Die Begabten. Juryk Barelhaven

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Die Begabten - Juryk Barelhaven

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und Zweigen hindurchlief. Sie hatte nur den plötzlichen Segen des schmackhaften Essens vor sich – Würstchen, Brot und etwas Butter, das ihren kleinen Bauch füllen würde. Sie merkte es auch nicht, als sie unter dem Eisenkäfig hindurchschritt, dem Käfig, in dem ein grinsendes Etwas hockte und sie aus wachen Augen beobachtete. Sie merkte es auch nicht, dass sie sich zu nahe an dem großen Wagen herangewagt hatte, bis plötzlich etwas Großes gegen die Hintertür krachte und rostiges Eisen quietschte.

      Da merkte sie es.

      Vielleicht hätte sie sich flach auf den Boden werfen und wie eine Schlange davonwinden können. Doch sie war nicht im Mindesten darauf vorbereitet, als die Tür aufflog und der größte Mann, den sie je gesehen hatte, stolpernd und torkelnd ihr entgegenwankte. Mit einem Stöhnen und Keuchen und einem entsetzlichen, heiseren gurgelnden Laut war der Riese bei ihr, an ihr vorbei und ließ die Hose runter.

      Sonia schnürte es die Kehle zu.

      Der gewaltige Mann war groß wie breit, trug eine buntgescheckte Weste und hatte den wohl längsten Bart, den sie je gesehen hatte. Während sie sich eiligst von ihm wegbewegte, floss ein Urinstrahl in die Dunkelheit, während der Riese mit der anderen Hand eine Flasche an den Mund führte. Vergessen war das leckere Essen oder die Aussicht auf Wärme und Behaglichkeit! Das war zu viel für sie! Sie stolperte, wankte und fiel schmerzhaft auf den Boden während der Riese abschüttelte, die Hose zuknöpfte und zu jemanden sprach, den sie nicht sehen konnte. „Du hast unrecht!“, dröhnte die Stimme, die wie ein ungeöltes Scharnier knarrte. „Du bist doch bescheuert, wenn du meinst, dass die Asen an allem schuld sind. Ich sage, dass das die Hexen waren und die Elfen. Oder alle zusammen. Gib nichts auf die Zwerge! Verdammtes Magierpack, das sind sie! Kann doch jeder sehen, das! Verdienen nicht die Luft zum Atmen. Verdammte Brut! Werde mich nicht mit einem Vogel herumschlagen, der nicht mal einen Becher halten kann.“ Er furzte laut und grinste dümmlich.

      Zur Sonias Überraschung tönte es aus der Dunkelheit: „Wenn du mich beleidigen willst…“

      Der betrunkene Tölpel schlug gegen den Eisenkäfig und etwas zappelte darin aufgebracht, was Sonia nicht in den richtigen Kontext brachte. Mit wem unterhielt sich der Riese? Wankend wandte sich der riesige Mann ihr zu aber schien sie nicht zu bemerken, sondern griff nach eine der Flaschen, entkorkte sie mit den Zähnen und sog die Flüssigkeit gierig in sich hinein.

      Und wieder die Stimme aus dem Dunkel. „Langsam, Großer. Nach vier Flaschen wirst du schläfrig. Schon vergessen?“

      Der Riese torkelte umher und geriet immer mehr in Raserei, während er versuchte die richtigen Worte in seinen Sätzen zu formulieren. Dabei trat er zweimal beinahe auf Sonia, die mit anhaltendem Atem versuchte nicht zertreten zu werden. „Du Scheißvogel bist nur am Reden“, ächzte der Kerl und eine üble Fahne strich Sonia entgegen, als er an ihr vorbeiwankte. Jetzt war der ganze Wald sein Publikum und der würde keine Widerworte geben. „Morgens, mittags und abends. Wenn ich mal etwas sagen will, dann redest du nur und verbesserst mich. Schau Lukas, da fehlt ein Komma! Schau Lukas, eine Bachstelze! Kennst du den Unterschied zwischen einer Bachstelze und einem Habicht? Was ist der Unterschied zwischen einem Sekretär und einer Krähe? Ich sage dir, was der Unterschied ist: der eine ist aus Holz und der andere bald tot. Das ist der Unterschied. Ich pisse auf deine Weisheiten, du undankbarer Vogel.“ Er rülpste, holte aus und schlug mit Wucht gegen einen ausgetrockneten Baum, dass die Äste anfingen zu wackeln. Er schnappte sich noch eine Flasche, entkorkte sie und wandte sich um… und verharrte.

      Glotzte unsicher Sonia an, die sich versuchte noch kleiner zu machen. Alles in ihr drängte sie darauf, fortzulaufen, ihr Heil in der Flucht zu suchen. Doch diesmal kam ihr der Mann zuvor, indem er folgendes sagte: „Heh, du bist voll hässlich, Kind.“

      Sprach es, verdrehte die Augen und fiel rücklings um.

      Die Erde erbebte, und kurze Zeit später hörte sie ihn schnarchen als würden Männer aus Mooswald ein Wäldchen mit ihren Sägen abholzen.

      „Ich glaube, der steht nicht mehr auf“, sagte jemand leise und mit einem Glucksen.

      Sonia blickte aus großen Augen auf den umgefallenen Mann und verharrte neben einer Kiste. Alkohol brachte Leute dazu, ungehobelte Barbaren zu werden. Das hatte sie schon oft gesehen. Zittrig und etwas außer Atem richtete sie sich auf und trat langsam näher heran. Dort lag der Mann: mit dümmlichen Grinsen im Gesicht schien er tief zu schlafen. Sonia hatte nicht vor ihn aufzuwecken.

      Und wieder die Stimme: „Du kannst jetzt sein Essen haben, aber zuvor wäre ich dir unendlich dankbar, wenn du mich aus dem Käfig befreien würdest. Würdest du das tun?“

      Sonia traute ihren Augen kaum. Da war nichts. Nichts neben dem Wagen, nichts im Wald und nichts neben ihr…

      „Im Käfig.“

      Langsam hob sie den Blick. Es war ein kleiner Käfig. Hockte dort etwa ein Gnom? Nein, es war eine Krähe. Eine schwerfällige Krähe mit dichtem Gefieder und langem Schnabel. Kluge schwarze Knopfaugen blickten ihr entgegen, als sie mit offenem Mund entgegentrat. „Du darfst jetzt nicht schreien…“

      Sonia schrie und sprang zurück.

      Die Krähe legte den Kopf zur Seite. Sie öffnete nicht den Schnabel beim Sprechen. Die Stimme kam woanders her. „Und du schreist doch. Hör mal, wir können das alles abkürzen und zum Wesentlichen kommen. Ich bin ein verzauberter Mensch. Zufrieden? Kein Dämon. Kein Geist.“

      „Teufelswerk“, hauchte Sonia fassungslos und bekreuzigte sich, wie es ihr mal ein Templer gezeigt hatte. „Ich beschwöre dich, Geist, fahre zurück in deine Sphäre…“

      „Würde ich ja gerne. Würdest du mir den Käfig aufmachen?“

      „Ich helfe keinem Dämonen.“

      „Ich bin kein Dämon. Pass auf“, sie räusperte sich kurz und putzte sich das Gefieder. „wir machen das so: du scheinst Hunger zu haben. Mein Freund Lukas steht heute nicht mehr auf. Warum isst du nichts von seinem Essen? Er ist eh zu fett und jetzt viel zu betrunken. Während du isst, erzähle ich dir eine Geschichte. Mit vollem Bauch kannst du dann immer noch entscheiden, ob du mich freilässt.“

      „Eine Geschichte“, krächzte das Mädchen leise und starrte zu den Würstchen in der Pfanne, die einen betörenden Duft verströmten. Der Magen knurrte zur Antwort.

      Langsam hielt sie es nicht mehr aus, schnappte sich Brot, Butter und Messer und machte sich daran, zu essen. Die Würstchen waren von erlesener Qualität, das Brot frisch und die geröstete Schicht rauchig und lecker. Sie mampfte, schluckte und nahm sich kaum Zeit zu kauen.

      Ein Hochgefühl.

      Die Krähe starrte zufrieden zu ihr herunter. „Versuch die Würstchen. Von einem Händler aus Mooswald. Der Schlachter garantierte uns, dass das Fleisch so frisch sei, dass man das Entsetzen des Schweins noch schmecken kann.“

      Sonia runzelte die Stirn und starrte zu ihm herüber. „Das ist eklig. Das arme Tier.“

      „Ich rede gerne. Du musst entschuldigen.“ Die Krähe schien die Schultern zucken zu wollen, was aber anhand der fehlenden Anatomie schwerfiel. Sonia schnappte sich eines der Würstchen und hätte sich fast verbrannt. Das heiße Öl brannte in ihrer Kehle, aber der Geschmack war unbeschreiblich. „Da ist ein Krug mit Wasser“, hörte sie sie sagen. „Lass dir Zeit. Wir haben viel Geld verdient. Die Leute bezahlen viel für Kamile, die sprechende Krähe und Lukas, den stärksten Riesen. Aber ich fürchte, unsere Partnerschaft endet wegen verschiedener Differenzen. Anfangs hatten wir viel Spaß… jetzt gehen wir uns nur noch auf die Nerven.“

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