Die kuriosen Abenteuer der J.J. Smith 02: Die schwarze Prinzessin. M.E. Lee Jonas
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Die alte Dame steht auf und sieht Broaf eindringlich in die Augen. Der Diener eilt zu J.J. und nimmt sie an der Hand.
»Wir gehen alle gemeinsam!«, sagt er entschlossen und öffnet Oma Vettel die Tür.
Als das Mädchen im Keller vor den großen Spiegel tritt, wird ihr ganz mulmig zumute. Verunsichert dreht sie sich zu ihrer Großmutter.
»Du musst zuerst die Kerzen anzünden. Im Uhrzeigersinn. Das ist sehr wichtig! Beginne mit der Kerze, die auf zwölf Uhr steht«, weiht ihre Großmutter sie ein.
J.J. nimmt ein langes Zündholz und geht zu der großen Kerze, die hinter dem Spiegel der Tore steht. Mit zittrigen Händen hält sie die kleine Flamme gegen den großen Docht, der daraufhin in einer blauen Stichflamme auflodert. Erst als sich diese wieder zurückzieht und gelblich vor ihrem hastigen Atem herumtänzelt, geht sie langsam weiter. Als die letzte Kerze brennt, stellt sie sich nervös vor den großen Spiegel und wartet.
Oma Vettel und Broaf verstecken sich und nicken ihr aufmunternd zu.
Als die Fratzen in dem breiten, goldenen Rahmen sich mit schmerzverzerrter Miene zu drehen beginnen, holt das Mädchen tief Luft. Dieses gruselige Spektakel hat sie erst ein Mal gesehen. Damals, als sie mit ihrem Gedankenstein gereist ist und erfahren hat, dass sie die schwarze Prinzessin ist. Nun, wo sie direkt davorsteht, ist sie von dieser machtvollen Erscheinung geschockt. Die Gesichter und Körper dieser Gestalten sind miteinander verschmolzen und winden sich, mit offenen Mündern, in dem goldenen Rahmen, der sich dabei zu verflüssigen scheint.
J.J. beginnt bei diesem Anblick zu zittern. Das Glas des zwei Meter hohen Spiegels verändert sich. Die Dunkelheit verschwindet und verwandelt sich in dichten grauen Nebel. Nun bläht sich das Glas bedrohlich nach außen. J.J. tritt erschrocken einen Schritt zurück und sieht verängstigt zu ihrer Großmutter, die ihr aufmunternd zuzwinkert. Der Nebel löst sich langsam auf und gibt zarte Umrisse frei. Es dauert nur wenige Sekunden, bis sie in das glasklare Gesicht von Hexe Cybill starrt.
Die Kammerwächterin steht mit verschränkten Armen auf der anderen Seite des Spiegels und starrt sie provozierend an. Dabei schüttelt sie verächtlich den Kopf und beginnt höhnisch zu lachen.
Das beunruhigt J.J. im ersten Moment. Sie schielt zu ihrer Großmutter, die genervt die Augen verdreht. Broaf hat große Mühe, die alte Dame zurückzuhalten.
»Jezabel! Welche Überraschung! Ist es eigentlich unser Karma, das du jedes Mal zuerst auf mich triffst? Na ja, ich halte ja nicht viel von diesen Dingen. Trotzdem bin ich gespannt, was du uns dieses Mal zu sagen hast!«
Die dunkle Hexe starrt das Mädchen mit einem kühlen Lächeln an.
J.J. ist plötzlich wie versteinert und schluckt. Die makellose Erscheinung dieser Hexe verunsichert sie noch mehr.
Erst als Oma Vettel sich deutlich räuspert, beginnt das Mädchen zu sprechen.
»Ich wollte eigentlich mit Darania sprechen. Ich habe ihr etwas Wichtiges mitzuteilen. Wann kann ich mit ihr rechnen?«, fragt sie mit fester Stimme, während sie die Kammerwächterin provozierend ansieht, ohne eine Miene zu verziehen.
Hexe Cybill schüttelt verächtlich den Kopf und kommt ganz nah an den Spiegel heran.
»Soweit ich weiß, solltest du dich bereits vor einem Monat bei ihr melden. Aber du hast es ja wieder einmal nicht für nötig gehalten, dich an unsere Gesetze zu halten. Du hast dich wieder versteckt. Und jetzt sollen alle springen, wenn du pfeifst?
Was willst du eigentlich damit erreichen? Ist das so ein Familiending der Winterhardts? Die Parallelen zum Leben deiner Großmutter sind äußerst erschreckend. Mit dem Unterschied, dass es dieses Mal keinen Gedankenstein gibt, den ihr Linus bringen könnt, nicht wahr? Wie fühlt es sich an, ein Wesen unwiderruflich verflucht zu haben?«, fragt Cybill mit zorniger Stimme.
J.J. ist geschockt. Sicher, diese Hexen nehmen sie nicht ernst. Aber was war das denn? Ist Cybill etwa auch so eine frustrierte Hexe, die den Jungen heimlich angehimmelt hat?
Erzürnt rennt das Mädchen zum Spiegel.
»Hör mir gut zu, Cybill. Ich bin die schwarze Prinzessin! Ich weiß, was ihr getan habt, und ich weiß auch, was ihr vorhabt. Aber dieses Mal werdet ihr nicht gewinnen! Ich habe vielleicht denselben Fehler gemacht wie meine Großmutter, weil ich auch jemanden schützen musste, den ihr für eure Belange missbraucht habt. Im Gegensatz zu ihr werde ich mich von euch aber nicht schikanieren lassen! Sag Darania, dass ich sie in einer Stunde am Spiegel erwarte!«, blafft sie die überraschte Kammerwächterin an, die sie nun mit offenem Mund anstarrt und nach Worten ringt.
»Sie ist nicht hier! Darania befindet sich auf einem wichtigen Termin und kommt erst morgen früh ins Zentrum zurück. Ich sage ihr, dass sie sich gegen neun Uhr eurer neuseeländischen Zeit am Spiegel der Tore einfinden soll! Und übrigens:
Du weißt gar nichts! Niemand hat irgendjemanden manipuliert. Auf jeden Fall nicht Linus!«, zischt sie das Mädchen böse an.
Der Spiegel verdunkelt sich augenblicklich, sodass J.J. keine Chance hat, darauf zu reagieren. Das Glas zieht sich zurück und die Fratzen erstarren.
Das Mädchen sieht verwirrt zu ihrer Großmutter, die aus ihrem Versteck hervorkommt und dabei kichert, was das Zeug hält. Broaf hält sie dabei unbewusst immer noch am Arm fest. Dem Mädchen entgeht nicht der verlegene Gesichtsausdruck ihrer Großmutter, als sie ihn sacht aus seiner Hand zieht.
»Es fasziniert mich immer wieder, wie ähnlich du mir doch bist! Der hast du es ja ordentlich gezeigt! Nun gut, wir müssen also erst mal abwarten! Ich denke, dass sie jetzt eines ihrer geheimen Treffen abhalten werden. Das mit Darania ist garantiert nur eine Ausrede. Cybill wollte nur Zeit schinden!
Wir sollten hinaufgehen und uns ein paar passende Worte für Darania überlegen«, sagt Oma Vettel dennoch zufrieden.
J.J., die immer noch auf den Spiegel starrt, dreht sich lächelnd zu ihr.
»Das hat Spaß gemacht. Nein, nicht Spaß. Es hat sich gut angefühlt. Die Worte »Ich bin die schwarze Prinzessin« haben anscheinend große Macht«, denkt J.J. im Geheimen.
Sie nimmt ihre Großmutter an die Hand und geht mit ihr hinauf in die Küche. Dort beginnt Oma Vettel immer wieder zu kichern, was J.J. langsam sehr unangenehm ist.
»Großmutter, jetzt beruhige dich doch endlich! Ich war sauer, deshalb habe ich so schroff mit ihr geredet. Eigentlich habe ich am ganzen Körper gezittert«, sagt das Mädchen genervt, während sie sich einen Schokoladenkeks in den Mund schiebt.
Oma Vettel lässt sich davon allerdings überhaupt nicht beirren. Sie stellt sich mitten in die Küche und öffnet theatralisch die Arme.
»Ich bin die schwarze Prinzessin! Also habt gefälligst alle Angst vor mir«, singt sie mit geschwollener Stimme. Dabei formt sie ihren Mund wie ein Fisch, reißt die Augen ganz weit auf und schreitet wie ein Storch durch den Salat. Ihre Mimik ist so ausdrucksstark, dass selbst Broaf nicht an sich halten kann und lauthals loslacht.
J.J. schlägt die Hände über dem Kopf zusammen und stöhnt.
»Das