Der Wüstensklave. J. D. Möckli
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Читать онлайн книгу Der Wüstensklave - J. D. Möckli страница 8
»Du wirst dich untersuchen lassen. Glaubst du wirklich, mir ist nicht aufgefallen, wie oft du in den letzten Wochen dein Asthmaspray benutzt hast? Hast du überhaupt noch welches?«
Ertappt zuckt Ren zusammen, was Malik nicht entgeht.
»Herr Mutsuo, meine Zeit verschwende ich sicher nicht. Im Gegenteil, es gehört zu meinen Aufgaben, für Ihre Gesundheit und die Ihrer Familie zu sorgen.« Mit einem freundlichen Blick tritt Malik vor und verneigt sich leicht vor Ren. »Setzen wir uns doch zu einer Tasse Tee hin und unterhalten uns ein wenig.«
Ren verengt die Augen, nickt dann aber. »Eine Tasse Tee ist immer gut.« Er wendet sich um, um frisches Wasser in den alten Topf zu gießen.
Kai atmet erleichtert auf und möchte etwas sagen, als das Bimmeln der kleinen Ladenglocke ertönt. »Wenn was ist, ich bin im Laden«, sagt er hastig und eilt davon.
Als er den Laden betritt, muss er sich ein gepeinigtes Aufstöhnen verkneifen. »Madame Aino. Was für eine Freude, Sie zu sehen. Was kann ich heute für Sie tun?« Mit größter Mühe zwingt er sich zu einem professionellen Lächeln und einem freundlichen Tonfall.
»Herr Mutsuo! Sie müssen mir unbedingt einen Samtstoff für eine neue Stola verkaufen.« Wild gestikulierend deutet Frau Aino auf die große Stoffauswahl. »Sie sind der Einzige, der weiß, was mir gefällt.«
Kai erlaubt es sich, eine Augenbraue zu heben, als er das hört, während er sich denkt, dass das ja nun wirklich keine Kunst ist. »Natürlich, Madame Aino. Schauen wir doch mal, was wir für Sie haben.« Er geht zum Regal mit den Samtstoffen und holt zwei Ballen heraus. »Ich würde Ihnen eine Kombination aus zwei Stoffen empfehlen: diesen limettengrünen Samt und dazu diesen rosenroten. Die Schneiderin soll Ihnen aus den beiden Stoffen eine schöne Stola nähen.« Abwartend sieht er seine Kundin an, gespannt, was sie zu der eher dezenten Farbkombination sagt.
»Hmmm, ich hatte eher an etwas fröhlichere Farben gedacht, aber das gefällt mir«, murmelt Frau Aino und fährt mit den Fingerspitzen über den weichen Stoff. »Ach ja, haben Sie schon gehört? Angeblich sind die Fremden, von denen ich Ihnen erzählt habe, in einer Nacht-und-Nebel-Aktion verschwunden. Bestimmt haben sie Dreck am Stecken und müssen sich nun aus dem Land schleichen.« Mit glänzenden Augen sieht sie Kai an und kräuselt die Lippen, als dieser keine Reaktion zeigt. »Haben Sie gehört, was ich gesagt habe?«
Kai zuckt kurz zusammen. »Natürlich, Madame Aino.« Entschuldigend lächelnd, sieht er sie an und fragt sich unwillkürlich, wie ihm vorhin der Hut mit den Pfauenfedern entgehen konnte. »Nur sagen mir diese Leute nichts, also was soll ich dazu sagen?«
Empört schnaubt Frau Aino. »Herr Mutsuo. Ihre Laune ist ja heute unglaublich schlecht. Sie sollten ihrem Sklaven befehlen, sich anständig um Sie zu kümmern. Glauben Sie mir, das wirkt wahre Wunder.« Um ihre Worte zu bekräftigen, nickt sie bestimmt.
Kai hingegen muss schlucken. »Ich werde mir Ihren Rat überlegen«, erwidert er ausweichend. »Ich verlange für die beiden Ballen sechzig Silbermünzen.« Kaum hat er den Satz ausgesprochen, schlägt er sich mental gegen die Stirn. So plump hat er den Preis schon lange nicht mehr genannt.
Tatsächlich hebt die Aino pikiert eine Augenbraue an. »Soso, Sie verlangen. Ihre Laune muss ja wirklich im Keller sein. Ich zahle Ihnen fünfzig Silbermünzen.«
»Gut, ich bin einverstanden.« Stimmt Kai hastig zu und beginnt die Samtstoffe einzupacken, noch bevor die Aino sich von ihrer Überraschung erholt hat. »Gut … ähm … Herr Mutsuo«, stottert sie und beginnt die Münzen abzuzählen.
Kai weiß ganz genau, dass er viel zu schnell nachgegeben hat, als er ihrer Sklavin die in Leinen eingewickelten Stoffe übergibt und dann die Münzen in die Kasse abzählt. Schließlich begleitet er sie noch zur Tür und verabschiedet sich mit einer leichten Verbeugung von ihr.
Endlich wieder allein, lehnt er sich gegen die geschlossene Tür und atmet tief durch, ehe er zum Tresen geht und die fünfzig Münzen auf der Schiefertafel notiert.
Kapitel 4: Der Kaiser
Seit zwei Stunden warten sie nun schon darauf, dass sie endlich mit dem Kaiser sprechen können. Ungeduldig mit den Fingern auf seinen Oberarm tippend, blickt Jamon aus dem Fenster. Sie sind von Hauptmann di Modena in diesen luxuriösen Raum geführt worden, den er nur zu gut aus seiner Zeit als Pharao kennt, als er hier mit Kaiser Hadrian Verhandlungen unter vier Augen geführt hat. Nun steht er hier und blickt angestrengt aus dem Fenster, um den Prunk und die Größe seiner Umgebung nicht zu sehen, die ihn zu erdrücken droht. Nur am Rande registriert er den strahlenden Sonnenschein, der die Pflanzen glitzern lässt, die schon jetzt von Sklaven einzeln mit Wasser bespritzt werden.
Leise hallen die Schritte Seimons und Hazems zwischen den Wänden wider, wenn sie von den edlen Teppichen auf den Marmorboden treten. Allein dieser eine Raum ist so groß wie die gesamte Wohnung und der Laden der Mutsos. Dennoch fühlt Jamon sich klaustrophobisch und öffnet das Fenster. Tief atmet er die angenehm frische Luft ein.
»Verdammt, wie lange will er uns denn noch warten lassen?«, murrt Hazem zum wohl hundertsten Mal und bleibt vor der leise tickenden Uhr stehen. »Hoffentlich haben sie dem Baby auch etwas zu essen gegeben, wie ich es ihnen befohlen habe.« Wieder nimmt er seine Runde auf und läuft über den handgeknüpften Perserteppich zum Kamin, in dem vermutlich noch nie ein Feuer gebrannt hat. Dort dreht er sich um und geht zur anderen Seite des Raumes.
»Mein Prinz, setzt euch hin. Ihr macht mich ganz nervös.« Seimon sieht seinen Schützling vorwurfsvoll an, auch wenn er es selbst kaum auf den weich gepolsterten Sesseln aushält und immer wieder aufspringt, nur um sich, nach einer Runde durch den Raum, in den nächsten Sessel zu setzen.
Endlich wird die Tür geöffnet und ein schlicht, aber edel gekleideter Diener betritt den Raum. Er stellt sich neben die geöffnete Tür. »Der göttliche, himmlische Kaiser Hadrian Julianus Cäsar. Ehret ihn«, spricht er laut und deutlich und verneigt sich dann so tief, dass es kurz so aussieht, als würde er sich die Nase an den eigenen Knien stoßen.
Sofort wenden sich die drei Männer zur Tür um. Hazem und Seimon sind sichtlich ungeduldig, während Jamon mit gemischten Gefühlen dasteht und nicht weiß, was er von der einst vertrauten Routine halten soll.
Dann ist es soweit: Der Kaiser erscheint im Türrahmen. Obwohl er schon um die sechzig Jahre alt ist, ist sein Blick feurig und straft die grauen Haare Lügen. Ein schmales goldenes Band liegt um die gefurchte Stirn und der edle mitternachtsblaue Anzug wird von dem purpurnen Umhang umspielt, als Hadrian den Raum betritt.
Tief verneigen sich Hazem und Seimon vor dem Kaiser, jedoch nicht ganz so tief, wie der Diener, der nun den Raum verlässt und die Tür hinter sich schließt.
Jamon widersteht dem Drang, sich auch zu verneigen. Er und der Kaiser sind einander noch immer gleichgestellt. Er neigt nur hoheitsvoll den Kopf, als der ältere Herrscher, die anderen ignorierend, vor ihn tritt. »Kaiser Hadrian. Viel zu viel Zeit ist vergangen, seit wir miteinander gesprochen haben.«
Lange mustert Hadrian den jungen Mann vor sich. »Pharao Nesut-anch-Ra. Wie ich sehe, seid Ihr von den Toten auferstanden.« Seine Stimme ist ruhig und tief, verrät nichts von seinen Gedanken, aber in seinem Blick liegt eine gewisse freudige Überraschung.
Erst jetzt sieht Jamon in die grauen Augen seines Gegenübers. »Man könnte es in der Tat so nennen. Wie ist es Euch in den letzten Jahren ergangen? Leider bin ich nicht wirklich auf dem Laufenden.« Ein Bedauern ist in seiner Stimme