Die Sprache des Traumes – Eine Darstellung der Symbolik und Deutung des Traumes – Teil 3 – bei Jürgen Ruszkowski. Wilhelm Stekel

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Die Sprache des Traumes – Eine Darstellung der Symbolik und Deutung des Traumes – Teil 3 – bei Jürgen Ruszkowski - Wilhelm  Stekel gelbe Buchreihe bei Jürgen Ruszkowski

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in der Psychoanalyse brennt sie wieder. Bezeichnenderweise brennt der Schrank, der zu einem Sarg aus Glas über die Assoziation „Schneewittchen mit der bösen Stiefmutter“ führte. Auch beschäftigte sie das Thema der Leichenverbrennung.

      In diesem Traume sieht sie den Vater wieder sterben. Sie sieht seine Fehler. „Sein Gesicht war auf der einen Seite rot“... d. h. er war immer ein starker Trinker gewesen, der einen Teil ihres Vermögens vertrunken hatte. „Die Nase war weiß gepudert“, auch diese Schilderung hat einen tiefen Sinn. Auffallend weiß gepudert ist der „Hanswurst“ im Bajazzo. Auch die Dirnen pudern sich stark. Schließlich kennt sie den vulgären Ausdruck „pudern“ für beischlafen. Die Schmähungen auf den Vater werden durchsichtig. Er hat sich durch sein leichtsinniges Leben umgebracht. Er hatte neben der Frau noch andere Frauenzimmer, leichtsinnige Dirnen. Wie konnte sie einen solchen Menschen so treu lieben und seinetwegen erkranken? (Vgl. „Warum sie den eigenen Namen hassen.“ Zentralblatt für Psychotherapie 1910, Nr. III.)

      Sie will mit der alten Liebe brechen. (Brechen der Augen.) Sie bricht jeden Morgen. (Ekel und symbolische Befreiung von den Traumgewalten, ein Brechen im doppelten Sinne.)

      Sie fühlt sich nun frei. Der Vater ist erst jetzt für sie gestorben. Sie kann erst jetzt seine Imperative durchbrechen. Dies der tiefste Sinn dieses Traumbildes.

      Anders äußert sich aber die Reaktion auf diese Befreiungsversuche. Dann werden die Toten wieder lebendig. „Wenn wir Toten erwachen“...

      Dieselbe Träumerin, Fräulein Omega, soll uns wieder einen Traum liefern, den sie in der nächsten Nacht nach dem Befreiungstraume träumte und der das Problem von der Gegenseite beleuchtet:

      (464) „Wir standen vor dem Dorfe an der großen Wiese, wo die Schwarzen waren. Da fuhr man plötzlich einen Toten auf dem Wagen heraus. Den wollten sie ins Wasser versenken. Da belebte er sich wieder. Mehr weiß ich nicht.“

      Es handelt sich um die Somalineger, die sie dieser Tage im Prater gesehen hat. Herren in Schwarz gefallen ihr sehr gut. Der Tote, der auf dem Wagen herausfährt, ist der nicht erigierte Penis. Das Versenken ins Wasser (Feuer!) symbolisiert den Kongressus. Die Wiederbelebung ist die Erektion.

      Der „Schwarze“ ist aber ein schwarzer Herr, der ihr in der Pension den Hof macht aber sehr zurückhaltend und korrekt ist. Wie sie sich diese Szene denkt und wünscht, das verrät der Traum.

      Nachträglich fällt ihr ein:

      „Der Tote lag mit dem Gesichte nach abwärts. Wie man ihn in den Fluss versenken wollte, wurde er lebendig und stand auf. Er war schwarz, hatte aber einen schönen, krausen, blonden Bart. Am Körper trug er ein schwarzes Trikot.“

      Der Nachtrag enthält gewöhnlich das Wichtigste. So auch in diesem Falle. „Der Tote lag auf dem Bauche“ war ihre erste Assoziation. Ferner erinnerte sie sich an eine Untersuchung eines Gynäkologen, der wegen eines „Flusses“ konsultiert wurde. „Die umgekehrte Lage des Toten“ (Der Gynäkologe konstatierte eine umgekehrte Lage der Gebärmutter.) stellt also die richtige Lage bei einem Kongressus dar. Überdies liegt das Membrum auf dem Bauch, ehe es lebendig wird und aufsteht. Der schöne krause blonde Bart sind die Crines pubis (Schambeinbehaarung).

      Doch woher kommen ihr diese Kenntnisse? Was bedeutet das schwarze Trikot? Jetzt steigt ihr auch die betreffende Erinnerung auf. Es war in einem Seebade. Die benachbarte Kabine hatte ein schlank gewachsener, von der Sonne sehr gebräunter, schöner Mann. Sie konnte sich es nicht versagen, durch ein Astloch hindurchzusehen. Der Mann hatte ein schwarzes Trikot an. Als er dasselbe ablegte, sah sie die blonden Crines pubis, was sie sehr erregte und ihre Phantasie noch lange beschäftigte. Eine weiter zurückliegende infantile Erinnerung geht auf den Bruder, an dessen Bett sie sich öfters setzte. Sie konnte die mädchenhafte Neugierde nicht unterdrücken, deckte ihn auf und berührte das Membrum ganz leise. Da konnte sie das Phänomen beobachten, wie der Tote lebendig wurde.

      Endlich verdichtet sich der Traum durch eine dritte Szene, in der sie dies Phänomen beobachten konnte. Doch die wichtigste Bedeutung ist: Der Vater ist noch nicht gestorben! Er ist für sie auferstanden und lebt noch. Er ist von den Toten (Schwarzen) zurückgekommen und gehört wieder seinem Kinde.

      Diese Träume sind deshalb so interessant, weil sie uns einen Schlüssel zum Verständnis der verschiedenen „Belebungsszenen“ in den Träumen und in den Phantasien der Neurotischen liefern. Wie häufig treffen wir die Angst, die toten Gegenstände, Sessel, Tisch, Federn, Bleistift usw. seien nicht tot, sondern könnten plötzlich lebendig werden! (Der Neurotiker kennt keine toten Dinge. „Alle Dinge können sehen. Sag‘ nicht, dass sie blind dastehen. Sag‘ nicht, dass sie dunkel gehen. Häuser, Bäume, Wege, Wind, Stühle, Tische, Bett und Spind, alle Dinge säend sind“ (Max Dauthendey). — Alle toten Dinge sind eben Symbole des Lebenden.) Hinter dieser Angst verbirgt sich häutig die Angst vor der Erektion und den Folgen eines verbotenen Kongressus. Denn verheiratete Frauen zeigen diese Angst — wenigstens in Bezug auf ihren Mann — in den seltensten Fällen.

      Ich erinnere mich nur an eine Dame, die ihren Mann verabscheute, jedem ehelichen Verkehr aus dem Wege ging, und die öfters derartige Träume wie die folgenden hatte:

      (465) „Ein Schirm wurde lebendig, machte sich auf und kam ihr näher.“

      Oder:

      (466) „Eine große Tonfigur, ein schwarzer Neger, wurde plötzlich lebendig und wollte sich auf mich stürzen.“

      Solche Träume sind nicht allzu selten und gestatten eine glatte (einseitige) Deutung. Natürlich sind zahlreiche Überdeterminationen da. Ich muss es immer wieder betonen: Es gibt in der Traumdeutung keine absolut gültigen Übersetzungen und Deutungen. Die individualistische Färbung des Traumes lässt zahllosen Variationen Tür und Tor offen.

      So ist es auch im Traum Nr. 464 vom Toten, der sich wieder belebt. Sie ist im Begriffe ihren Vater zu vergessen. Sie will ihn in den großen Fluss versenken, wo die Toten ruhen. Allein er lässt sich nicht so leicht abtun. Er belebt sich wieder. Er richtet sein altes Imperium wieder auf.

      Der alte Vater ist wieder lebendig. In ihr taucht die tiefste Schicht der Traumgedanken auf. Wie sie den schönen Vater als kleines Kind gesehen hatte... Hinter dem Herrn mit dem schwarzen Trikot steckt wieder der Vater. „Der Tote lag mit dem Gesichte nach abwärts.“ War der Versuch der Befreiung nicht eine Blasphemie gegen den Toten? Er hatte sich ja im Grabe umgedreht. Nein! Niemals könnte der Vater für sie sterben — sagte dieser Traum. Verdankte sie ihm doch die ersten gewaltigen, infantilen Eindrücke...

      Der Traum war dazu bestimmt, gerade diese Erinnerungen anzuführen und durch deren Hebung die Befreiung durchzuführen. Der Tote ist lebendig geworden, um endgültig zu sterben...

      Von diesen Träumen fällt ein Licht auf die verschiedenen Mythen von Kaisern, die nur schlafen und nicht gestorben sind (Kyffhäusersage — die beiden Grenadiere von Heine, der Messiasglaube usw.).

      Sehr durchsichtig träumt der Zwangsneurotiker Herr J. V.:

      (467) „Meine Mutter lag schlafend, wie tot, im Zimmer. Plötzlich wurde sie lebendig und hob ihren Finger, als wollte sie mich warnen. „Nimm dich vor der Rosa in acht“, sprach sie langsam. Dann schrumpfte sie zusammen, und an ihrer Stelle lag ein großes, schwarzes Buch.“

      In nachträglicher Treue zur Mutter, die ihm auf dem Totenbette den lapidaren Imperativ gab: „Hüte dich vor den Frauen!“ und dann verschied, kann er bei keiner Frau in ein dauerndes Verhältnis kommen. Rosa ist seine jüngste Liebe. Er möchte sie heiraten, fürchtet aber, nichts „zusammenzubringen“. Er ist meistens nur bei Dirnen potent. Gestern wollte er sich doch entschließen, um Rosa zu freien.

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