Initiation - Erwachsenwerden in einer unreifen Gesellschaft. Peter Maier

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Initiation - Erwachsenwerden in einer unreifen Gesellschaft - Peter Maier

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lernen. Mit ihm war immer etwas los, er hatte fast jedes Wochenende eine andere Freundin. In der Regel waren die Mädchen sehr hübsch. Wo kriegte der die bloß immer wieder her? Auch ich hatte einmal für kurze Zeit eine Freundin. Es war für mich eher ein Experiment. Sie war Kanadierin und hatte den Bachelor of Psychology, mittlerweile ist sie sogar Professorin. Sie war damals 26 Jahre alt und somit knapp fünf Jahre älter als ich, etwas schüchtern und pummelig, eigentlich nicht mein Typ. Aber ich wollte in Kanada auf diesem Gebiet wenigstens einmal einen Stich machen.

      Der Abschied von der Kneipe tat mir ebenfalls etwas weh. Ich hatte mich mit den circa 30 Leuten Personal aus der Kneipe und den sieben Leuten in der Küche wirklich gut angefreundet. Sie waren alle wirklich nett zu mir und diese Gemeinschaft ging mir danach schon ab.

      15.

      Was hast Du eigentlich in Kanada gesucht? Was hast Du mit Deiner Reise ursprünglich bezwecken wollen? Welche Erfahrungen hast Du im Rückblick gesehen gemacht? Haben sich Deine Wünsche erfüllt? Haben sich Deine ursprünglichen Ziele, warum Du nach Kanada aufgebrochen bist, verändert?

      Der wichtigste Grund, warum ich nach Kanada ging, war, dass ich mir selbst und vor allem meinen Eltern beweisen wollte, dass ich auch ohne sie emotional (und finanziell!) leben kann. Und dies habe ich wohl geschafft.

      Kanada war eine gute Erfahrung auf dem Weg, meine Einstellung bezüglich fremder Leute zu verändern, die von mir selbst zunächst auf einer höheren Ebene angesiedelt wurden. Dieses Thema ist auch jetzt noch nicht ganz erledigt. Darin fühle ich mich immer noch nicht zu hundert Prozent frei. Bei vielen Leuten habe ich kein Kontaktproblem, nur mit denen, die ich vorher auf eine höhere Stufe gestellt habe. Bei denen habe ich nämlich noch immer Angst, abgewiesen oder blöd angeschaut zu werden. Dies empfinde ich als eine Blockade in mir und dieses innere Muster hat mich auch in Kanada noch immer die eine oder andere Kontaktmöglichkeit gekostet. Ben war da mein großes Vorbild, denn er hatte auf dem Gebiet genau das, was ich suchte: Selbstbewusstsein und innere Freiheit.

      16.

      Deine Eltern haben Dich dann bei Deiner letzten Stelle in Kanada besucht und mit Dir zusammen eine Reise durchs Land gemacht. Wie war es, als Du Deine Eltern nach zehn Monaten wieder getroffen hast? Haben Sie Dir viel zugehört, als Du während Eurer gemeinsamen Reise über Deine Erlebnisse und Erfahrungen in Kanada berichtet hast? Wie haben sie auf all dies reagiert?

      Ich war drei Wochen mit meinen Eltern im Wohnmobil unterwegs. Wir haben viel zusammen angeschaut. So hatten wir genug Zeit, dass ich sukzessive alles Wichtige aus mir „raustropfen“ lassen konnte. Das Schlimmste nach so einer Reise wäre gewesen, wenn mich jemand gefragt hätte: „Wie war es?“ Denn da hätte ich nicht gewusst, was ich auf diese Frage antworten sollte. Ich war ja voll von vielen einzelnen Erlebnissen. Meine Eltern haben mich einfach gelassen und mich nie bedrängt, etwas zu erzählen. So habe ich ganz von selbst Lust bekommen, ihnen von mir aus von meinen reichen Erfahrungen zu berichten.

      17.

      Wie war es, als Du wieder in München angekommen bist? Wem hast Du von Deiner Reise erzählt? Wie haben Deine Cliquenmitglieder darauf reagiert? Hatte sich die Clique mittlerweile verändert? Hast Du sie noch so vorgefunden, wie Du sie verlassen hattest? Was hast Du dann in München gemacht?

      Bereits in Kanada wusste ich, was ich in Deutschland nach meiner Rückkehr studieren wollte: Feinwerk- und Mikrotechnik (Mechatronik). Darum habe ich mich ja auch schon von Kanada aus an der Fachhochschule in München angemeldet. Zur Einschreibung musste ich aber rechtzeitig persönlich erscheinen.

      Vom Flughafen in München wurde ich von einem der Cliquenmitglieder und von dessen Freundin abgeholt. Es gab danach zwei große Wiedersehensfeiern. Mein Freund Claudio hat auf dem Grundstück seiner Eltern mir zu Ehren eine „Nacht der Tracht“, sozusagen ein kleines persönliches Oktoberfest, organisiert. Dazu kamen etwa 30 äußerst chic gekleidete junge Damen und Herrn, die dazu ihre schönste bayerische Trachtenmode ausführten. Es wurde ein Superfest, das mich wieder voll und ganz in meine Clique integrierte, mir aber gleichzeitig neue Kontaktmöglichkeiten in München eröffnete. Claudio hat meine Gefühlslage wohl am besten verstanden, er war ja einige Wochen zuvor erst selbst von einem längeren Auslandstrip zurückgekehrt.

      18.

      Wenn Du jetzt, fast drei Jahre später, auf Deine Zeit in Kanada zurück blickst: Was waren Deine wichtigsten und wertvollsten Erfahrungen auf Deiner damaligen Reise? Welche Erkenntnisse hast Du daraus ziehen können? Was ist Dir über Dein Leben dort bewusst geworden? Welche Botschaft, das heißt welche Essenz, hast Du für Dich und für die Gemeinschaft aus Kanada mitgebracht?

      Ich musste mich dort mit meinen Ängsten auseinander setzten. Ich erkannte, dass meine Sozialphobie (nämlich meine Angst vor Menschen, die ich vorher auf eine höhere Stufe gestellt habe) völlig hausgemacht und unnötig war. Ich habe sie mir in Kanada zu einem gewissen Grade abtrainieren können, indem ich mich immer wieder mit diesem Gespenst konfrontiert habe. Ich traue mir seither auf diesem Gebiet mehr zu. Ich würde gerne nochmals so einen Trip machen, diesmal aber nach Südamerika.

      Meiner Meinung nach sollte jeder junge Mensch so eine Reise unternehmen, um sich selbst besser kennen zu lernen. Viele Jugendliche und junge Erwachsene machen sich ja überhaupt keine Gedanken über sich. Ich habe in Kanada jedoch viel über mich nachgedacht.

      Ich glaube, die Botschaft, die ich, im Nachhinein gesehen, von der ganzen Kanada-Reise mitgebracht habe, ist folgende: „Es gibt nichts, was man nicht im Leben erreichen kann, man muss sich nur zutrauen, es zu versuchen!“ Auch wenn man bei einer Sache beim ersten Mal scheitert, heißt das nicht, dass man die Finger davon lassen sollte. Wenn jemand behauptet, dass das Scheitern an einer Aufgabe ein schlechtes Omen bezüglich der ursprünglichen Zielsetzung sei, halte ich ihn für beschränkt in seiner Anschauung. Ich würde jedem empfehlen, so eine Reise zu machen, da man dadurch sich selbst und andere Menschen erst wirklich kennen lernen kann. Außerdem tut jedem ein „kleines“ Abenteuer gut, glaube ich.

      19.

      Was waren Deine dunkelsten Erlebnisse während Deiner Zeit in Kanada? Welche Situationen waren die schwierigsten für Dich und wie bist Du da wieder herausgekommen? Was hast Du genau dadurch für Dein Leben lernen können?

      Die schwierigste Zeit für mich war der Aufenthalt auf der Farm bei Pat. Er war für mich durch seine rauhe Art sehr anstrengend. Ich konnte dort fast immer auf die nächste Kritik von ihm an mir warten. Ich konnte auf seiner Farm einfach nicht zur Ruhe kommen. Er war ein unberechenbarer Typ, der immer wieder ganz unerwartet verbal um sich schlug. Die Weihnachtszeit war stimmungsmäßig ziemlich dunkel bei Pat. Ich habe aber andererseits auch nichts Besonderes erwartet, dies war mir vorher schon bewusst.

      Darum war ich dann so erleichtert, als ich in der Kneipe arbeiten konnte. Dort herrschte einfach ein herzliches und lockeres Klima. Die gute Laune war dort Tagesgebot. Dort gab es eben gerade nicht die sonst vielfach herrschende Ellbogenpolitik.

      20.

      Du hast im Herbst 2007 mit Deinem Fachhochschulstudium der Mechatronik begonnen. Dein Kanada-Aufenthalt hat damit eigentlich gar nichts zu tun gehabt. Welche Erfahrungen und Erkenntnisse von Deiner Reise haben Dir aber dennoch bisher bei Deinem Studium geholfen? Denn Du hast dieses ja – im Gegensatz zu Deiner Schulzeit – bisher sehr zielstrebig angepackt. Hat diese Tatsache direkt oder zumindest indirekt etwas mit Deiner Kanada-Reise zu tun?

      Durch meine Kanada-Reise habe ich mir bewiesen, dass ich im Grunde alles erreichen kann, wenn ich etwas nur will und dann mit voller Kraft anpacke. Ich glaube,

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