was Leiden schafft. Hermann Brünjes

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was Leiden schafft - Hermann Brünjes Jens Jahnke Krimi

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dieser junge Mann. Er trägt seinen Namen zu Recht. Ein Denker.

      Ich danke ihm und an der Straße unten unserem Freund und Helfer Bokelmann. Der Ausflug hat sich wirklich gelohnt.

      Freitag, 4. März

      Den Vormittag verbringe ich auf einer ätzenden Sitzung im Südkreis. Eine Gemeinde will ein neues Baugebiet erschließen und bewerben: „Wohnen zwischen Wald und See, naturnah und mitten in der Lüneburger Heide.“

      Es stimmt gewiss, womit sie hier werben. Ein Haus am Hardausee hat schon was – aber man wohnt hier auch ziemlich abgeschieden. Unter „Lüneburger Heide“ verstehen zudem die meisten Leute eher die großen Heidegebiete um Undeloh, Bispingen und vielleicht noch bei Hermannsburg. Richtig ist natürlich auch: Die Lüneburger Heide bietet weit mehr als blühendes Heidekraut! Große Waldgebiete, unzählige Wander-, Rad- und Erlebniswege, viele einmalige Freizeit- und Erlebnisparks, Kurorte, Klöster und Natur pur macht sie nach Nord- und Ostsee zum Tourismusmagneten Nummer zwei in Deutschland. Ob man allerdings sein Haus in dieser „Provinz“ errichtet, steht aus meiner Sicht auf einem anderen Blatt. Okay, ich wohne ja selbst dort, wenn Himmelstal auch eher am Rand liegt …

      Während der Tasse Kaffee und dem Gespräch mit Maren über ihren und meinen Tag klackt es nebenan. Plopp, Plopp. Das Geräusch ist uns längst vertraut. Der Nachbarsjunge übt sich im Fußballspiel und schießt gegen die Mauer der nachbarlichen Garage. Dennis ist richtig gut. Er beherrscht den Ball wie ein Profi, übt aber auch fast jeden Tag. Ich nutze die Gelegenheit und will noch einmal mit ihm reden.

      „Ich geh mal raus, Maren. Wir reden nachher weiter, okay?“

      Sie nickt. „Du kannst ja doch nicht anders. Ich hoffe, Dennis kann dir noch mehr von dieser Clique im Krater erzählen – darum geht es dir doch, oder?“

      Auch wenn wir erst zwei Jahre zusammen sind, Maren kennt mich gut. Mir fehlen noch eine Menge Puzzleteile.

      Dennis trägt blaue Fußballschuhe, einen blassgrünen Trainingsanzug, dazu Handschuhe. Sein Ball ist abgenutzt, unzählige Mal getreten und von Wind und Wetter gezeichnet.

      „Hallo Dennis!“

      Sofort unterbricht der schlanke Sportsfreund seine spielerischen Übungen. „Hallo Herr Jahnke. Danke übrigens, dass Sie in Ihrem Artikel unsere Namen nicht genannt haben und auch Malle und seine Fischteiche nicht vorkamen.“

      „Gern geschehen! Ich würde mich freuen, Dennis, wenn du mir im Gegenzug noch ein paar Infos gibst.“

      „Sie waren aber ja schon bei Linus im Krankenhaus. Mehr als er kann ich wohl auch nicht sagen.“

      Die Jungs sind also gut vernetzt. Mich wundert das bei WhatsApp & Co. nicht besonders.

      „Vielleicht doch. Vor Linus war Ben euer Anführer im Krater, oder? Ben Lohse.“

      „Stimmt. Er war ein cooler Typ, bei allen beliebt. Im letzten Sommer ist er dann plötzlich gestorben. Wir alle waren erschüttert und total fertig deswegen.“

      „Das kann ich mir denken. Er und seine Mutter waren krank geworden. Er hat es nicht geschafft.“

      „Ja. Aber man weiß bis heute nicht, was die beiden hatten.“

      „Auch Ben hat im Krater Munition gefunden und zusammen mit euch dort gespielt, richtig?“

      „Ja. Er hat aber, anders als Linus, immer dafür gesorgt, dass wir die Granaten nicht bewegen, sondern sie sofort Malle melden. Der hat sie dann entschärft und abgeholt.“

      „Also hat auch Ben, außer im Krater, an den Fischteichen gespielt, zusammen mit euch, oder?“

      „Ja. Wir waren vor allem am Wochenende dort und haben Pfadfindertechniken und sowas geübt.“

      „Und ihr habt geangelt.“

      „Ja. Ziemlich oft sogar! Es gab dort Brassen, Forellen, Schleien, Rotaugen und sogar mal einen Hecht.“

      „Und die Fische habt ihr mit nach Hause genommen, zubereitet und gegessen, oder?“

      „Ja. Wir haben damals bei der Sache mit Ben auch an sowas wie eine Fischervergiftung gedacht. Sie haben ihn auch daraufhin untersucht, glaube ich. Aber wieso hat es dann nur Ben und seine Mutter erwischt? Von uns anderen war niemand krank.“

      „Obwohl ihr in denselben Teichen geangelt und die Fische dann verzehrt habt?“

      „Ja. Eine Fischvergiftung kann es nicht gewesen sein.“

      „Und Malik Yilmatz? Hat der damals etwas dazu gesagt?“

      „Malle war genauso betroffen von Bens Tod wie wir alle. Nein, er hat nichts gesagt. Es hat ja auch niemand eine Verbindung zu uns als Clique und den Fischteichen hergestellt.“

      „Dabei könnte es doch eine geben, oder?“

      Dennis dribbelt mit seinem Ball. Er wirkt nervös.

      „Aber welche? Sie meinen, wegen der Munition, die wir gefunden haben? Oder wegen der Fische? Darüber haben auch wir damals schon diskutiert, auch mit Malle. Aber alle anderen waren ja gesund. Nein, da gab es keinen Zusammenhang!“

      Ich spüre, dass Dennis durch meine Fragen verunsichert ist. Es wäre für alle Jugendlichen und vor allem für Malik Yilmatz ja auch schlimm, wenn Bens Tod doch etwas mit ihnen zu tun gehabt hätte. Dafür allerdings gab und gibt es jedoch offenbar keine Hinweise – mal abgesehen davon, dass die Jugendlichen alle in einer Gruppe waren und dieselben zum Teil extrem gefährlichen Hobbies hatten. Ich fürchte, diese Spur ist kalt.

      Trotzdem will ich mir die Fischteiche und den Guru der Jugendlichen mal genauer anschauen – und mit der Mutter Bens will ich auch noch einmal sprechen. Seit der Beerdigung ihres Sohnes habe ich sie nicht mehr gesehen.

      *

      Hannah Lohse ist einverstanden, dass ich sie gegen sieben Uhr zuhause besuche. Sie ist Apothekerin und hat heute um sechs Feierabend. Ich muss zu einem Termin in die Kreisstadt, bin aber zu neugierig, als dass ich bis Morgen warten kann.

      Die Lohses wohnen in einer Siedlung nahe den Supermärkten des Fleckens. Da ich letzten Sommer schon einmal hier war, finde ich das Haus ohne Probleme. Die Adresse hätte ich nicht mehr gewusst. Ich parke an der Straße vor dem flachen Bungalow. Die ins Haus integrierte Doppelgarage steht offen und ist leer. Ich klingle und höre von drinnen eine Art Glockenspiel.

      An die Tür kommt ein kleines Mädchen, blond gelockt. Gleich darauf erscheint eine blonde Frau, die unverkennbar die Mutter des hübschen Mädchens ist.

      „Mia, das ist für mich.“ Mia verschwindet über die Treppe nach oben und Frau Lohse bittet mich ins Wohnzimmer.

      „Entschuldigen Sie, dass ich nichts vorbereitet habe“, sagt die etwa vierzigjährige Apothekerin. Sie trägt eine dunkle Hose und helle Bluse mit einer dezenten Brosche am Kragen. „Ich komme nun gerade von der Arbeit.“

      „Entschuldigen Sie vielmehr, dass ich hier so reinschneie!“

      „Aber Sie sagten, es gehe um eine Recherche. Ich ahne auch schon, um welche.“

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