Oliver Twist. Charles Dickens

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Oliver Twist - Charles Dickens страница 19

Автор:
Серия:
Издательство:
Oliver Twist - Charles Dickens

Скачать книгу

oder eine Bitte abzuschlagen. Sie sagte daher keineswegs entschieden nein, sondern begnügte sich mit der Versicherung, daß sie sich hängen lassen wollte, wenn sie's täte.

      Der Jude wendete sich an ihre Freundin: »Liebe Nancy, was sagst du?«

      »Daß ich mich schönstens hüten werde; also gebt Euch nur weiter keine Mühe, Fagin.«

      »Wie soll ich das nehmen?« fiel Sikes grollend ein.

      »Just wie ich's gesagt habe, Bill,« entgegnete die Dame sehr ruhig.

      »Du bist aber eben die rechte Person dazu; es kennt dich hier herum niemand.«

      »Und es tut auch gar nicht not, daß mich jemand kennen lernt, was ganz gegen meinen Wunsch wäre.«

      »Sie geht, Fagin,« sagte Sikes.

      »Nein, sie läßt's wohl bleiben,« eiferte Nancy.

      »Ja, ja, sie geht doch,« wiederholte Sikes.

      Und er hatte recht. Nancy ließ sich endlich durch Geschenke, Versprechungen und Drohungen bewegen, den Auftrag zu übernehmen. Auch hatte sie in der Tat weniger als ihre Freundin zu besorgen, mit einem ihrer zahlreichen Bekannten zusammenzutreffen, da sie erst seit ganz kurzer Zeit die entlegene, sehr anständige Vorstadt Ratcliffe mit der Gegend von Fieldlane vertauscht hatte. Der Jude staffierte sie aus seinen unerschöpflichen Vorräten so aus, wie es dem Zwecke am angemessensten erschien, und gab ihr einen Korb und einen Hausschlüssel in die Hand.

      »Ach, mein Bruder! mein armer lieber kleiner Bruder,« begann Nancy mit überströmenden Tränen und händeringend zu wehklagen. »Ach, was ist aus meinem Bruder geworden – wo soll ich ihn finden? O, haben Sie Erbarmen, liebe Herren, und sagen Sie mir, was aus ihm geworden ist!«

      Ihre Zuhörer waren entzückt; sie hielt inne, blinzelte lächelnd und bedeutungsvoll und verschwand.

      »Die Nancy ist 'ne gescheite Dirne,« sagte der Jude mit feierlichem, nachdenklichem Kopfnicken zu seinen beiden jungen Freunden, als wenn er sie mahnen wollte, das eben geschaute glänzende Beispiel nachzuahmen.

      »Sie ist 'ne Zierde ihres Geschlechts,« stimmte Sikes, sein Glas füllend und nachdrücklich auf den Tisch schlagend, ein. »Sie lebe hoch, und möchten ihr alle gleich werden!«

      Die Vielgepriesene eilte unterdes nach dem Polizeiamte, wo sie bald, trotz ein wenig natürlicher Schüchternheit, allein und ohne Beschützer die Straßen zu durchwandern, glücklich und ohne Gefährde anlangte. Nach einigen mißlungenen Versuchen wendete sie sich weinend und wehklagend an den Gefängniswärter, von welchem sie in Erfahrung brachte, daß Olivers Unschuld ans Licht gekommen und daß er von dem beraubten Herrn mit fortgenommen worden sei, der in der Gegend von Pentonville wohne, wohin zu fahren er den Kutscher angewiesen habe. Mit dieser Auskunft kehrte sie zum Juden zurück.

      Sobald sie ihren Bericht erstattet hatte, rief Bill Sikes hastig seinen Hund, stülpte den Hut auf den Kopf und entfernte sich, ohne sich Zeit zu der Formalität zu nehmen, der Gesellschaft einen guten Morgen zu wünschen.

      »Wir müssen ihn ausfindig machen; wir müssen wissen, wo er steckt,« sagte der Jude in großer Aufregung. »Charley, geh' auf die Lauer, bis du etwas von ihm siehst oder hörst. Beste Nancy, ich muß ihn wieder haben – ich verlasse mich ganz auf dich und den Baldowerer. Da, da habt ihr Geld. Ich entferne mich heut Abend von hier – ihr wißt, wo ich zu finden bin. Macht, daß ihr fortkommt – ihr dürft keinen Augenblick länger hier bleiben.«

      Er stieß alle hinaus, verschloß die Tür hinter ihnen und steckte seine Kostbarkeiten zu sich. »Er hat nichts ausgeschwatzt auf der Polizei,« murmelte er: »tut er's aber gegen die Leute, bei denen er sich jetzt aufhält – wir werden ihn wieder bekommen und wollen ihm schon stopfen den Mund.«

      Kapitel 14

      In welchem Mr. Grimwig auftritt

      Oliver erholte sich bald wieder von der Ohnmacht, in die er bei dem kurzen Ausrufe Mr. Brownlows gefallen war. Der alte Herr und Frau Bedwin vermieden sorgfältig jedes Gespräch, durch das er wieder an das Bild oder seine Herkunft und Lage hätte erinnert werden können, und suchten ihn auf jede Weise angenehm zu unterhalten, ohne ihn aufzuregen. Als er jedoch am folgenden Tage wieder in das Zimmer der Haushälterin hinunterkam, hob er sogleich die Augen nach der Wand empor, in der Hoffnung, das Bild der schönen Dame zu erblicken. Er sah sich getäuscht; es war entfernt worden. Frau Bedwin hatte ihn jedoch beobachtet.

      »Ah!« sagte sie, »es ist nicht mehr da, mein Kind.«

      »Ich seh' es, Ma'am,« erwiderte Oliver seufzend. »Warum ist es denn fortgenommen worden?«

      »Weil Mr. Brownlow sagte, es schiene dich unruhig zu machen und könnte daher deiner Wiederherstellung schaden.«

      »Ach, es machte mich gar nicht unruhig, Ma'am. Ich freute mich es anzusehen und hatte es gar zu lieb gewonnen.«

      »Nun, nun, mein Kind,« sagte die gute Frau, es geht dir ja zusehends besser, und es soll schon wieder aufgehängt werden; ich verspreche es dir. Laß uns jetzt aber von andern Dingen sprechen.«

      Sie hatte ihm in seiner Krankheit so viele Liebe erwiesen, daß er sich vornahm, einstweilen nicht mehr an das Bild zu denken. Er hörte ihr daher aufmerksam zu, als sie begann, ihm von ihren wohlgeratenen Kindern und ihrem guten seligen Ehemann zu erzählen. Sodann wurde Tee getrunken, worauf sie ihn Cribbage spielen lehrte, was er schnell begriff und eifrig mit ihr spielte, bis es Zeit war, zu Bett zu gehen.

      Es folgten nun selige Tage für Oliver. Alles um ihn her war so still, sauber und ordentlich, und jedermann war so liebevoll gegen ihn, daß er fast im Himmel zu sein glaubte. Als er imstande war, sich wieder ordentlich anzukleiden, hatte Mr. Brownlow schon für einen ganz neuen Anzug gesorgt, und da ihm gesagt wurde, er könnte mit seinen alten Kleidern tun, was er wollte, so gab er sie der Magd, die sehr gefällig gegen ihn gewesen war, und sagte ihr, sie möchte sie an einen Juden verkaufen und das Geld behalten. Die Magd machte sogleich Gebrauch von der erhaltenen Erlaubnis, Oliver sah durch das Fenster, wie der Jude seine ganze alte Garderobe zusammenwickelte, einsackte und fortging; und er freute sich nicht wenig darüber, da er nun nicht mehr zu fürchten brauchte, die traurigen Lumpen je wieder anlegen zu müssen.

      Es mochte etwa eine Woche vergangen sein, als eines Nachmittags Mr. Brownlow hinunterschickte und Oliver zu sich rufen ließ. Frau Bedwin ordnete eiligst den Anzug und das Haar ihres kleinen Pfleglings und begleitete ihn selbst bis an Mr. Brownlows Tür. Das Zimmer war mit Büchern angefüllt, und das einzige Fenster wies in einen kleinen Blumengarten. Mr. Brownlow legte ein Buch aus der Hand und sagte Oliver, er möchte näher kommen und sich setzen. Oliver tat, wie ihm geheißen war, und dachte, wo die Leute wohl gefunden werden könnten, eine solche Menge von Büchern zu lesen, die geschrieben zu sein schienen, um die Welt klüger zu machen – eine Sache, welche fortwährend erfahreneren Leuten zu schaffen macht, als Oliver Twist es war.

      »Du siehst hier sehr viel Bücher, nicht wahr, mein Kind?« fragte Mr. Brownlow.

      »Ja, sehr viele,« erwiderte Oliver; »ich habe noch nie eine solche Menge von Büchern gesehen.«

      »Du sollst sie, wenn du dich gut beträgst, auch lesen, was dir noch besser gefallen wird, als das bloße Beschauen der Bände – wenn auch nicht immer; denn es gibt allerdings Bücher, an welchen die Einbände bisweilen das Beste sind. Möchtest du wohl ein recht gescheiter Mann werden und selbst Bücher schreiben?«

Скачать книгу