Überlast und Kernschmelze. Renate Amelung
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Читать онлайн книгу Überlast und Kernschmelze - Renate Amelung страница 8
Nachhaltig, Isa schluckte. Sie tötet Lev fast mit einem schneidenden Blick. „Wer brauch das denn, wem wollt ihr helfen? Da bleiben doch nur Alleinerziehende mit sozial schwachem Hintergrund über und die wollen bestimmt nicht zu ihren sechs Kindern zusätzlich für alte Leute einkaufen und putzen. Geschweige dass sie über Kapital verfügen, das ihr ja benötigt. Die anderen Menschen brauchen euch nicht, die beschäftigen Personal. Ich sehe nicht wie ihr das finanziell stemmen wollt!“
„Einem Verein kann man auch Geld stiften“, grinste Klara ihren Einwand weg. „Einige Investoren könnten wir schon noch gebrauchen.“
„Ha, das glaubst du doch nicht, dass ihr da jemand für begeistern könnt.“
„Ich glaube sogar noch mehr, nämlich, dass wir einen Investor und nicht nur einen finden,“ sagte Hannes lakonisch. Isa sah den alten Mann an als hätte er in der letzten Nacht den Verstand völlig verloren. Dabei sah sie Lev an wie ein Stier vor dem Kampf.
„Isa, glaube mir er kann Berge versetzen“, zischte Hannes, während Klara noch immer bestimmend nickte.
„Nun ja, Isa, an das Gute glauben war noch nie dein Ding.“ Mit diesen Worten erhoben sich die beiden Alten. Hannes klopfte Lev auf die Schulter. Der zuckte erschrocken zusammen.
„Die Quittung von dem Laptop kannst du behalten. Ich kann sie eh nicht abrechnen“, sagte Hannes.
„Ich auch nicht“, antwortetet Lev. „Behalte sie, ist bei dir besser aufgehoben.“
Sie waren per du? Isa stutzte.
Mit einem Elan der Isa Sorgen machte und einem kurzen Ade, verschwanden die älteren Herrschaften.
Unvermittelt trat Isa Lev vors Schienenbein. Er erschrak sichtlich zwei tätliche Angriffe auf seine Körper das ging gar nicht. Dazu wurde er doch aus seiner stoischen Ruhe gerissen.
„Hast du den Alten die Flausen in den Kopf gesetzt!“ fauchte sie mehr als fragend.
„Fuseln?“
Flausen, Unsinn!“
„Was heißt hier Unsinn? Du wolltest, dass ich ihnen es ausrede in der Diaspora zu bauen. Zeige mal etwas Zufriedenheit! Genau das habe ich getan, sie vor dem Bauvorhaben abgebracht. Nur nicht ohne ihnen Perspektiven zu bieten. Stadtvilla klingt doch nicht schlecht.“
„Idiot, Vollidiot!“
„Danke, ich weiß schon seit der Zehnten was du von mir hältst.“
Sie wollte etwas sagen, nur was und wie, bloß keine Entschuldigung abringen, aber sie kam nicht dazu.
„Ich habe einen Freund, der kümmert sich darum.“
„Du hast Freunde?“ Verdammt schon wieder so ein Patzer! Kontenance!
Genau diese Kontenance zeichnete ihn aus, nicht auf solche Fauxpas zu reagieren. „Nicht wirklich ein Freund. Bruder kann ich schlecht sagen. Ich bin mit ihm aufgewachsen in einer Familie damals. Er ist Rechtsanwalt bei Götz & Partner.“
Der Nobelschuppen! Die sind gerade in den Kö-Bogen gezogen! Und er stammt auch aus dem Immigrations-Getto Hellweg?. Was haben die denn den zwei Jungs damals ins Essen gekippt, dass die so durchstarten konnten?
„Das Grundstück hätte nicht vom Eigentümer verkauft werden dürfen. Der Boden ist verseucht. Da hat mal vor vielen Jahren ein Mastbetrieb gestanden als man von Biologisch noch nichts wusste, geschweige es schreiben konnte. Jede Menge Chemie ist im Erdreich. Das Fundament hat ein Architekt zu verantworten, der wenig Ahnung hat und wer das vermessen hat erschließt sich mir nicht. Es lag keine Baugenehmigung vor. Da hatte man wohl auf eine rückwirkend fungierende gehofft. Der Notar macht da auch noch eine windige Figur. Sie werden ihr Geld zurückbekommen.“
Jetzt hätte er ein Lob verdient., dachte sie. „Und was soll das mit der Stadtvilla?“, wollte sie wissen.
„Abwarten!“
„Ich kann nicht abwarten.“
„Musst du aber! Wenn wir alles täten wozu wir in der Lage sind, glaubten wir an Wunder. Ich glaube an Wunder!“
Noch nie hatte sie ihn so genau gemustert wie jetzt. Irgendetwas tut sich da auf und das ist nichts Kleines. Er glaubt an Wunder – weil er etwas tut wozu er in der Lage ist! Wozu ist der Mann noch in der Lage außer die Grünen Bewegung mit Bio-Hütten zu erfreuen? Wenn sie mal davon absieht, dass er ein Grüppchen Senioren verjüngt hat. Aber diese verdammt gute Laune, die aufgeladene Energie. Wieso kauft Hannes einen Laptop und benötigt die Rechnung nicht und Lev schleppt das Gerät mit sich?
Dünn wie eine Bohnenstange, ausgefranste Jeans mit Löchern und Schlabberpulli und wirren dunkelblonden Haaren. Immer eine Digital-Kamera mit Teleobjektiv in der Hand so stand Isas Bruder plötzlich am Tisch um sich im selben Moment schlaksig auf einen Stuhl zu katapultieren.
Und Lev hätte sein Vermögen verwettet, wenn das kein Schreiber vom Stadtanzeiger oder Blitz weiß alles ist. Tatsächlich Isa stellte ihn mit Jonas ihrem kleinen Bruder vor. Jonas betonte Halbbruder Jonas Vogt und outete sich spontan selbst als Freiberuflichen Schreiber und Reporter, Betonung erfolglos, aber er war sicher der Durchbruch kommt.
Genau das war es was Lev noch in sein Konzept passte, ein Schreiber der Erfolg suchte und eine gute Geschichte benötigte. Er würde sie ihm liefern und ihn damit zu einem kleinen Zahnrädchen in einem großen Getriebe schmieden. Jonas war der Mann, der ihm die Lösung zu einem Problem, das bisher noch im Raum schwebte auf dem Silbertablett servierte.
Isa machte unterdessen ein Gesicht als hätte sie an einer Peperoni gelutscht. Lev hatte nicht unrecht, denn ihr war die Anwesenheit ihres Bruders eher etwas peinlich. Für sie war er ein Spinner mit hochtrabenden Flausen im Kopf, der morgens nicht aus den Startlöchern kam, der darauf lethargisch für den nächsten Tag Ziele steckte die er nie erreichen konnte.
Lev hatte inzwischen bezahlt. Es war Zeit zu gehen und sich einen Hot Spot zu suchen.
Die Königsallee, bei sonnigem Wetter erlaubt es sicher einen Menschen in Windeseile zu verschlucken und durch die Pokemon go Massen über die Girardet Brücke unterzutauchen. Das nutzte Lev. Isa saß noch da und war in Gedanken verzerrt.
Dann tauchte Sabine auf. Isa hatte bei den Ereignissen fast vergessen, dass sie mit ihr hier verabredet war. Zwei gerade verlassene Frauen, die gemeinsam über die Verflossenen lästern wollten.
Das Erste was Sabine fragte war. „Wer war das?“
„Wer?“
„Der Typ. Den würde ich auch nicht von der Bettkante schubsen.“ Sabine schaute noch immer zur Girardet Brücke. Aufpassen bei der Wahl der Männer, das hatte Sabine noch nie gekonnt.
„Du wirst es nicht glauben, das war Lev Czok.“
Sabine lachte. „Nicht etwa der kleine dicke, linkische Trottel von damals.“
„Doch, genau der!“
„Oh, hast du ihn eingeladen?“
„Eingeladen, wozu?“