"dein Gott, ist drinnen bei dir" (Zefanja 3,17) Spirituelle Profile. Markus Roentgen

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Читать онлайн книгу "dein Gott, ist drinnen bei dir" (Zefanja 3,17) Spirituelle Profile - Markus Roentgen страница 22

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      In seinem Kommentar zum Buch Exodus (Lat. Werke II, 21 ff.) gibt Eckhart ein Selbstporträt des schöpferischen Menschen in Auslegung des Wortes „Ich bin, der ich bin“, als Rückwendung des Seins zu sich und auf sich selbst, als „ein Verharren oder Feststehen in sich, ferner aber gleichsam ein Aufwallen oder Sichselbstgebären – (das Sein ist) in sich brausend und in sich und auf sich fließend und wallend, Licht, das in Licht und zu (neuem) Licht (erstrahlt), das sich selbst ganz durchdringt, das von allen Seiten ganz auf sich selbst zurückfließt und –strahlt, nach dem Wort des Weisen: ‚die Einheit zeugt – oder zeugte – die Einheit, und auf sich selbst strahlte sie ihre Liebe – oder ihre Glut – zurück.‘ Daher heißt es: ‚in ihm war das Leben‘ (Joh 1,4). ... So zeigt ich bin, der ich bin die Unvermischtheit des Seins und seine Fülle an...“ (Lat. Werke II).

      Diese je größere Einheitserfahrung (Eins mit dem Sein selbst in Abgeschiedenheit), die Eckhart zunehmend, durch Dynamisierung der Sprache, aus den Fängen der Subjekt-Objekt-Gegenüberstellung des vor-stellenden Denkens, also aus der klassischen Metapysik, herausschälen, ja befreien will, ist darin der affirmative Spiegel der „Nicht und Nichts-Erfahrung“, wie sie die Armutspredigt „Beati pauperis“ hervortreibt.

      Beidem ist die Überwindung der Metapysik und die Lösung vom konkret-geschichtlich Verhafteten eigen.

      So spielt auch der geschichtliche Christus eine ganz untergeordnete Rolle, ja, Eckhart geht so weit, Leben und Leiden Jesu Christi ganz aufzulösen in das je größere Erleben der Gottgeburt in der eigenen Seele, wozu der Sohn keine wesentliche Mittlerschaft mehr hinzufügt.

      Eine hochbedeutende Passage aus den lateinischen Werken weist dies aus. Nikolaus von Kues hat in seinem Eckhartkodex hierzu die Randnotiz: „Achtung! (nota!)“ vermerkt. Eckhart schreibt dort (Lat. Werke III, 241): „ich beneide Christus nicht, weil er Gott geworden ist; denn auch ich kann, wenn ich will, nach seinem Vorbild dasselbe werden.“

      Auch wenn er als Seelsorger um das konkrete Leiden weiß, auch wenn er das Leiden Christi in der Sohnesgeburt aus dem Vater sieht, Eckhart drängt über das Leiden, Eckhart drängt über Christus hinaus in das Eine der namenlosen Gottheit, weil er deren innergöttlichen Schöpfungsprozess in sich selbst als den einen und eigensten schöpferischen Prozess erfährt als göttliches Leben.

      Dies aber, so sehr es durch Geist-Spekulation, Intellekt und reines Denken aufgeladen ist, diese erste und letzte Anliegen, wirklich die Gottheit, wirklich Gott zu denken, es hat einen Lebensgrund und ein Lebensziel, die Befreiung zum Leben selbst bar jeglicher Mittlerschaft. Intellekt und Mystik durchdringen einander zur Lebensmeisterschaft (vgl. Eckharts berühmtestes Wort).

      Dieses Leben aber ist zutiefst wiederum Leben des Geistes, Erkennen, Intellekt. Gegen jede Volksfrömmigkeit, die an Ritualen, Dingen, Bildern, Vollzügen und Symbolisierungen irdischen Lebens hängen steht Eckhart als Anwalt des reinen Intellekts, des immanenten wie transzendenten Himmels, da Gottes Einheit rein, entkleidet, bloß, nackt ist von allen Zusätzen (sei es Güte und Liebe) als reiner Geist, reiner Intellekt, unvermischt und ungesondert. Außerhalb dessen dagegen ist Verschiedenheit, Verhaftung, Vorstellung und so die Verdinglichung des be-greifenden, des verfügenden, des ob-jectum als gedachtes Etwas (also die verlorene Einheit und Einichheit reinen Geistes) in Distanz zu dem es begreifenden, es verfügenden sub-jectum.

      Der Kerker des Subjekt-Objekt-Gegensatzes wird sichtbar, der unser Weltverständnis bis heute, in der ungeheuren Macht sog. wissenschaftlicher Objektivität, beherrscht.

      Verloren geht dadurch der lebendige Beziehungszusammenhang – bis hin in die Gott-rede, die Gott durch Aussagesätze und Attribute in diesen Subjekt-Objekt-Spaltraum einfügt.

      Das attackiert Eckhart in seinem reinen Einheitsdenken, das zunehmend jeglicher Trennungserfahrung, jeglicher Verschiedenheit, jeglicher Zufügung in der oscillierenden Dynamik zwischen Eins-Nichts-Gottes-im-Seelengrund-des-Abgeschiedenen zu entspringen sucht.

      Eckhart korrespondiert diese vollständige Entkleidung Gottes als dessen reinste Fülle mit dem Wesen des Menschen, mit dem Wesen der Kreaturen, die aus sich selbst „reines Nichts“ sind, nicht ein Geringes oder ein kleines Etwas, sondern ein „reines Nichts“(vgl. den Johanneskommentar Meister Eckharts; s. hierzu auch die Eckhart-Kritik, wo der tiefen Nachtseite und Verheerung dieser „Säuberung“ des Menschen und Gottes gedacht wird).

      Dieser Versuch der Aufhebung der Metaphysik geht aber durch die Sprache und Terminologie der Metaphysik hindurch.

      Weitere Inhalte

      Der vollständigen Entkleidung Gottes von jeglichem Zusatz und Attribut folgt entsprechend das „Enthöhen Gottes“. Diese Enthöhung Gottes (die Kenose Gottes könnte anklingen) ist aber nicht primär als Geschichtsereignis gesehen, vielmehr als Gott-Mensch-inwendiges Einen. Josef Quint erläutert dies wie folgt: „Das Enthöhen Gottes ist nicht zu verstehen als ein absolutes Herunterziehen und Erniedrigen oder Herabsetzen, sondern als Überwindung der Distanz und Transzendenz Gottes durch seine ‚verinnung‘, durch seine Immanenz in der Seele, wodurch sie selbst erhöht wird und zur Einswerdung mit dem immanenten Gott gelangt.“

      Die mystische Erfahrung der vollständigen Hereinbergung Gottes in den Schoß des Menschen hat hier ihren Grund.

      Es ist allerdings nicht der persönliche Gott („der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs“, wie Pascal ihn erfuhr in seiner Gottdurchdrungenheit wie Feuer, im berühmten Memorial aufgezeichnet); bei Eckhart begegnet vielmehr die „weiselose“, über- und unpersönliche Gottheit.

      „Denn auch Finsternis nicht finster ist bey dir/

      Und die nacht leuchtet wie der tag/

      Finsternis ist wie das Liecht.“

      (Psalm 139, 12 in der Lutherübersetzung/

      Wittenberg 1545)

      Das dunkle Licht des Nichts

      Lectio V

      Otto Karrer hat Eckharts Mystik als „das katholische Gnadenerlebnis in seiner vollen subjektiven Entfaltung“ bezeichnet, ein Christentum neuplatonischer Prägung. Ist das zutreffend?

      Einheit und Reinigung, die reine Gottheit wird von Eckhart der „schlechten Vielfalt“ in der Gott-rede seiner Zeit gegengehalten.

      Hier ist er ganz in der Folge Plotins und dessen Zeit. In der Plotinforschung ist darauf hingewiesen worden, dass Plotin nur deshalb das Wort „das Eine“ benutzt, weil es im Griechischen kein Wort für die Null gibt, für das, was schon Scotus Eriugena „Nihil“ und Eckhart dann „Nichts“ nennen wird. Dieses „Nichts“, das „Nichts“ der Gottheit, das der vollkommen abgeschiedenen, gelassenen, losgelösten Seele auf ihrem Grund „innig“ werden soll, beinhaltet zugleich ein Nein zu allen geschichtlichen, dinghaften, welt- und personenbezogenen Heilsmittlern und Heilsmitteln.

      Ist mit diesem Nein zur Geschichte, zur Natur, zur Materie auch, jedenfalls in der klassischen Zuordnung von Plotin her, ein Nein zur „Frau“ mitgesagt. Von Plotin wird ein Wort übermittelt, dass er nicht wissen wolle, wo er geboren sei, noch dass er von einem Weibe geboren worden sei.

      Ist es in der klassischen männlichen Linie nicht eigentümlich, dieses Bestreben, in einem „reinen Geistsystem“ sich selbst zu zeugen? (Vgl. nochmals Eckharts „Ich bin der ich bin“).

      Hier der „reine Ort“, die „leere Wüste“ – dort die Materie, das Stoffliche, das Unvollkommene, der Mangel, die Verworrenheit und Vielgestaltigkeit.

      Die Geschichte,

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