Die Narben aus der Vergangenheit. Sabine von der Wellen

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Narben aus der Vergangenheit - Sabine von der Wellen страница 18

Die Narben aus der Vergangenheit - Sabine von der Wellen Die Narben aus der Vergangenheit

Скачать книгу

zu bestimmen versucht, obwohl ich ihn nicht als guten Weg empfinde. Es sind zwei Schicksale daran gekoppelt, von denen einer der andere Doppelträger ist. Ich kann nicht klar erkennen, was es damit auf sich hat und verstehe nicht ganz, warum diese zwei Kinder so wichtig darin bestand haben. Ich sagte ja schon, sie sind von zwei verschiedenen Vätern und entschuldigt, dass ich das sage - das eine ist keine Konstellation, in der man Kinder zeugen sollte.“

      Ich verstehe nur noch Bahnhof. Doppelträger, vorgegebene, selbstbestimmte, gute und schlechte Wege, Kinderlosigkeit und Kinder mit mehreren Vätern, die in trauter Mehrsamkeit zusammenhausen und besser keine Kinder zeugen sollten …

      Ich versuche alles noch einmal auf einen für mich verständlichen Punkt zu bringen, aber Madame Moinette spricht weiter: „Außerdem steht etwas Dunkles dahinter, das ich als Bedrohung ausmache, aber nicht klar definieren kann. Es ist alles so verworren und als wolle ein Schleier es unsichtbar machen.“

      „Okay“, sage ich leise. „Heißt das, dass allein bei Carolin die Entscheidungskraft liegt, weil sie mein Schicksal, aber auch das von zwei anderen ist?“

      „Die wahrscheinlich beide auch Doppelträger sind. Ja. Eine unglaubliche Häufung, die mir so noch niemals untergekommen ist. Ich bin etwas verwirrt darüber, kann es aber nur so deuten“, gesteht die Frau vor uns und scheint einen Augenblick in eine andere Welt abzutauchen. Leise murmelt sie, eher an sich selbst gerichtet: „Wir wissen zu wenig über diese Doppelschicksale, ihre Ursache und ihre Entstehung.“

      Langsam geht mir diese Doppelgeschichte wirklich auf den Geist.

      „Aber ich bin definitiv eins ihrer Schicksale?“, frage ich geradeheraus.

      „Offensichtlich.“

      „Gut, wenn sie sich also für mich entscheidet, wird unser Schicksal sich erfüllen, wie es auch immer weitergeht?“

      „Genau“, sagt Madame Moinette.

      „Frau Moinette, und ich habe keine Mitbestimmungsgewalt?“, frage ich mürrisch noch einmal nach.

      Sie sieht mich seltsam an und antwortet: „Aber natürlich. Wenn du sie verprügelst und betrügst wird sie dich verlassen und sich dem anderen Schicksal zuwenden. Das ist, was du selbst bestimmen kannst und was den Weg von deiner Seite aus ändern kann. Auch wenn ihr Schicksal sagt, dass ihr zusammen alt werdet.“

      Ihre Worte sind wie ein Hieb ins Gesicht. Ich werde Carolin niemals schlagen oder betrügen. Aber sie muss einiges bei mir aushalten, dass ich nicht ändern kann und das jede andere, die wählen könnte, schon längst in die Flucht geschlagen hätte.

      Carolin flüstert neben mir „Und was können die anderen tun, damit sich das Schicksal zu ihren Gunsten wendet?“

      Madame Moinette sieht von ihr zu mir und dann wieder Carolin an. „Ich sagte schon, dass du ein Schicksal in dir trägst, das mächtig ist und nicht nur von Betroffenen herbeigesehnt wird, sondern auch von Außenstehenden, die aus der Erfüllung Kapital schlagen wollen. Dem zu widerstehen und dagegen anzukämpfen kann eure ganze Kraft fordern und die anderen letztendlich gewinnen lassen, wenn ihr nicht stark genug seid.“

      Ihre Worte winden sich wie klebriger Schleim in meinem Kopf. Carolin hatte nichts davon erwähnt, dass es da auch noch irgendwelche anderen Einflüsse gibt, die sie in das andere Schicksal drängen wollen. Von was oder wem sprechen die beiden?

      „Sie sagen, es betrifft zwei Männer. Aber es ist doch nur ein Schicksal“, sage ich und versuche das Ganze irgendwie zu verstehen.

      „Deren Leben ist unweigerlich miteinander verbunden. Die beiden Männer tragen das gleiche Schicksal, dass bei Erfüllung dann für jeden einzelnen weitergeht, ohne die Verbindung zu Carolin zu verlieren. Und es ist ihr Schicksal, mit beiden gleichzeitig verbunden zu sein“, antwortet die Frau vor uns.

      „Hä? Wie, sie ist dann mit beiden zusammen?“, frage ich aufgebracht.

      „Was ich sehen kann … sie ist mit beiden fest und ausschließlich verbunden. Das sehe ich klar … und die Kinder, die daraus entstehen werden, und die seltsam Wichtig über Allem zu thronen scheinen. Aber solange ich nicht weiß, welches Schicksal Carolin zur Erfüllung bringt, kann ich nicht sehen, wie es weitergeht.“

      Carolin sieht völlig überfordert von mir zu der Frau vor uns. Ihr Gesichtsausdruck wandelt sich von verunsichert in mürrisch und ich sehe Madame Moinettes Augen zu ihr wandern und sie mustern. Fast scheint es um uns herum zu knistern.

      „Gute Einstellung. Ich sagte dir gestern schon, das ist ein guter Weg“, raunt sie Carolin mit weicher Stimme zu, ohne dass diese auch nur ein Wort gesagt hat.

      Carolin wirkt kurz verdutzt und ich versuche zu ergründen, was hier gerade vor sich geht. Dann nickt Carolin kaum merklich und sieht mich an.

      „Und nun geht. Ich habe euch alles erklärt, was ich euch sagen konnte. Ich wünsche euch alles Gute und dass ihr stark seid“, sagt die Frau vor uns und erhebt sich.

      „Vielen Dank, Madame Moinette“, sagt Carolin viel zu schnell und steht auf.

      „Vielen Dank“, raune ich, bin aber unzufrieden. Ich habe nicht das Gefühl, genug zu wissen, um klar erkennen zu können, was ich tun soll und welche Chancen wir haben.

      Die junge Frau erscheint hinter uns und begleitet uns in den vorderen Teil des Zeltes. Ich frage sie, meine Geldtasche zückend: „Was kostet das Gespräch? Der übliche Preis?“

      Sie schüttelt den Kopf und winkt ab. „Madame Moinette möchte diesmal keine Bezahlung.“ Sie schiebt uns zum Ausgang und ich sehe sie nur fassungslos an. Dass sie kein Geld wollen, verunsichert mich, weil ich nun das Gefühl habe, es war keine Vorhersage unserer Zukunft, sondern eine Erklärung und ein Wegweiser für arme, hoffnungslose Fälle, die der Frau da drinnen nur leidtun.

      Als uns die frische Luft umfängt, atme ich gierig die sauerstoffreiche Luft ein und uns umfangen sofort der Rummel und der Lärm wieder. In dem Zelt hatte ich nichts davon mitbekommen.

      Ich greife nach Carolins kalter Hand und ziehe sie mit mir fort, dem nächsten Ausgang entgegen. Ich will nach Hause, über alles nachdenken und Carolin und mich in unserer Wohnung einsperren, bis ich weiß, was ich tun soll. Vielleicht für immer. Dann kann uns nichts angreifen, nichts uns auflauern und nichts uns zerstören.

      Wir laufen nach Hause und sprechen unterwegs kein Wort. Jeder hängt seinen Gedanken nach. Ich versuche die Worte der Hellseherin zu verstehen, zu durchleuchten und einen Weg zu finden, der mein und Carolins Schicksal zu einem Einzigen werden lässt, dass kein anderes, mächtiges, von der Welt angeblich gefordertes bedrohen kann.

      Erst als die Haustür hinter uns ins Schloss fällt und wir die Treppe zur Wohnung hochgehen, atme ich auf. Ich fühlte mich da draußen verletzlich und unsicher. Hier ist unsere Welt, in die nichts und niemand eindringen kann.

      Als ich die Wohnungstür hinter uns zuschließe, sehen wir uns unschlüssig an.

      Ich schüttele den Kopf und raune leise: „Ich habe die ganze Zeit versucht, dieses Durcheinander von Schicksalen auf die Reihe zu bekommen und ich komme gar nicht drauf klar, dass dich ein Schicksal mit gleich drei Männern verbindet.“

      Carolin sieht mir in die Augen und sagt entschieden: „Falsch! Ein Schicksal verbindet mich mit dir und das andere mit zwei anderen. Das hat Madame Moinette ganz klar so gesagt. Aber mich interessiert sowieso nur das Schicksal mit dir und ich werde

Скачать книгу