Die kuriosen Abenteuer der J.J. Smith 02: Die schwarze Prinzessin. M.E. Lee Jonas
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Oma Vettel dagegen beobachtet ihre Enkelin mit zusammengekniffenen Augen und lädt sich hastig die vierte Portion Steak mit Bohnen auf ihren Teller, was den einen oder anderen Anwesenden heimlich schmunzeln lässt. Jeden Bissen krönt die alte Dame mit einem ausgedehnten »Hmmm!«
J.J. zieht die Augenbrauen nach oben und räuspert sich.
»Und Großmutter, wie hat es denn so mit der Ernährungsumstellung geklappt?«, fragt sie verschmitzt. Denn als Neurosaryerin sollte Oma Vettel eigentlich streng vegetarisch leben. Die alte Dame starrt ihre Enkelin biestig an und beißt sich verlegen auf die Lippen. Verstohlen sieht sie an der Tafel entlang und beginnt ganz leise zu erzählen:
»Das könnt ihr euch nicht vorstellen! Ich war stark. Sehr stark!
Ich habe mich an alles gehalten, was sie von mir verlangten. Ich verzichtete auf Fleisch und Fisch, aß nur noch Obst und Gemüse. Nach drei Wochen begann mein Körper jedoch ganz merkwürdig zu reagieren. Tagsüber hatte ich Schüttelfrost und in der Nacht Hitzewallungen, von denen ich angsteinflößende Träume bekam!
Eines Nachts, ich wähnte mich auf einem unserer großartigen Picknicks, wälzte ich mich keuchend im Bett umher, sodass Konrad mich ganz besorgt aufweckte. Ich war schweißgebadet und sah mich mit großen Augen um. Als ich begriff, dass ich wieder im Vegetarierparadies bin, war ich etwas beleidigt, da ich mir im Traum gerade ein saftiges Steak zum Munde führte.
Ich sagte: »Konrad! Entweder bekomme ich bald ein richtiges Steak oder ich werde zur Werwölfin!«
Aber er lachte nur und beichtete, dass es ihm ähnlich erginge. Schließlich hat Konrad viele Jahre in Neuseeland gelebt und ist ebenfalls ein großer Freund von BBQs. Trotzdem versuchte ich durchzuhalten. Ich hoffte, dass mein Körper sich irgendwann an dieses Blattzeugs gewöhnt. Aber ich sollte mich gewaltig irren. Es wurde immer schlimmer!
Eines Morgens, der Tau lag noch frisch über dem weisen Phad, haben sie mich im großen Gemüsefeld von Hexe Jelula aufgegriffen. Denn als Konrad in jener Nacht bemerkte, dass ich nicht mehr in meinem Bett lag, hat sich ein Suchtrupp auf den Weg gemacht, der mich schließlich, lediglich mit meinem Nachtgewand gekleidet, im Dickicht der großen Kürbisse fand. Ein Lasso in der einen und eine Bratpfanne in der anderen Hand.
Ich kann mir bis heute nicht erklären, wie ich und dieses Lasso dorthin gekommen sind. Als sie mich aufweckten, war ich selbst sehr erschrocken!
Daraufhin habe ich meine zweite Verwarnung von Marla bekommen, weil sie mir nicht glaubte, dass ich geschlafwandelt bin. Sie ist wirklich sehr, sehr streng mit mir. Ich finde sie schon etwas zu kleinkariert. Na ja, was soll’s? Seit diesem Vorfall verschließt Konrad eben jeden Abend die Haustür!«
Ein großer Seufzer entfährt der alten Dame, bevor sie sich das nächste große Stück Steak in den Mund schiebt.
J.J. lacht laut los.
»Aber hier darfst du zugreifen?«, fragt sie völlig perplex.
Oma Vettel schluckt hastig den Happen hinunter und nickt.
»Die Regeln gelten nur für Rosaryon! Soweit ich weiß. Na ja, ich denke, dieses kleine Steak hier geht schon in Ordnung. Aber wie ich gehört habe, lasst ihr es euch ohne mich nicht mehr so gut gehen. Ich finde, ihr solltet die gemeinsamen Essen und ein paar gelegentliche Feste ruhig wieder einführen. Es wird euch sicherlich sehr guttun!«
Die Bewohner nicken verhalten und prusten zeitgleich los. Sie wollten höflich sein und Oma Vettel nicht beschämen. Aber die Geschichte über ihre Albträume wegen der erzwungenen Ernährungsumstellung ist einfach zu lustig. In bunten Farben malen sie sich nun aus, wie die alte Dame in dieses Feld geschlichen ist und sich mit einem Lasso auf die Lauer gelegt hat. Oma Vettel ist darüber nicht verärgert, sondern amüsiert sich ebenfalls köstlich. Selbst Broaf lässt sich zu dem einen oder anderen Lacher hinreißen.
Nachdem der Nachtisch verputzt ist, räumen alle gemeinsam den Tisch ab. Dann gehen die Bewohner hinauf in ihre Zimmer. Oma Vettel, Broaf und J.J. setzen sich in die Küche.
»Ich finde es gut, dass hier mal etwas Moderneres steht. Das Rot der Schränke finde ich zwar etwas zu dunkel, aber sonst gefällt mir die Küche sehr gut!«, schwärmt Oma Vettel und zwinkert dem Diener zu, der daraufhin heimlich die Augen verdreht.
Sie setzt sich zu J.J. auf die Eckbank und nimmt deren Hand.
»Wir müssen eine Entscheidung treffen, Liebes! Ich sagte dir ja am Tag meiner Amtsniederlegung, dass du dich auch aus dem Register des dunklen Phads löschen lassen solltest. Ich habe nicht im Traum daran gedacht, dass sie dich in solch eine heimtückische Falle locken würden.«
Die alte Dame beißt sich auf die Lippen und nickt.
»Ja! Ich bin davon überzeugt, dass dies eine Falle des Hexenrats war! Darania wusste, dass eine von uns beiden diesen Vergessenszauber aussprechen würde, um Linus zu retten. Als ich dem Hexenrat anordnete, mich aus dem Hexenregister zu löschen, hatten sie die Gewissheit, dass du es tun wirst, da Rosinante ja nun zu dir gehört. Jezabel, ich weiß, dass du noch haderst, weil du von ganzem Herzen hoffst, einen Gegenzauber zu finden. Vielleicht findest du ihn sogar, das weiß ich nicht. Es war pures Glück, als wir damals herausfanden, dass die Lythargien den Bann wieder aufheben können. Aber soweit ich weiß, hat Linus keinen Gedankenstein.
Deshalb möchte ich, dass du die Zeit, die dir das Leben schenkt, weise nutzt. Wenn dein Herz dir also sagt, dass du in der realen Welt leben möchtest, dann musst du dich umgehend aus dem Register des dunklen Phads löschen lassen!
Ich bin ehrlich. Ich habe keine Ahnung, ob das jetzt noch möglich ist. Auch wenn es dir gegen den Strich geht, du bleibst die schwarze Prinzessin. Diese Sache ist noch lange nicht ausgestanden. Deshalb sollten wir dringend handeln! Wenn der Hexenrat sich querstellt, müssen wir uns etwas anderes überlegen.
Es tut mir leid, aber du kannst dich nicht ewig hier verstecken! Wie du siehst, ist deine Bestimmung stärker. Du hast jetzt schwarzes Blut. Würdest du auf diesem Anwesen bleiben, wären somit auch die anderen Bewohner, einschließlich Broaf, in ständiger Gefahr!
Glaube mir, die reale Welt ist kein Ort für eine dunkle Junghexe, die verzweifelt ist«, spricht Oma Vettel weise.
J.J. presst die Lippen zusammen und senkt den Kopf.
»Das sind keine neuen Informationen. Wo bleiben die Lösungen?«, denkt sie genervt.
Plötzlich muss sie wieder an den Traum mit Linus denken, in dem der Junge ihr gesagt hat, dass sie nach Xestha zurückkehren müsse.
»Wenn ich mich für den dunklen Phad entscheide, kann ich dann jederzeit hierher zurückkommen? Kann ich dann auch hier leben, so wie du?«, fragt sie leise.
Oma Vettel sieht betrübt zu Broaf und drückt die Hand ihrer Enkelin ganz fest.
»Nein. Ich habe dir doch erzählt, dass ich nur hier leben durfte, weil ich als Spionin für den Hexenrat agierte. Du kennst meine Geschichte.
Du müsstest in Xestha leben, so wie alle anderen dunklen Hexen auch. Nur besondere Funktionäre leben in der realen Welt. Das ist auch gut so. Es würde in einer Katastrophe enden, wenn diese dunklen Seelen sich in der realen Welt austoben würden. Sicherlich kannst du Broaf besuchen. Es wird jedoch nicht mehr so sein wie bisher. Du bist die schwarze Prinzessin!«
J.J. seufzt und vergräbt ihr Gesicht in den Händen.