Glanz und Elend der Friedrich - Wilhelms. Helmut H. Schulz

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Glanz und Elend der Friedrich - Wilhelms - Helmut H. Schulz

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zum Kaiser stark: Leopold wünschte sich keineswegs ein starkes Brandenburg-Preußen im Nordosten des Heiligen Reiches; das Wort Vandalengau - ein Begriff, der im Dritten Reich mit Bezug auf Westpreußen wieder auflebte - wurde erfunden, nach dem zunächst der Aufstieg dieses Mannes als Großer Kurfürst im Reich gefeiert worden war. Das Jahr 1679 war überdies durch heftige Erschütterungen ausgezeichnet. Im Winterquartier bei Straßburg nach dem missglückten elsässischen Feldzug und dem schmerzlichen Verlust Karl Emils 1674 hatte den Kurfürsten die Schreckensnachricht erreicht: Die Schweden sind in der Altmark! Dieses Lustgeschenk verdankte er seinem lieben Freund, dem französischen Ludwig XIV, der nach seinem militärischen Debakel Ausschau nach neuerlicher kriegerischer Betätigung hielt. Es gelang dem Kurfürsten, nach einem bravourösen Ritt vom Rhein bis an den Rhin die Schweden entscheidend zu schlagen, und zwar in der Schlacht bei Fehrbellin 1675, was lange im ehrenden Gedächtnis der Brandenburger hängenblieb, wie jeder Volkskrieg gegen Besatzer viele Freunde findet. Noch im Jahr 1677 eroberte Friedrich Wilhelm die Inseln Usedom und Wollin im Oderhaff, nahm Stettin und Rügen. So weit, so gut, aber die lieben Verwandten hatten noch manch andere Karte im Ärmel. Durch den alten Verbündeten Frankreich ermutigt, fielen die Schweden in Livland ein und zwangen den Kurfürsten zu einem Winterfeldzug. Ein von Gicht und Asthma geplagter dicker Mann, von seiner Dorothea begleitet, die ihm hin und wieder Erleichterung verschafft haben mag, führte er sein Heer über das zugefrorene Kurische Haff, überschritt am 20. Januar 1679 die Weichsel und vertrieb den schwedischen General Horn aus Riga. Damit hatte der Kurfürst militärisch gesiegt, aber im Reich bereitete sich ein Stimmungsumschwung vor. Aus dem Großen Kurfürsten sollte ein zahmer Löwe werden. Im Frieden von St. Germain am 29. Juli 1679 verlor er alles, was er mühevoll mit dem Schwert errungen hatte, ein glückloser Sieger.

      Vor diesem Hintergrund mögen die Überlegungen Friedrich Wilhelms eine andere, den Wünschen seines Sohnes entgegenkommende Richtung genommen haben, da mit diesem Sprössling doch nicht viel anzufangen war. Und man bedenke: Während dieser Kriegsjahre, beschwerlicher Feldzüge für einen nicht mehr jungen und ziemlich kranken Mann, dem Taumeln an einem Abgrund, schmerzlichen menschlichen Verlusten, stand immerhin diese schreckliche Dorothea, Berliner Agrippina, an seiner Seite, gebar ein Kind nach dem anderen, sieben im Ganzen, und dieser kindische Sohn und Thronerbe beschäftigte sich mit albernen Unternehmungen. So wollte er in Paris ausspähen lassen, welche Beschaffenheit und Größe die Riesenperücke seines Taufpaten Ludwig XIV hatte. War es Überdruss, war es die Erkenntnis, dass er den Dingen keinen anderen Lauf mehr geben konnte, was den Kurfürsten zum Nachgeben brachte? Er machte sich mit dem Gedanken vertraut, diese Ehe könnte möglich sein. Die ältere Schwester Elisabeths war eine dänische Königin geworden, und übrigens mag auch gar keine günstige Partie mehr zu finden gewesen sein, nicht vorderhand jedenfalls, und da sich beide Söhne gegen die Heirat einer Ausländerin sperrten oder gesperrt hatten, hätte sich der Große Kurfürst in Deutschland umsehen müssen. Die Oranier sprachen ausschließlich Französisch, anders als an den nordischen Höfen, wo zu dieser Zeit noch die Hofsprache Deutsch gewesen ist - dieses mit Fremd- und Lehnworten und in einer fürchterlichen Orthographie geschriebene Deutsch, das man sich besser vorliest, wenn man ungefähr begreifen will, was jeweils gemeint ist. Auch in Hannover grassierte diese anhimmelnde Französelei. Gleichviel, am 23. August 1679 - der Krieg war im Vormonat im Vertrag von Nymwegen zu Ende gegangen - gaben sich die jungen Leute in einem Zimmer des Schlosses zu Potsdam das Eheversprechen. Dass die Hochzeit ohne Pomp gefeiert wurde, entsprach eigentlich nicht den Gepflogenheiten des Bräutigamvaters; aber erstens waren die ungeheuren Kosten des Krieges noch unbezahlt, und eine kleine Rache für den Ungehorsam des Sohnes wollte der Kurfürst sicherlich auch nehmen.

      Elisabeth, so schreiben Leute, die dabei gewesen sind, anders als wir, soll eine schlanke, zarte Erscheinung mit schönem schwarzen Haar und einem freundlichen, lebendigen Gesicht gewesen sein. Schön im herkömmlichen Sinne war sie wohl nicht. Jedenfalls fühlte sich die Verwandtschaft zu einigen höhnischen Bemerkungen veranlasst.

      SOPHIE CHARLOTTE

      Wer Langeweile hat, und wer hat sie nicht, der begibt sich an einem Wochenende oder im Urlaub auf einen Ausflug, der ihn gelegentlich auch nach Köpenick führen mag. Ausflüge macht man im Auto. Einst wurde viel über die Quälerei des Reisens mit Kutsche und Diligence gestöhnt; diese Plagen sind nichts gegen das Gefühl, in einem Stau ausharren zu dürfen, eventuell bei tropischen Innentemperaturen. Man sitzt und raucht, oder man lässt es, weil das Fenster heruntergelassen bleibt, um die Abgase anderer Autos abzuhalten, fährt ein paar Schritte, ruft die Gören auf den Hintersitzen ärgerlich zur Ordnung, was eine Auseinandersetzung; mit der Gemahlin auf dem Vordersitz nach sich zieht, einen Streit, den man verliert; man hält schließlich verärgert den Mund. Endlich aber sind wir doch in Köpenick angekommen und haben uns vergeblich nach einem Parkplatz umgesehen. Obschon wir wussten, dass es sich bei dem Städtchen um eine alte verwinkelte Ortschaft mit engen und schmalen Gassen handelt, waren wir von der Idee nicht abzubringen, unser Fahrzeug böte die beste Gewähr für Schnelligkeit und Bequemlichkeit. Es ist übrigens noch erstaunlicher als unsere durch keine Tatsachen zu belehrende Ignoranz, dass es sich bei dem Schlösschen auf der dem Ort vorgelagerten Flussinsel um ein Bauwerk handelt, an welchem seit den Tagen des Großen Kurfürsten ganz offenbar vergeblich gebaut, ausgebaut, umgebaut, saniert, resaniert wird. Zurzeit befindet sich ein Museum in den Schlossräumen, und es wird natürlich saniert. Es wird überhaupt immer saniert. Da das Haus möglicherweise an diesem Tage geschlossen ist, gehen wir ein Stück durch die Anlage zur Dahme und finden, dass man sich in jenen Zeiten wahrscheinlich hier ganz wohlfühlen konnte, wenn man sonst nichts zu sorgen hatte.

      Hierher zog sich das junge Paar, bei dessen Trauung wir soeben in Potsdam gegenwärtig waren, zurück, über den Zustand dieses Zuhauses bewegend Klage führend. Es war ja doch eigentlich ein schönes Fleckchen märkischer Erde bzw. Insel am Zusammenfluss von Spree und Dahme, das ihnen angewiesen worden war. Nebenbei bemerkt, wimmelt es rund um Berlin von solchen Schlössern und Schlösschen, die selten oder nie bewohnt wurden und allenfalls gelegentlich im Herbst aufgesucht wurden, wie etwa das Jagdschloss Wusterhausen, mit welchem wir uns sogleich näher befassen müssen; mit dem alten Tierparkschloss, dem Schloss Friedrichsfelde, und so weiter.

      Neben den Freuden junger Ehen, die zu genießen allerdings einige Fähigkeiten und Anstrengungen voraussetzt, wuchsen die Misshelligkeiten zwischen Stiefmutter und -sohn rascher und nahmen paranoide Formen an. Anscheinend war man sich bereits zu Kassel darüber klar geworden, dass der berlinischen Agrippina Dorothea alles, aber auch buchstäblich alles zuzutrauen war. Tante Landgräfin hatte sich ebenso offenkundig mit dem getreuen Ekkehardt Danckelmann, Berater und Fluchthelfer des Thronerben, über Gegenmaßnahmen im Falle eines täglich erwarteten Giftanschlages durch Dorothea beraten. Das Paar Landgräfin-Danckelmann muss sich wohl darin einig geworden sein, nur durch ständige und sorgfältigste Überwachung und erhöhte Aufmerksamkeit all dessen, was in Nähe des Prinzen geschah oder sich vorbereitete, einem hinterhältigen, vorsätzlichen Giftmord wirksam begegnen zu können. Für solche Sachen ist Danckelmann, wenn nicht in Übereinstimmung auf dem Niveau der Tante Landgräfin, so doch in voller Berechnung des Vorteils, der sich für ihn aus der Überwachung des Prinzen ergab, der richtige Mann gewesen.

      Kommen wir also zu den Tatsachen. Nach einem gemeinsamen Essen wurde Kaffee gereicht. Dieses angenehme Gift hatte sich seit dem Kontakt mit den Türken rasend schnell im Okzident ausgebreitet und viele Verehrer gefunden. Friedrich, unser junger Ehemann, trank also den osmanischen Kaffee und fühlte sogleich eine Übelkeit, die er fach- und sachkundig als Vergiftung erkannte. Nun hatten sie endlich ihren Giftanschlag auf den armen Prinzen Fritz. Allein, sogleich war der Danckelmann zur Stelle und verabreichte das sorglich bereitgehaltene Brechmittel, worauf sich der Prinz, mit Verlaub, auskotzte, und nach der Entleerung seines schwachen Magens fluchtartig die Residenz verließ, um sich aufs Land zurückzuziehen. In einem mit Klagen und bitteren Vorwürfen gespickten Brief bat

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