Delikatessen weltweit: 99 Spezialitäten, die Sie (lieber nicht) probieren sollten. Julia Schoon
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Wer sich nun fragt, warum man ausgerechnet aus Füßen Suppe kocht, dem sei gesagt: So ein Schwein besteht nicht nur aus Schnitzel und Kotelett. Früher wurde Klachelsuppe meist am Schlachttag zubereitet, wenn die Bauersfrau eben vier Haxen (oder auch mehr) zur Verfügung hatte. Heute findet man es noch bei traditionsbewussten Gaststätten und Heurigen auf der Karte.
Der Name für dieses Gericht rührt ursprünglich daher, dass es sich um eine verquirlte Cremesuppe handelt – klacheln bedeutet nämlich so viel wie scheppern, klappern und stammt aus alten Tagen, als die bäuerliche Bevölkerung die kleinen Zehenknöchelchen aus dem Schweinsfuß zur Herstellung von Babyrasseln benutzte. Mittlerweile ist aber Klachel selbst zum Synonym für Schweinshaxeln geworden. Zumindest in der Steiermark. Denn eine Studie ergab: Nicht einmal jeder Österreicher kann auf Anhieb erklären, was das Wort bedeutet, geschweige denn jemand aus Deutschland. Es gibt eben doch deutliche sprachliche Unterschiede.
21 Okra: Schleimer-Alarm - ein Gemüse macht sich unbeliebt
Name: Okra, Bamia, Quimbombó, Quiabo
Region: Naher Osten und östlicher Mittelmeerraum, Afrika, Indien, Pakistan, Südstaaten der USA, Karibik, Nordosten Brasiliens
Verzehr: Roh, gekocht, gebraten, frittiert
(c) snickclunk unter CC Lizenz
Harmlos sehen sie aus, die Okras, wenn man sie im Supermarkt sieht. Man könnte sie sogar hübsch finden. Wie grasgrüne Chilischoten, denen jemand Kanten verpasst hat. In einigen Ländern werden sie »Ladies Finger« genannt und hierzulande bekommt man sie unter dem Namen Okra meist in Asiamärkten, als kleine Portionen in Klarsichtfolie verpackt.
Aber wehe, man nimmt sie ahnungslos mit nach Hause und glaubt, man könne sie wie jedes andere Gemüse schnippeln und zubereiten. Kaum hat man das erste Mal das Messer angesetzt, sondert die Schote an der Schnittstelle durchsichtige, klebrige Tröpfchen ab. Arbeitet man einfach weiter, hat man bald ein Schneidebrettchen voller Schleim. Und es wird noch schlimmer.
Sobald die Okra mit Feuchtigkeit in Berührung kommt, zum Beispiel beim Dünsten oder wenn man sie mit anderen Zutaten zusammen gart, verwandelt sie sich in kürzester Zeit in das, was man auf dem Hoch einer Grippewelle in benutzten Taschentüchern findet. Ein paar der sensiblen Schoten reichen, um dem gesamten Essen eine gelatinöse Konsistenz zu verleihen, die nur eingefleischte Porridge-Fans nicht würgen lässt.
In einigen karibischen und afrikanischen Ländern wird diese Eigenschaft sogar geschätzt. Im Nationalgericht von Trinidad und Tobago etwa, einem deftigen Eintopf namens Callaloo, der aus Callaloo-Blättern, Zwiebeln und Frühlingszwiebeln, Paprika, Krabben- und Pökelfleisch, klarer Brühe und Kokosmilch besteht, wird sie zum Eindicken verwendet. Ähnlich steht es um die Jambo-Suppe in Curaçao oder den Quimbombó in Cuba. In Nigeria werden die äußerst beliebten Okra-Eintöpfe, für die es eine Vielzahl von Rezepten gibt, passenderweise »Draw Soup« genannt. Wenn man sie nämlich auf die traditionelle Weise isst, indem man die Hand mit einem Happen Yamsbrei eintaucht, um eine Portion aufzunehmen, lässt sich die Suppe in dicken Fäden aus der Schüssel ziehen. Wer gerne rohes Eiweiß schlürft, wird begeistert sein.
Alle anderen machen nach dem ersten Versuch einen großen Bogen um diese seit Jahrtausenden kultivierte Pflanze. Und verpassen dabei ein extrem gesundes Gemüse, das voller Vitamine, Spurenelemente und Antioxidantien steckt und dabei fett- und cholesterinfrei ist, weshalb es einen festen Platz in zahlreichen Diäten hat. Es gibt ein paar Tricks, damit die Okra das Schleimen lässt. So sollte man sie nach dem Waschen sehr gut abtrocknen, bevor man sie schneidet, und Messer und Brettchen nach jedem Schnitt trocken wischen. Brät man das Gemüse, dann ganz kurz bei hoher Temperatur, um auf der sicheren Seite zu sein. Besser ist es, man gibt die Stücke für ein bis zwei Stunden in eine Schüssel mit Wasser und einem Schuss Zitronensaft oder blanchiert sie ein paar Minuten in Essigwasser. Danach kann man sie weiterverarbeiten wie man möchte.
In den Südstaaten der USA hat man eine weitere Möglichkeit entdeckt: Dort ist in Maismehl gewendete und frittierte Okra äußerst beliebt. Statt einer schleimigen, hat man dann leider eine äußerst fettige Angelegenheit auf dem Teller. Und von den gesunden Inhaltsstoffen ist nicht mehr viel übrig.
22 Pflaumenschnaps: Hochprozentige Medizin, großzügig ausgeschenkt
Name: Sliwowitz, Šljivovica, Slivovka, Slivovice, Slivovica, Țuică
Region: Ost- und Südosteuropa
Verzehr: Trinken (auf ex)
(c) Emily Allen unter CC Lizenz
In Osteuropa hält nicht Gerstensaft, sondern zweifach destillierter Obstbrand Leib und Seele zusammen. Weshalb er zu allen erdenklichen Gelegenheiten ausgeschenkt wird: um Gäste willkommen zu heißen, auf Festen jeglicher Art, als Aperitif und zur Verdauung, als Absacker und auch zum Frühstück. Wer Osteuropa besucht, sollte also trinkfest sein. Oder eine verdammt gute Erklärung parat haben, warum er den gerne in großen Gläsern angebotenen Pflaumenschnaps leider ablehnen muss. Denn eine solche Zurückweisung wird von den äußerst gastfreundlichen Menschen in der Region zwischen Ostsee, Adria und Schwarzem Meer mit Kopfschütteln oder sogar Besorgnis aufgenommen. Schließlich gilt der hochprozentige Trunk als Medizin, die bereits vorbeugend wirkt.
Selbst auf orthodoxen Beerdigungen spielt er eine Rolle: Zum Ende der Zeremonie wird den Gästen ein Stück Brot und ein Glas Hochprozentiger gereicht, um auf die Seele des Verstorbenen zu trinken. Ein paar Tropfen davon werden mit den Worten »Möge Gott dies für sie/ihn empfangen« auf dem Boden verschüttet. Ein bisschen Bestechung kann nie schaden, damit auch im Jenseits das Glas stets voll ist.
Der Name des Edelbrandes wird in jedem osteuropäischen Land ein klein wenig anders ausgesprochen. Sie leiten sich jedoch alle vom slawischen Wort šljiva (Zwetschge) ab. Sollte man ihn also auf seiner Osteuropareise nicht sowieso angeboten bekommen, reicht es, »Sliwowitz« zu nuscheln und man wird sehr wahrscheinlich verstanden. Nur in Rumänien heißt er Țuică, gesprochen Zuika. Dort wird er an jeder Straße und auf jedem Markt verkauft – man muss nur auf Stände mit 1,5-Liter-Sprite oder Colaflaschen achten. Im Zweifelsfall ist das Kippen eines Schnapses aber auch pantomimisch recht einfach darzustellen.
Der vermutlich größte Teil des in Osteuropa konsumierten Zwetschgenschnapses wird schwarz gebrannt. Das birgt für den Gast einen besonderen Kitzel: Er weiß nie genau, wie stark das angebotene Getränk ist, ob es 45 oder womöglich 80 Prozent hat. Und ob der Moment der Ohnmacht, den man verspürt, wenn das Getränk sich seinen Weg durch die Kehle brennt, die Vorstufe zum Erblinden ist (falls der Schnapsbrenner ein Pfuscher war) oder von jener wohligen Wärme gefolgt wird, die den ganzen Körper durchströmt, und dem angenehmen Schwebezustand im Kopf, in dem nur noch eines zählt: Das nächste Glas ist gewiss.
Auf Rumänisch heißt »Prost« übrigens »dumm«. Das kann zwar das Ergebnis von zu viel Anstoßen sein, bis dahin lässt man die Gläser dort jedoch mit einem fröhlichen »Noroc« klirren.