Sie ist wieder da. Michael Sohmen

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Ich fragte mich: gab es nicht irgendetwas, das sich zum Positiven gewendet hatte? Es waren sicher keine allzu revolutionären Entdeckungen möglich, wie man Windenergie effizient nutzen könnte.

      »Wie ist der Stand bei Gezeitenkraftwerken oder Erdwärme?«

      Alle schwiegen und schüttelten ratlos den Kopf. Ich hatte übersehen, dass dieses Land Bayern isoliert war und keinen Zugang zum Meer besaß. Mit dem zweiten Thema konnten sie wohl auch nichts anfangen. Ich fühlte, das es an der Zeit war, aufzugeben.

      »Nur mit der Kernenergie ist es möglich, den benötigten Strom für die fast 60 Millionen Menschen im Land zu produzieren.« Langsam war ich mir absolut sicher, dass Odin wie ich Physik studiert hatte.

      »Ich hätte nicht gedacht, dass die Bevölkerung über die Jahre schrumpfen würde«, wunderte ich mich laut. »Weniger Energie für weniger Bürger – dann sollte das Thema eigentlich kein größeres Problem darstellen.«

      »Ich verstehe nicht, was du meinst.« Bisher war Penelope wenig gesprächig gewesen, jetzt schaute mich mit einem seltsamen Gesichtsausdruck an. »Jedes Jahr kommen über eine Million Zuwanderer. Natürlich heißen wir alle willkommen, die in unser Land wollen. Die meisten kommen aus dem westlichen Teil, der sogenannten Republik, die eher eine Diktatur ist. Aus dem Bunker dagegen kam seit Jahrzehnten kein einziger Mensch mehr.«

      »Bunker nennen wir … bekanntermaßen ja dieses Nationaldeutschland. Bayern hat mittlerweile fast sechzig Millionen Einwohner.« Jürgen zwinkerte mir kurz zu und wandte sich zu seinen Parteigenossen, die mich gerade anstarrten, als wären sie langsam so verwirrt wie ich, die von diesen vielen Informationen fast überfordert wurde. »Angela war lange Zeit bewusstlos. Nehmt darauf Rücksicht.« Gerade im passenden Moment hatte er genau das Richtige gesagt. Jeder, der mich kurz zuvor ungläubig angestarrt hatte, sah mich nun verständnisvoll an.

      »Vielleicht trinke ich doch etwas. Ich würde jetzt sogar eine Runde Schnaps ausgeben.« Ich hatte noch einige Schweizer Franken, so könnte ich problemlos bezahlen. Etwas Alkoholisches brauchte ich entgegen meiner sonstigen Gewohnheiten in genau diesem Moment. Jetzt sahen sie mich noch mitleidiger an.

      »Destillierter Alkohol ist verboten.« Jürgen gab der Kellnerin einen Wink. »Ich bestelle fünfmal Sekt. Dafür geht die Runde an mich.«

      Alle schauten stumm in die Ferne, bis die Gläser serviert wurden. Die angeregte Diskussion war weitgehend verstummt. Nun versuchte wohl jeder zu vermeiden, etwas Falsches zu sagen. Genauso wie ich. Die Rolle als weitgehend politisch unbedarfte Bürgerin erschien mir deutlich besser, als stolz zu verkünden, dass ich die ehemalige Bundeskanzlerin der ehemaligen Bundesrepublik in einem einst geeinten Europa war. Ich wollte jetzt keine Selfies, nicht in diesem Zustand.

      Die Klinik hatte einen 24-Stunden Service. Zwar musterte mich der Pförtner kritisch, da die zwei Gläser Sekt nach den vielen Jahren völliger Abstinenz eine nachteilige Wirkung auf meine Fortbewegung hatten, die mit einem deutlichen Stabilitätsverlust einherging. Aber er ließ mich ein. Kaum lag ich auf meinem Bett, riss mich sofortiger Schlaf an sich.

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