12 Jahre als Sklave. Solomon Northup

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12 Jahre als Sklave - Solomon Northup

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gab eine Lücke über einen unbestimmten Zeitraum vor meinem Erwachen an diesem einsamen Ort, deren Ereignisse mir selbst bei äußerster Anstrengung meines Gedächtnisses nicht einfallen wollten. Ich lauschte angestrengt nach einem Signal oder Geräusch von Leben, aber nichts durchdrang die bedrückende Stille, außer dem Klirren meiner Ketten, wann immer ich mich auch zufällig bewegte. Ich sagte etwas, doch der Klang meiner Stimme erschreckte mich. Ich betastete meine Taschen, soweit es die Schellen erlaubten – tatsächlich weit genug, um sicher zu sein, dass ich nicht nur meiner Freiheit beraubt worden war, sondern auch mein Geld und mein Freiennachweis verschwunden waren! Dann begann sich in meinem Verstand zunächst düster und verwirrt der Gedanke zu bilden, dass ich entführt worden war. Aber das, so dachte ich, wäre unglaublich. Es musste eine Art Missverständnis gegeben haben – einen unglücklichen Fehler. Es konnte doch nicht sein, dass ein freier Bürger New Yorks, der niemandem ein Unrecht zugefügt noch irgendein Gesetz gebrochen hatte, derart unmenschlich behandelt wurde. Je länger ich jedoch meine Lage überdachte, desto sicherer wurde ich mir in meinem Verdacht. Es war wahrlich ein trostloser Gedanke. Ich spürte, dass bei Menschen in ihrer Gefühllosigkeit kein Vertrauen und keine Gnade zu finden war; und so empfahl ich mich dem Gott der Geknechteten, beugte meinen Kopf auf meine zusammengeketteten Hände und weinte höchst bitterlich.

       KAPITEL III.

      SCHMERZHAFTE ÜBERLEGUNGEN – JAMES H. BURCH – WILLIAMS’ SKLAVENPFERCH IN WASHINGTON – DER LAKAI RADBURN – ICH BEHARRE AUF MEINER FREIHEIT – DER ZORN DES HÄNDLERS – DAS PADDEL UND DIE NEUNSCHWÄNZIGE KATZE – DIE ZÜCHTIGUNG – NEUE BEKANNTE – RAY, WILLIAMS UND RANDALL – ANKUNFT DER KLEINEN EMILY UND IHRER MUTTER IM PFERCH – MÜTTERLICHER KUMMER – DIE GESCHICHTE ELIZAS.

      Etwa drei Stunden vergingen, während derer ich auf der niedrigen Pritsche sitzen blieb, in schmerzhafte Überlegungen versunken. Schließlich vernahm ich das Krähen eines Hahnes, und bald darauf drang ein fernes, polterndes Geräusch an meine Ohren, wie von Kutschen, welche durch die Straßen eilten, und ich wusste, dass es Tag war. Jedoch fiel nicht ein einziger Lichtstrahl in mein Gefängnis. Schließlich vernahm ich Schritte direkt über mir, als ob dort jemand hin und her schritt. Es kam mir der Gedanke, dass ich mich in einem unterirdischen Raum befände, und der feuchte, schimmlige Geruch des Ortes bestätigte meinen Verdacht. Der Lärm über mir dauerte mindestens eine Stunde an, als ich schließlich Schritte von draußen nahen hörte. Ein Schlüssel klapperte im Schloss – eine massive Tür schwang in ihren Angeln auf, ließ eine Lichtflut herein und zwei Männer traten ein und standen vor mir. Einer von ihnen war ein großer, kräftiger Mann, von vielleicht vierzig Jahren, mit dunklem, kastanienbraunem Haar, ein wenig mit Grau durchsetzt. Sein Gesicht war voll, sein Teint gerötet, seine Züge waren grob und derb, und drückten nur Grausamkeit und Arglist aus. Er war ungefähr fünf Fuß und zehn Zoll groß, von fülliger Statur, und man gestatte mir ohne Vorurteil zu sagen, dass er ein Mann war, dessen ganze Erscheinung bösartig und abstoßend war. Sein Name war James H. Burch, wie ich später herausfand – ein wohlbekannter Sklavenhändler in Washington; und damals oder zumindest bis vor kurzem als Geschäftspartner verbunden mit Theophilus Freeman aus New Orleans. Die Person, welche ihn begleitete, war ein einfacher Lakai namens Ebenezer Radburn, der nur als Gefangenenwärter fungierte. Beide Männer leben immer noch in Washington, oder taten es zur Zeit meiner Rückkehr aus der Sklaverei durch diese Stadt im letzten Januar.

      Das Licht, welches durch die offene Tür fiel, befähigte mich, den Raum zu betrachten, in dem ich festgehalten wurde. Er maß etwa zwölf Fuß auf jeder Seite – die Wände aus stabilem Mauerwerk. Der Boden bestand aus schweren Holzbohlen. Es gab ein kleines Fenster, von dicken, gekreuzten Eisenstangen versperrt und einer äußeren Fensterlade, die sicher befestigt war.

      Eine eisenbeschlagene Tür führte in eine benachbarte Zelle oder ein Kellergewölbe, das völlig ohne Fenster oder eine andere Quelle von Tageslicht war. Die Einrichtung des Raumes, in dem ich mich befand, bestand aus der hölzernen Pritsche, auf der ich saß, und einem altmodischen, verdreckten Kastenofen, und abgesehen davon gab es in keiner der Zellen weder Bett noch Decke noch sonst irgendetwas anderes. Die Tür, durch die Burch und Radburn eingetreten waren, führte durch eine kleine Passage und eine Treppenflucht hinauf in einen Hof, der von einer zehn oder zwölf Fuß hohen Ziegelmauer umgeben war, unmittelbar an der Rückseite eines Gebäudes gelegen, das ebenso breit wie der Hof war. Der Hof erstreckte sich hinter dem Haus auf einer Länge von etwa dreißig Fuß. In einem Teil der Mauer war eine mit Eisen verstärkte Tür, die in einen schmalen, überdachten Gang führte, welcher an der einen Seite des Hauses vorbei zur Straße verlief. Das Verhängnis des farbigen Mannes, hinter dem sich die Tür aus jenem schmalen Gang schloss, war besiegelt. Die Mauerkrone trug eine Seite eines Daches, welches nach innen hin aufstieg und so eine Art offenen Schuppen bildete. Unter dem Dach verlief ringsum eine Art Dachboden, wo Sklaven, wenn sie denn wollten, bei Nacht schlafen oder bei unbarmherzigem Wetter Zuflucht vor dem Sturm suchen konnten. In vielerlei Hinsicht sah er wie die Scheune eines Farmers, außer dass er so konstruiert war, dass die Außenwelt niemals das menschliche Vieh sehen konnte, welches hier hindurchgetrieben wurde.

      Das Gebäude, zu dem der Hof gehörte, war zwei Stockwerke hoch, und lag mit der Vorderseite an einer der öffentlichen Straßen Washingtons. Seine Außenseite gab nur den Anschein eines ruhigen Privatwohnsitzes wieder. Ein Fremder, der es ansah, hätte sich niemals seinen scheußlichen Nutzen träumen lassen. So seltsam es auch scheinen mag, deutlich in Sichtweise ebendiesen Hauses, von seiner gebieterischen Höhe auf es herabblickend, lag das Capitol. So konnten sich die Stimmen der patriotischen Repräsentanten, die von Freiheit und Gleichheit prahlten und das Klirren der Ketten jener armen Sklaven beinahe vermischen. Ein Sklavenpferch, im Schatten des Capitols selbst!

      Solchermaßen ist die korrekte Beschreibung von Williams’ Sklavenpferch in Washington wie er im Jahr 1841 aussah, von einem der Keller aus, in denen ich mich so unerklärlich wiederfand.

      „Nun, mein Junge, wie fühlst du dich jetzt?“, sagte Burch, als er durch die offene Tür trat. Ich antwortete, dass ich krank sei, und erkundigte mich nach dem Grund meiner Gefangenschaft. Er entgegnete, dass ich sein Sklave sei – dass er mich gekauft hätte, und dass er mich nach New Orleans schicken wolle. Ich brachte laut und deutlich zur Geltung, dass ich ein freier Mann sei – ein Einwohner von Saratoga, wo ich eine Frau und Kinder hatte, die ebenfalls frei wären, und dass mein Name Northup sei. Ich beschwerte mich bitterlich über die ungewohnte Behandlung, die mir zuteil geworden war und drohte, dass ich bei meiner Befreiung Genugtuung für das erlittene Unrecht verlangen würde. Er stritt ab, dass ich ein freier Mann sei, und erklärte mit einem einfühlsamen Fluch, dass ich aus Georgia käme. Wieder und wieder brachte ich vor, dass ich niemandes Sklave sei, und bestand darauf, dass er mir sofort die Ketten abnähme. Er war bemüht, mich zum Schweigen zu bringen, als fürchte er, meine Stimme könne gehört werden. Doch ich wollte nicht schweigen und prangerte die Urheber meiner Gefangenschaft, wer immer sie auch sein mochten, als durchtriebene Verbrecher an. Nachdem er feststellte, dass er mich nicht zum Schweigen bringen konnte, flüchtete er sich in einen gewaltigen Gefühlsausbruch. Mit lästerlichen Flüchen nannte er mich einen rabenschwarzen Lügner, einen Entflohenen aus Georgia, und belegte mich mit allen möglichen anderen profanen und vulgären Schimpfnamen, die sich eine höchst unanständige Phantasie ausdenken kann.

      Während der ganzen Zeit stand Radburn schweigend neben ihm. Seine Aufgabe war es, diesen menschlichen oder vielmehr unmenschlichen Stallbetrieb zu überwachen, Sklaven entgegenzunehmen, zu füttern und sie auszupeitschen, für den Lohn von zwei Schilling pro Kopf und Tag. Burch wandte sich zu ihm um und befahl, das Paddel und die neunschwänzige Katze hereinzubringen. Er verschwand und kehrte nach wenigen Augenblicken mit diesen Folterinstrumenten zurück. Das Paddel, wie man es im Jargon der Sklavenzüchtigung nennt, oder zumindest das Exemplar, mit dem ich das erste Mal die Bekanntschaft machte, und von dem ich nun spreche, war ein Brett aus Hartholz, achtzehn oder zwanzig Zoll lang, in der Form eines altmodischen Puddingschlägers oder auch eines gewöhnlichen Ruders. Der flache Teil, der vom Umfang etwa so groß wie zwei offene Hände war, besaß an zahlreichen Stellen Löcher von einem kleinen Bohrer. Die Katze war

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