsein zurückkehrte, war ich allein, in völliger Dunkelheit und in Ketten.

      Der Schmerz in meinem Kopf hatte ein gewisses Maß nachgelassen, doch ich war sehr schwach und kraftlos. Ich saß auf einer niedrigen Pritsche aus groben Brettern, ohne Mantel oder Hut. Ich trug Handschellen. Um meine Knöchel befand sich auch ein Paar schwerer Fesseln. Ein Ende der Kette war an einem großen Ring auf dem Boden befestigt, das andere an den Fesseln um meine Knöchel. Ich versuchte vergeblich aufzustehen. Nachdem ich aus einer derart schmerzhaften Trance erwacht war, dauerte es einige Zeit, bis ich wieder meine Gedanken

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