Götzendämmerung I. Jörg Werner

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Götzendämmerung I - Jörg Werner страница 3

Götzendämmerung I - Jörg Werner Götzendämmerung I

Скачать книгу

noch lange nicht alle Katholiken, von den anderen mal ganz abgesehen.“

      „Welche anderen?“ Der Majorin schwirrte der Kopf.

      „Protestanten, Juden, Moslems, Zeugen Jehovas, Adventisten, Mormonen, Buddhisten, Hindus. Die Erde ist eine verdammte Brutstätte für religiöse Erlösungssysteme und unsere Engel haben sich den Arsch aufgerissen, um dem Treiben einigermaßen Einhalt zu gebieten, dabei sind viele gefallen.“

      „Die sprichwörtlich gefallenen Engel, meinen Sie die? Ich dachte immer, das wären nur wenige.“

      Der Erzengel winkte müde ab. „Viele sind gefallen, die besten zuerst.“

      „Luzifer?“, warf die Majorin ein.

      Schlagartig verdüsterte sich Michaels Miene. Der Cyborg riss ein Ventil des Espressoautomaten ab. Ein hohes Pfeifen setzte ein. Nebenan hatte ein Wanderprediger im Sakralhemd einen umgestürzten Getränkeautomaten erklommen und tanzte unter wilden Ho-He-Ho-Rufen auf der Stelle, dabei wurde er von einem Haufen Pilger, die ihn mit Rasseln, Schellen, Zimbeln und Handtrommeln anfeuerten, getrieben. Der Erzengel wandte sich angewidert ab.

      „Reden wir von etwas anderem.“

      „Der Erde.“

      „Richtig. Jedenfalls habe ich, als für die Erde zuständiger, verantwortlicher Erzengel, alle niederen Engel von der Erde abgezogen, das Sonnensystem weiträumig zur Sperrzone erklärt und jeden Raumverkehr in dem Sektor ihrer Sonne unterbunden. Zur notwendigen Beobachtung der Entwicklung auf der Erde haben wir“, hier zögerte Michael, als suche er nach den passenden Worten, „hat das Ministerium“, wieder folgte eine Pause, in der Michael tief Luft einsog, „die Kaste der am wenigsten politisch ambitionierten Engel abgestellt.“

      „Die am wenigsten politisch ambitionierten Engel? Welche Kollegen meinen Sie damit?“

      „Engel eben, die kleinen Engel. Sie wissen schon.“ Dabei streckte der Erzengel seinen rechten Arm nach unten und klappte die Hand nach vorn, als wolle er Zwerge streicheln.

      „Bedaure, Exzellenz, ich stehe etwas auf dem Schlauch.“

      „Putten“, platzte es aus Erzengel Michael heraus, „wir haben die Erde vorübergehend den Putten anvertraut.“

      An dieser Stelle orderte der Herr über den rechten Glauben in der Milchstraße einen weiteren Drink. Debora Zack bemerkte ein leichtes Zittern der Hände. Angezählt, dachte die Majorin. Sie wusste, wann sie im Angesicht der Macht auf der Hut sein musste, also schwieg sie. Der Erzengel fuhr fort.

      „Diese Engel unterhalten im Auftrag meines Ministeriums auf dem Planeten einige versteckte Außenposten. Lediglich ein Frachtraumschiff der galaktischen Postunion hält den Kontakt zu ihnen und fliegt den Planeten auf seiner Route zu den äußeren Systemen ein bis zweimal pro Erdenjahr an.“

      „Und davon merken die Menschen nichts?“, fragte die Majorin.

      „Normalerweise nicht. Geheimes Postraumverfahren, die Menschheit ist technologisch noch nicht weit genug, unsere Tarnverfahren aufzudecken. Allerdings hat es in der letzten Zeit einige Zwischenfälle gegeben.“

      „Welcher Art?“

      „Einige Havaristen, Abenteurer, Piraten, Freihändler auf der Suche nach exotischen Waren und nicht zuletzt ein paar reiche Schnösel, die beweisen wollten, dass sie über dem Gesetz stehen, haben die Erde besucht, sind gesehen worden oder haben sogar den einen oder anderen Menschen entführt. Das hat für Gerüchte gesorgt. Nichts wirklich Ernstes, aber bedenklich.“

      „Warum?“

      „Die Menschen stehen vor dem Sprung ins All. Und damit wären wir bei unserem Problem.“

      Insgeheim hatte sich die Majorin schon geraume Zeit gefragt, wann sie endlich zur Sache kommen würden, schließlich traf ein Erzengel und oberster Glaubenshüter der himmlischen Verwaltung einen Offizier in geheimer Mission nicht aus Jux und Tollerei. Schon gar nicht konspirativ auf einem kosmischen Scherbenhaufen, nur um über einen kleinen blauen Planeten zu zetern, der den meisten Zivilisationen des Imperiums so egal war wie das Wetter auf Beteigeuze.

      „Sie haben einen Auftrag für mich?“

      „Ja, geheim und dringend.“

      „Worum geht es?“

      „Die Details finden sie in der Akte.“ Der Erzengel deutete auf den dünnen Umschlag.

      „Bitte geben Sie mir eine kurze Einweisung, äh, Michael.“

      „Irgendjemand hat über das Gehirn der Menschen geforscht. Wohl in der Absicht, das Mängelwesen Mensch, die ganze Spezies, zu verbessern.“

      „Nicht ungewöhnlich, so eine Primatenforschung.“

      „Grundsätzlich nicht, aber verboten, besonders im Falle der Menschen. Die Forschung hätte von meinem Ministerium genehmigt und begleitet werden müssen. Die Menschen sind äußerst gefährlich fürs Universum.“

      „Wegen ihrer Narretei?“

      „Gewissermaßen, präzise: wegen ihrer Eigenart, eine aus ihrem Glauben geborene Vision oder eigene Erleuchtung keinem Zweifel auszusetzen. Schon gar nicht dem des Wissens.“

      „Sie glauben ohne Wissen?“

      „Schlimmer, sie bestehen auf ihrer Version von Wahrheit ohne Einsicht in die Vielfalt von Wirklichkeit.“

      Die Majorin zuckte mit den Achseln und fragte: „Tun wir das nicht alle?“

      „Vielleicht, aber wir verbreiten unsere Wahrheiten nicht mit Feuer und Schwert und ohne Zweifel. Wenn sie in Menschengehirnen herumpfuschen, wissen sie nicht, welche Hirngespinste, welche Ungeheuer sie freisetzen.“

      Da krachte plötzlich der Prediger von nebenan unter Getöse durch den zerbeulten Getränkeautomaten. Kinderscharen stürzten heran und balgten sich um herauskullernde Getränkedosen. Der Trommelschlag der Gläubigen wurde schneller. Einige hochgewachsene Scharlatane mit ihren spitzen Hüten kamen in die Halle und schritten gemessen durch die Kinder Richtung Abfertigungsschalter. Zwischen sich trugen sie, an zwei langen Stangen befestigt, ein Transparent. Darauf stand ‚Vorsicht, Lesen schadet dem gesunden Verstand!

      Die Majorin fragte sich kurz, was wohl ein gesunder Verstand sei.

      „Wie also lautet mein Auftrag, Exzellenz?“

      „Mir liegen Informationen vor, nach denen drei Prototypen eines Mikrochips zur Optimierung des menschlichen Gehirns zur Erde gelangt sind. Ich befürchte, dort wurden sie Probanden eingesetzt und diese Menschen könnten sich schon bald auf dem Weg ins Zentrum des Imperiums befinden. Das Dumme ist, dass die Dinger nicht richtig funktionieren. Stöbern sie diese armen Narren auf. Neutralisieren sie die Chips und finden sie heraus, wer für diese Forschung verantwortlich zeichnet.“

      „Mit Verlaub, wie können drei Menschen gefährlich für das Imperium werden, auch wenn sie, äh, einen Chip im Hirn haben?“

      Der Erzengel drehte sich vollends zur Majorin um und nahm die Sonnenbrille ab. Seine Augen glühten wie sterbende Sterne.

      „Es gibt eine Prophezeiung neueren Datums, eine sehr ernst zu nehmende

Скачать книгу