Pamela, oder die belohnte Tugend. Samuel Richardson
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Ich hoffe, dass der gute Edelmann keine Absichten hegt, wenn er dir so viel Geld gibt und so freundlich zu dir spricht und deine Fortschritte lobt. Und, ach! dieses schlimme Wort!, dass er noch freundlicher zu dir wäre, wenn du dich angemessen verhältst, das erfüllt uns mit fast unerträglicher Furcht.
Ich habe darüber mit der alten Witwe Mumford gesprochen, die, wie du weißt, früher in guten Familien gelebt hat. Ihre Worte gaben uns etwas Trost, denn sie sagte, es sei nichts Ungewöhnliches, dass das Geld einer verstorbenen Herrin, welches sie bei sich hat, ihrer Kammerzofe gegeben würde oder jemandem, der sich um die Kranke gekümmert hat. Warum aber betrachtet er dich mit solcher Freundlichkeit? Warum nimmt er ein so armes Mädchen wie dich bei der Hand, wie er es nach deinen Worten zwei Mal tat? Warum lässt er sich dazu herab, deinen Brief an uns zu lesen, und kommentiert deine Schreibweise und Rechtschreibung? Und warum sollte er dir die Bücher seiner Mutter zum Lesen überlassen? Wahrlich, mein liebes Kind, unsere Herzen sind voller Angst, du aber scheinst voller Freude über seine Güte und eingenommen durch seine freundlichen Worte zu sein (die, in der Tat, eine große Gunst bezeugen, wenn er es gut meint), so dass wir fürchten – ja, mein liebes Kind, fürchten – dass du dich als zu dankbar erweisen und ihn mit jenem Schatz, nämlich deiner Tugend, belohnen wirst, der durch keine Reichtümer oder andere Dinge dieser Welt aufzuwiegen ist.
Mein Brief ist gleichfalls lang geworden, aber eines will ich noch hinzufügen: Inmitten unserer Armut und unseres Missgeschicks haben wir in Gottes Güte vertraut und sind immer rechtschaffen gewesen, und wir zweifeln nicht daran, nach diesem Leben selig zu werden, wenn wir in unserer Rechtschaffenheit fortfahren, auch wenn in diesem Leben unser Los hart ist. Der Verlust der Tugend unseres lieben Kindes aber würde uns einen unerträglichen Kummer verursachen und unsere grauen Haare im Nu zu Grabe bringen.
Wenn du uns also liebst und wenn du nach Gottes Segen verlangst und nach deinem zukünftigen Glück, so fordern wir von dir, auf der Hut zu sein. Bemerkst du den geringsten Versuch, dir deine Tugend zu nehmen, dann lasse alles zurück und komme zu uns; denn wir sehen dich lieber in Lumpen gekleidet oder zu Grabe getragen, als sagen zu müssen, dass eines unserer Kinder die irdischen Annehmlichkeiten über die Tugend gestellt hat.
Wir nehmen dein pflichtschuldiges Geschenk gerne an, können davon aber, solange wir uns um dich sorgen, keinen Gebrauch machen, da wir sonst fürchten, aus der Schande unserer armen Tochter Nutzen zu ziehen. Deshalb haben wir es vorläufig in ein Tuch gewickelt und in das Stroh über dem Fenster gelegt, damit es uns nicht gestohlen wird. Mit unserem Segen und unseren herzlichen Gebeten für dich sind wir
Deine besorgten, aber dich liebenden Eltern
John and Elizabeth Andrews
Brief III
Lieber Vater,
ich bekenne, dass mich Euer Brief sehr beunruhigt, denn er hat mein Herz, das von Dankbarkeit für die Güte meines Herrn überfloss, argwöhnisch und furchtsam gemacht. Und doch hoffe ich, dass ich ihn niemals in einer Weise erleben werde, die seiner unwürdig wäre, denn was könnte er davon haben, ein armes junges Geschöpf wie mich zugrunde zu richten? Am meisten Sorge bereitet mir aber, dass Ihr der Ehrbarkeit eures Kindes zu misstrauen scheint. Nein, mein lieber Vater und meine liebe Mutter, seid versichert, dass ich mit Gottes Gnade niemals etwas tun werde, das Eure grauen Haare jammervoll zu Grabe bringt. Lieber würde ich tausend Tode sterben als in Unehre zu leben, gleich in welcher Weise. Dessen könnt Ihr sicher sein und Euer Herz beruhigen; denn obgleich ich in der Vergangenheit für einige Zeit über meinem Stand lebte, kann ich mich auch mit Lumpen und Armut und Brot und Wasser abfinden und würde sie in Freuden annehmen, statt meinen guten Ruf zu verlieren, gleich wer derjenige sei, der mich versucht. So bewahrt also die Ruhe und habt eine höhere Meinung von Eurer bis zum Tod gehorsamen Tochter.
Eure bis ans Lebensende gehorsame Tochter
Mein Herr ist weiterhin sehr wohlwollend zu mir. Bisher sehe ich keinen Grund, etwas zu befürchten. Mrs. Jervis, die Hausdame, ist zu mir ebenfalls sehr anständig. Alle im Haus sind mir gegenüber voller Liebe. Sie können doch nicht alle etwas im Schilde führen, bei dieser Höflichkeit! Ich hoffe, mich immer so zu verhalten, dass mich jedermann achtet, und dass niemand mir mehr Schmerz zufügt als ich irgendjemand dies antun würde. Unser John geht so häufig in Eure Nähe, dass ich ihn bitten werde, jedes Mal bei Euch vorbeizuschauen, damit Ihr von mir hört, entweder schriftlich (denn so verbessert sich meine Schreibart) oder mündlich.
Brief IV
Liebe Mutter,
weil der letzte Brief eine Antwort an meinen Vater war, will ich nun an Euch schreiben, auch wenn ich nichts zu berichten habe als Dinge, die mich noch mehr als ein eitles Luder erscheinen lassen. Ich hoffe dennoch, niemals so hochmütig zu werden, dass ich mich selbst vergesse. Es bereitet aber ein heimliches Vergnügen, sich von anderen gelobt zu hören. Ihr müsst also wissen, dass Lady Davers, die, wie ich Euch nicht zu sagen brauche, die Schwester meines Herrn ist, einen Monat lang in unserem Haus weilte und mir große Beachtung geschenkt hat und mir den Rat gab, die Gesellschaft anderer zu meiden. Sie sagte mir, ich sei ein schönes Mädchen, und dass alle mein gutes Wesen lobten und mich liebten, und bat mich, von Männern Abstand zu halten, und sagte auch, dass ich dafür noch mehr geehrt sein würde, sogar von diesen selbst.
Was mich aber am meisten freute, ist dieses: Laut Mrs. Jervis sagte die Lady in einem Gespräch mit meinem Herrn, dass ich das schönste Mädchen sei, dass sie in ihrem ganzen Leben gesehen habe, und dass ich zu schön sei, um im Haus eines Junggesellen zu leben. Denn keine Dame, die er einmal heiraten würde, würde mich als Dienstmagd behalten wollen. Er sagte daraufhin, ich hätte enorme Fortschritte gemacht und besäße ein höheres Maß an Klugheit und Einsicht, als es meinen Jahren zukäme, und dass es schade wäre, wenn mir das, was mich auszeichnet, zum Unglück gereiche.
"Nein", sagte die gute Lady, "ich denke, Pamela soll mit mir kommen und bei mir leben."
Er antwortete:
"Von Herzen gern."
Und er wäre erfreut, dass für mich so gut gesorgt sei.
"Gut", sagte sie, "ich werde mich mit meinem Lord darüber beraten."
Sie fragte, wie alt ich sei.
"Seit dem letzten Februar fünfzehn Jahre", sagte Mrs. Jervis.
"Oh! Wenn das Mädchen an sich arbeitet, wird sie es noch viel weiter bringen, körperlich wie geistig."
Nun, meine lieben Eltern, obgleich es eitel erscheinen mag, wenn ich das wiederhole: