Schiffselektriker – Werft, Schiffe, Seeleute, Funkbuden – Jahrgang 1936. Conrad H. von Sengbusch

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Schiffselektriker – Werft, Schiffe, Seeleute, Funkbuden – Jahrgang 1936 - Conrad H. von Sengbusch

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Maschinenleistung bei festgemachtem Schiff) und den GL-Abnahmen sind übrigens nur die Meister der verschiedenen Gewerke an Bord. Jeder hofft dabei, dass sein Arbeitsbereich fehlerfrei übergeben werden kann, aber sicher ist man da nie und auch sehr einsam, wenn tatsächlich Probleme auftreten. Diese müssen dann nämlich unter Zeitdruck gelöst werden, denn gleich nach der Jungfernfahrt will der Reeder mit dem Schiff Geld verdienen.

      Die wirklich letzten Restarbeiten auf der CARIBIA waren noch die Montage eines Ölvorwärmers, ein paar zusätzliche Steckdosen, Schaltkästen und ein Anschluss für das Bordtelefon in der Eignerkammer. Hier hatte ich den Verstärkerkasten für das eigentlich „stromlose Telefon“ einzubauen und damit auch einmal eine kleine Aufgabe, die ganz entfernt mit Elektronik zu tun hatte.

      Dann folgte die Betriebserprobung. Die Seeleute froren Schellfisch bei minus 40 °C ein und prüften das Kühlgut, indem sie die bretthart gefrorenen Fische einfach über der Deckskante zerschlugen. Die Fische platzten wie Glas, und die Auftraggeber waren zufrieden. Nun wurde das Schiff an die Eigner übergeben. Das geschieht in einer kleinen Zeremonie, wo es nach vielen guten Sprüchen heißt „Hol nieder Werftflagge, heiß vor Reedereiflagge“. Natürlich sind dabei nur Ehrengäste und die hochrangigen Vertreter der Werft an Bord. Das Schiff machte unter seinem norwegischen Eigner wohl nur eine Reise als Kühlfrachter. Wie der „Küstenklatsch“ zu berichten wusste, wurde es dann zur Beförderung von Stückgut umgerüstet, durch Änderungen an den Aufbauten stabilisiert und zu meiner Zeit bis Ende 1956 nicht mehr auf der Werft gesehen.

      Dafür legten interessante andere Schiffe an. Oft kam die „ELSE SIEG“, ein hölzerner, schwarzer Viermastschoner mit dem Danziger Wappen am Bug. Der Schoner war aber schon abgetakelt und fuhr nun als Motorschiff mit teilweise gekappten Masten. Oder es legte ein kleiner Binnentanker „HANSEAT“ vom Rhein an, der Wein geladen haben sollte. So etwas sprach sich im Nu herum. Blitzschnell prüften findige Werftleute, ob noch verwertbare Restbestände im Tank waren. Das Zeug war aber schon umgeschlagen und sauer, es war wohl für die örtliche Essigfabrik bestimmt gewesen.

      Zu unseren Aufgaben gehörte auch die Entmilitarisierung ehemaliger Tonnage der Kriegsmarine. Die Engländer und Amerikaner hatten nach Kriegsende große Beute gemacht und verfügten nun neben größeren Einheiten über ehemalige Flugsicherungsboote, Räumboote, KFK (Kriegsfischkutter), Vermessungsboote, Tender, Schlepper, Wachboote und mehr. Im Zuge der Minenräumaktionen wurden die Schiffseinheiten mit eingefahrenen deutschen Ex-Besatzungen wieder in Dienst gestellt.

      Da die deutschen Werften die Ersatzteile für diese Marineschiffe noch am Lager hatten, verblieben die Einheiten in Deutschland und wurden hier gewartet. Das am meisten gebaute und kleinste Marineschiff, von dem gut 600 Exemplare abgeliefert wurden, war der KFK (Kriegsfischkutter), der als „Reichsfischkutter“ schon so konzipiert war, dass er nach dem Krieg auf ein ziviles Fahrzeug umgerüstet werden konnte.

      Kriegsfischkutter Vs 132, KFK 143, 1944-1945 in Sonderburg/DK

      Einige Schiffe und darunter die meisten KFK wurden bei der Auflösung der Räumflottillen der Bundesregierung überlassen.

      Minensuchboot der Bundesmarine „SKORPION“, ex. R 120 der Kriegsmarine. Boote dieser Art wurden nach dem Krieg für zivile Zwecke umgebaut, als Wohnboote hergerichtet oder abgewrackt.

      Es bestand aber die Auflage, die Boote zu entmilitarisieren, woran mehr als 60 Werften beteiligt waren. An diesen Schiffen haben sicher einige Werften gut verdient. Ein uraltes, ungeschriebenes Gesetz sagt, dass das Material, das auf der Werft ausgebaut wird, der Werft gehört. Auf den KFK-Kuttern verblieb ein Teil der Einrichtung. Ausgeschlachtet wurden bei uns speziell Räumboote. Wenn ein Boot bis auf den Rumpf „entkernt“ wurde, dann fiel eine Menge an wieder verwertbarem Ausbaumaterial an: So bauten wir sorgfältig Schalttafeln, Schaltschränke, Schaltkästen, MES(Minen-Eigen-Schutz)-Anlagen, Echolote, Generatoren, Umformer, Anlasser, Telefone, Kommando- und Funkanlagen, Positionslampen, Schalter, Scheinwerfer, Klarsichtscheiben, Regler, Gruppenhorchgeräte (GHG) und weiteres Material aus und demontierten auch die Kabel.

      Alles Material wurde sorgfältig abgeborgen und kam dann auf unser reichlich sortiertes E-Lager, das auf dem Boden über der Maschinenbauhalle eingerichtet wurde. In flauen Zeiten wurden diese genormten Sachen aufgearbeitet und dann zu irgendeinem Zeitpunkt an unsere KFK-Fischerkundschaft als Ersatzteil verkauft.

      Aus einem ehemaligen R-Boot der Kriegsmarine entstand, entmilitarisiert, die „HANSA VI“, DDG „Hansa“, Bremen, 1950er Jahre

      Nach dem Abschluss der Minenräumaktion konnten deutsche Fischer bei den Alliierten die umgebauten KFK-Kutter chartern und sie später von der Bundesregierung kaufen. Die in Komposit-Bauweise (Stahlskelett mit Holzbeplankung) gefertigten Kutter wurden während des Krieges universell als Räum-, Vorposten-, Wachboote und U-Jäger eingesetzt und hatten sich als sehr seetüchtig erwiesen. Etwa 24 der ursprünglich gut 600 gebauten Boote sind noch bis heute (2004) in Fahrt!

      Die ausgeschlachteten Rümpfe der Flugsicherungs-, Räum- und Schnellboote fanden zahlreiche private Interessenten. Eine Partie ging als Wohnschiffe nach Duisburg, wo sie im Parallelhafen 36 festmachen sollten, andere wurden von vermögenden Bremer Kaffeeröstern zu schnittigen Motoryachten umgebaut. Die beiden 750-PS-MAYBACH-Motoren verhalfen den Schiffen zu hohen Geschwindigkeiten, und so schauten wir bei unseren sonntäglichen Spaziergängen schon ein bisschen wehmütig zu, wenn diese Lustyachten an sonnigen Pfingsttagen mit hübschen Mädchen an Bord dicht unter Land vorbeizogen. Die Eigner begleiteten mit ihren Booten die Regatta der Hochsee-Segelyachten auf deren Tour nach Helgoland. Andere betuchte Leute, auch solche aus der Showbranche, liebten es ruhiger. Die ließen sich dann ehemalige KFK-Kutter zu hochseetüchtigen Segelyachten umrüsten.

      Kriegs-U-Jäger „KUJ 12“, schon zur Nachkriegsverwendung als Fischdampfer geplant

      Bei den Demontagen passierten auch manchmal kleine Pannen. Um die Maschinen auszubauen, musste erst einmal das ‚Skylight’, die Abdeckung des Maschinenraumschachtes, abgebaut werden. Der Kranhaken mit dem Stropp war schon angeschlagen, und die meisten Bolzen der Verschraubung entfernt worden. Die Werftleute machten Feierabend. In den Abendstunden erschütterte eine lautes Poltern und Rumoren unseren Ort, so, als wären zwei Güterwaggons in voller Fahrt aufeinander gekracht. Was war geschehen? Das Skylight hing noch an zwei Bolzen. Als dann Ebbe lief, hing kurzzeitig das ganze Räumboot an unserem 27-m-Turmdrehkran. Die Bolzen scherten ab, und der nun plötzlich entlastete Kran erschütterte in seinen Fundamenten. Seine holländischen Erbauer hatten gute Arbeit geleistet, der Kran blieb intakt!

      Schon vor meiner Zeit bekamen wir einen ehemals deutschen „KUJ“ (Kriegs-U-Jäger) aus belgischer Beute. Mit ihrer modernen und soliden Konstruktion, die schon den Nachkriegseinsatz als Fischdampfer vorsah und der Eisverstärkung am Steven und am Heck, bildeten diese Schiffe eine ideale Grundsubstanz zum Umbau in ca. 550-BRT-Fischdampfer für den Grönlandeinsatz.

      „OTTO F.C. BERTRAM“

      Aus dem „KUJ 12“ entstand bei Mützelfeldt der FD „OTTO F. C. BERTRAM“. Diese fast noch komplett ausgerüsteten Einheiten waren Fundgruben für Ausrüstungen aller Art. Allein in der E-Anlage fiel eine Menge an wieder verwertbarem, neuwertigem Material, wie Generatoren, Motoren, Schalttafeln etc. an. Für mich war das Ausbaugut ein Hort ständiger Versuchung, aber ich musste hart gegen mich selbst bleiben. Der Meister

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