Sie ist wieder da. Michael Sohmen

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im Migrantenstadl einsäßen. Somit hätte man eine sinnvolle Verwendung für sie. Mit Sicherheit wären sie dankbar dafür, wenn sie mit solch einem Projekt endlich etwas zu tun bekämen. Wenn sie eine Arbeit bekämen, die dem Nutzen der Allgemeinheit dienen würde. Mit dieser Lösung könnte man diese erbärmliche Festung für Sträflinge abreißen und endlich die Wies'n wiedererrichten. Der Artikel endete mit O'zapft is! So endete auch jeder andere Artikel, war mir beim Durchblättern schon aufgefallen.

      Auf welche Ideen die Leute bisweilen kamen. Dies war absolut unmenschlich! Sklaven wurden damals angekettet. Wenn ein Boot sank, wurden die Menschen mit auf den Grund des Meeres gezogen und ertranken. Eines musste ich dieser bizarren Idee aber zugestehen: es war ein sehr umweltverträgliches Konzept.

      Ich blätterte zur nächsten Seite. Dort forderte man den Anschluss an Nationaldeutschland. Dort hätte man das Problem mit den Migranten wirksam gelöst, mit den gleichen Maßnahmen würde es auch eine Lösung für das Wies'n-Problem geben. Man forderte, das Reinheitsgebot zu erweitern. Man sollte es nicht nur auf das Bier, sondern auch auf das Volk anwenden, von dem es getrunken wurde. Dieser Artikel bestätigte, dass in dem Blatt Ideen verfolgt wurden, die damals im dritten Reich galten und letztendlich in der Katastrophe endeten. Ich las weiter. Hinter den Mauern befände sich das wahre Paradies - behauptete der Text - der sich fast überschlug vor überschwänglichem Eifer für den Nachbarstaat. Dies erinnerte mich daran, was damals in der DDR über die Bundesrepublik gedacht wurde. Nach der ersten Euphorie waren viele jedoch enttäuscht. Was mochte nun in meiner ursprünglichen Heimat vor sich gehen? Sie war mutiert zu einem völlig isolierten Staat, wie ich aus der Karte erfahren hatte. Ich stellte mir vor, wie in diesem faschistischen Staat gleichgeschaltete Menschen in SS-Uniform durch die Straßen marschieren und dass sie die Welthauptstadt Germania nach den ursprünglichen Plänen vollendet und den alten Pharaonen gleich diese gigantische Ruhmeshalle errichtet hatten. Den Führerdom, gegen den unser Reichstag winzig wirken sollte. Wie ein angebautes Toilettenhäuschen, in das sich der mächtige Pharao bisweilen begab, der aufgrund eines dringenden Bedürfnisses aus seiner alles überragenden Pyramide heraustrat.

      Geradezu juckte es mich unter den Nägeln zu erfahren, was in diesem von der Welt abgesonderten Staat vor sich gehen würde. Herrschte dort ein größenwahnsinniger Diktator? Ließ er überlebensgroße Statuen von sich errichten? Ich selbst hatte mir niemals Denkmäler gesetzt, die Chance nie genutzt. Hätte ich in meiner Amtszeit auch etwas erbauen lassen sollen? Zumindest etwas ganz Kleines, damit sich spätere Generationen an mich erinnern würden? Es könnte ein Angela-Merkel-Spielplatz sein, auf dem die Kinder herumtollen, in der Sandkiste buddeln, von einem Piratenschiff herabrutschen oder schaukeln könnten? So etwas wäre erschwinglich gewesen. Davon hätten alle wesentlich mehr gehabt, als von den Milliarden teuren Denkmälern, die sich François Mitterrand im benachbarten Frankreich zu seinem Gedenken errichten ließ. Doch widersprach dies dem Wesen Nachkriegsdeutschlands. Nach dem fatalen Größenwahn wurde man extrem bescheiden, deswegen gibt es weder eine Konrad-Adenauer-Kathedrale, noch eine Ludwig-Erhard-Fabrik. Keine Kiesinger-Grube, Brandt-Brennerei, Scheel-Brillenmode, Schmidt-Seeflotte, Kohl-Pyramide oder eine Schröder … da fällt mir ein, dass dieser Macho-Mann sich Denkmäler gesetzt hatte wie Hartz4, die Riester-Rente oder den Mini-Job. Doch solche Dinge zu erschaffen, bei deren Namen der Puls jedes Bundesbürgers sofort auf 180 stieg, darauf konnte ich getrost verzichten. Die Idee mit dem Spielplatz fand ich jedoch äußerst sympathisch. Hauptsache, es gab dort keine Schlägereien zwischen den Jungs, es wurde nicht mit Drogen gedealt, keine Spritzen von heroinabhängigen lagen im Rasen und es wurden dort keine ethnischen Konflikte zwischen Migranten und rechtsextremen Deutschen ausgetragen. Und hoffentlich wurden keine Leichen im Sandkasten vergraben. Sonst verzichte ich lieber auf ein eigenes Denkmal. Schade um den Spielplatz!

      Dieses Magazin war Hetze, doch es regte meine Gedanken an. Ich kannte Schlimmeres. Damals war ich anfangs stolz, als mich das Time-Magazin zur Frau des Jahres gekürt hatte. Nachdem ich diese Zeitschrift jedoch vollständig durchgeblättert hatte, war ich entsetzt! Mit meiner Person als Aushängeschild wurde geworben für Produkte, die dem Herzstillstand vorbeugen sollten. Pillen, welche die Manneskraft wiederbeleben sollten. Nahrungsergänzungsprodukte mit Stoffen, die jeder Mensch wesentlich billiger durch halbwegs vernünftige Lebensmittel aufnehmen konnte. Bis auf einen halbseitigen und katastrophal schlecht verfassten Artikel zum Titelbild war dieses Druckwerk ein Propagandaheft für die Pharmaindustrie sowie ein eindeutiger Fall für den Müll. Wie positiv war in jungen Jahren mein Eindruck von unseren amerikanischen Freunden. Vom Wiederaufbau bis zur Wiedervereinigung hatten sie unglaublich viel für uns getan und wie enttäuschend war es zur Kenntnis nehmen zu müssen, dass sie sich zu Bürgern entwickelt hatten, die jederzeit vom Herzstillstand bedroht wurden, an Potenzproblemen litten und soviel Cola tranken, bis sie alle unter Diabetes litten. Dass sie kaum keinen Tag überleben konnten, ohne unzählige Präparate einzuwerfen. Es wäre sinnvoll gewesen, sie hätten sich endlich mal um ihre eigenen Probleme gekümmert, nachdem sie so viel für den ganzen Rest der Welt getan hatten. Diese ständigen Amokläufe hätten sie als Warnzeichen erkennen sollen, denn es waren Zeichen, dass irgendetwas in ihrer Gesellschaft nicht stimmte.

      Mit Entsetzen überblätterte ich einige Seiten, die dem Rassengedanken gewidmet waren. Diese längst widerlegten Theorien kannte ich zur Genüge. Der folgende Artikel behauptete, dass sich der europäische Kontinent aufgrund der massiven Einwanderung gesenkt hätte, und dass dies der Grund wäre, weshalb alte Küstenregionen nun unter Wasser lägen. Dies bestätigte erneut die fremdenfeindliche Tendenz dieses Magazins. Mich führte es zur Erkenntnis, dass die Vorhersage, dass der Meeresspiegel steigen würde, eingetroffen war. Gab es heute noch Polkappen? Haben die Eisbären überlebt? Existierten noch Pinguine? Denen mochte ihr Überleben gesichert haben, dass die Antarktis einen festen Untergrund besaß. Selbst wenn das Eis vollständig weggeschmolzen sein sollte, würde dieser siebte Kontinent nicht verschwinden. Zudem konnten diese putzigen Tiere schwimmen. Nur waren sie nicht in der Lage zu fliegen, obwohl sie nach dem Artenbuch als Vögel klassifiziert wurden.

      Ich war nun am Ende meines Lesestoffes angekommen und hatte mir alles zu Gemüte geführt, was irgendwie lesenswert zu sein schien. Das Heft hatte seinen Zweck zur Recherche erfüllt und jetzt brauchte ich es nicht mehr, so entsorgte ich es in den Papierkorb neben der Bank. Den Flyer wollte ich gerade hinterherwerfen, warf jedoch noch einen kurzen Blick darauf und las:

      »Die Tierschutzpartei fordert, alle Rechte der Tiere den Menschenrechten anzugleichen. Nur wenn man alle Lebewesen mit dem gleichen Respekt behandelt, hören die Menschen endlich auf, gegeneinander Krieg zu führen.«

      So einfach werden sich mit Sicherheit nicht alle Konflikte in Luft auflösen, auch wenn sich solch eine Vorstellung sympathisch anhörte. Denn die Tatsache, dass Hitler Vegetarier war, bewies, dass auf diese Weise nicht alles bunt und rosa wurde. Andererseits war Letzteres, das Gegenargument mit dem Führer, sehr platt. Der Diktator war nach Stand der Forschung kein Anhänger von Obst und Gemüse aus Überzeugung, sondern litt unter gesundheitlichen Problemen.

      Der nächste Punkt »Ende der Massentierhaltung« war etwas, was ich erwartet hatte und es war nicht gerade schön, dass die Nutztiere derart eingepfercht wurden. Das Fleisch wuchs aber nun mal nicht auf Bäumen und diese vielen Menschen mussten sich irgendwie ernähren, da war einfach nicht genügend Platz vorhanden, damit jedes Nutztier sein eigenes Gelände bekommen konnte. In ihrem Papier setzte die Partei sich ein für das Verbot des Schächtens. In diesem Punkt drifteten die Meinungen der Bürger extrem auseinander. Eigentlich widersprach das rituelle Schlachten dem Tierschutzgesetz. Doch aus Toleranz gegenüber anderen Religionen hatte man ihnen diesen Gesetzesverstoß zugestanden. So wie Polizeifahrzeuge im Einsatz über rote Ampeln fahren durften, wurde akzeptiert, dass Moslems und Juden sich bei ihren rituellen Schlachtfesten nicht an dieses Gesetz halten mussten, da ihr Glaube es erforderte. Angeblich. Warum taten sie sich so schwer dabei, ihre Rituale zu ändern? Im Gegensatz dazu hatten wir, die Christen, strenge Hygienegesetze akzeptiert und verzichteten bei unserem Abendmahl darauf, aus einem gemeinsamen Kelch zu trinken oder unser Brot zu teilen, was seit Urzeiten der schwerwiegendste Eingriff in diese christliche Zeremonie war. Die Forderung der Tierschutzpartei, dass sich andere Religionen ebenso an Gesetze halten

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