Wrong turn. Juryk Barelhaven

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Wrong turn - Juryk Barelhaven 1

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      Max tat genervt. „Himmel, wie oft muss ich das noch hören!? Ständig leiht er sich Geld.“

      Alle drei nickten sich zu. Ja, das war Pjotr.

      Schließlich nickte der Ältere und wies auf den Eingang. „Na, geht schon rein.“

      Eine breite Neonlichtreklame strahlte in kreischend hellen Farben das Wort Lagoony in den Himmel.

      „Passender Name. Werden Sie gleich sehen.“

      Hansen folgte Max über einen schmalen Weg, der zur Haupthalle führte. Schon jetzt fiel es ihnen schwer sich bei dem Lärm zu verstehen. „Infos, Hansen. Die Hälfte des Erfolgs.“

      Die Fabrik war sehr alt. Sie hatte angefangen, alt und überholt zu sein, als die ersten Schiffe den Planeten verließen und war jetzt eine riesige, zugige Halle, die in Aufbau und Aussehen des einfachen Philosophen der Technokraten des neunzehnten Jahrhunderts wiederspiegelten. Auf den gut zehn Meter hohen Pressstanzen hatten sich Schaulustige und Unterhaltungssüchtige versammelt, deren Ränder nur notdürftig mit Paketband abgesperrt waren. Zahllose Discokugel drehten sich synchron und warfen glänzenden Schein an die Wände und an die Gesichter von rund sechshundert Personen, die tanzten, grölten, tranken oder sich prügelten. Je nach Laune. Max atmete tief den Gestank der Dekadenz und des ungezügelten Lotterlebens ein und grinste Hansen zu.

      Vorne auf einer Schwebebühne sorgten Boxen für Lärm, während drei Gitarristen sich anstrengten, der Party den passenden Sound zu liefern. Vor ihnen eine nackte Frau, die ungezügelt mit einem Mikrofon Strophen sang, als hinge ihr Leben davon ab. Was wohl stimmte. Der Menge gefiel es.

      Nach nicht mal zehn Sekunden hatte Max begriffen, worum es den PureSkys in erster Linie ging: Lärm, Sex und reichlich Bier.

      Er setzte sich an die Bar und legte einen Bitcoin hin. Der Wirt, ein Riese mit zwei gelben Augen, die wie Urinlöcher im Schnee anmuteten, reichte zwei Dosen und putzte weiter seine Gläser.

      Max, kahlköpfig, weiß und mit breitem Bizeps wurde schnell akzeptiert. Verhärmte Gesichter maßen ihn mit freundlichen Blick. Ohne zu fragen stellte der Wirt eine zusätzliche Schale Erdnüsse vor ihnen hin.

      Hansen hingegen entsprach nicht ganz dem Credo dieses Vereins. Nach dem dritten Anrempeln von der Seite hatte er genug, und stellte sich den Leuten, die ihn offensichtlich nicht hier haben wollten. Ein lautes Wortgefecht, kurzes Geschrei und ein demonstratives Zeigen seiner Waffe – schon hatte er seine Ruhe. Erstmals.

      Max hatte dafür keinen Blick.

      Neben ihm kam es zum Streit: zwei betrunkene Kerle schlugen und traten auf sich ein und gaben sich Schimpfworte - bis der Erste ein Messer zog.

      Plötzlich ging das Licht aus.

      Murren von allen Seiten, jemand schrie etwas, bis ein Lichtkegel die Bühne aufleuchten ließ. Die Band war verschwunden. Jetzt stand dort eine Frau.

      Es wurde still.

      In einem roten Bademantel bekleidet blickte die dralle Schönheit mit dem feuerrotem Haar zu den Massen und hob das Mikrofon an ihre Lippen. Max runzelte die Stirn und beugte sich vor.

      „Willkommen im Lagoony“, gurrte sie kokett und begann mit der anderen Hand an dem Kabel zu spielen. „Wir möchten kurz innehalten und uns daran erinnern, was unsere Gründerväter mit auf dem Weg gegeben haben. Ich sehe in jedes einzelne Gesicht und erkenne Güte, Stärke und… Reinheit. Auf euch, meine Freunde.“ Sie stolzierte los und von der Seite schoben kräftige Männerhände ein Klavier auf die Bühne, an dem sich schnell ein Pianist setzte. Das Klavier war nicht gestimmt, aber das spielte keine Rolle: die Frau traf jeden Ton perfekt und ihre hohe Falsettstimme sang tönend und voll.

       The snow glows white on the mountain tonight

       Not a footprint to be seen

       A kingdom of isolation

       And it looks like I'm the queen

       The wind is howling like this swirling storm inside

       Couldn't keep it in, heaven knows I've tried

       Don't let them in, don't let them see

       Be the good girl you always have to be

       Conceal, don't feel, don't let them know

       Well, now they know

      Mit allem hatte Max gerechnet – nur nicht damit. Langsam ließ er sein Bier sinken und starrte wie getroffen zu der Frau, die sich schamlos aus einem bekannten Musical bediente. Den anderen Männern und Frauen schienen es ähnlich zu gehen: gaffende Blicke, schmachtend und voller Ehrfurcht, starrten sie alle gebahnt zu der reizenden Schönheit, die sich langsam auszuziehen begann.

      Eine Peepshow.

      Max Snow schluckte schwer und spürte, wie er rot wurde. Vergessen war der Auftrag, die ganze Vorsicht und seine militärische Laufbahn. Jetzt gab es nur sie und ihre Stimme.

      Neben ihm steckte der Kerl sein Messer wieder ein und vergaß anscheinend seinen Kontrahenten, der sich mit einem Ärmel die Nase putzte.

      Mitten im Song verlagerte sich das Stück vier Ganztonschritte höher, und ihr Gesang wechselte ohne Mühe vom Englischen ins Russische, dann ins Japanische und ins Französische. Die Meute seufzte nickend und ergeben. Max konnte es ihnen nicht verdenken. „Hey“, stupste er den Wirt an. „Wer ist das?“

       „Culdoras“, sagte der Riese und zwinkerte ihm kurz zu. „Roxanne. Vergiss es, Alterchen. Die ist für niemanden zu haben.“

      „Machen wir jetzt weiter, oder was!“ herrschte Hansen ungerührt und zog ihn zur Seite. „Was ist jetzt!?“

      „Jaja“, murmelte Max, setzte sich aber wieder. „Keine Eile.“

      Die Fabrik zitterte vor ekstatischem Applaudieren, als Roxanne Culdoras endete. Culdoras, dachte Max versonnen, das bedeutet Hintertür. Wie backdoor. Wenn das kein Zeichen ist…

      Er lächelte entspannt, als die Sängerin gleich mit dem nächsten Lied begann.

      Sie sang von Sternen, die noch in aller Ewigkeit schienen, von Liebenden die sich niemals entfremdeten und von der Sehnsucht, die manch altes Herz ergriff. Max glaubte ihr jedes Wort.

      Es war der Moment, an dem er sich noch später gern erinnerte: selbst die Kriminellen um ihn herum lauschten den Worten der Sirene, die sie alle in den Untergang führen würde. Er begriff aus einzelnen Gesprächsfetzen, dass sie die Menge führte und den Ton angab – sprichwörtlich. In einen Untergang, in den sich auch selbst Captain Max Snow bald wiederfinden würde.

      Als er sich nach dem dritten Lied kurz umdrehte, war Hansen verschwunden.

      Spiro Hansen näherte sich vorsichtig dem Keller der Fabrik, bereit loszuschlagen. Er umrundete geschickt die erste Wache, die sich zu einer Bedienung vorbeugte, um sich ihre Nummer geben zu lassen und tauchte in die Dunkelheit ab. Langsam verzog er sich in die Schatten, passierte einen Kontrollpunkt, indem er vorgab einen Kasten Bier für den Wirt zu suchen und

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