Der letzte Tag. Walther Nithack-Stahn

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der letzte Tag - Walther Nithack-Stahn страница 4

Автор:
Серия:
Издательство:
Der letzte Tag - Walther Nithack-Stahn

Скачать книгу

style="font-size:15px;">      »Jeder an seinen Posten! – Kommandant, lassen Sie meine Worte dem ganzen Geschwader funken!« –

      Auf die Brücke gelehnt, steht der Admiral mit seiner Umgebung. Der Fußboden schüttert unter dem tiefen Summen der überheizten Maschinen. Immer deutlicher heben sich die Umrisse der feindlichen Schiffe über den Gesichtskreis. Die Offiziere stehen ernst und stumm. Ein seltsames Zwielicht gleißt auf den Schaumkämmen der anstürmenden Wasserhügel. Der Admiral scherzt: »Es gibt da eine niedliche Kasernenhofblüte. Am Tage einer Sonnenfinsternis ist Appell. Und der Feldwebel hebt an: ›Auf Befehl des Herrn Hauptmanns findet heute eine Sonnenfinsternis statt ... ‹ Hahaha, sehen Sie, meine Herren, das nenne ich soldatischen Standpunkt. Wir machen die ganze Geschichte, im Himmel und auf Erden.«

      Niemand lacht. Wie gefroren sind alle Gesichter.

      »Nein, im Ernst. Der Schiller sagt einmal: Wenn damals, als Kolumbus nach Westen steuerte, die Neue Welt noch nicht dagewesen wäre, sie hätte emportauchen müssen. Mit dem Mutigen steht die Natur in ewigem Bunde ... Was, Kuckuck! Wollen uns diese Sternfexe gruseln machen? Früher taten sie es mit den Kometen, und fielen allemal hinein.«

      Er hat das Fernglas wieder gehoben; dann wendet er sich. »Es ist Zeit. Lassen Sie feuern! Breitseite! Das ganze Geschwader!« –

      Der Diensthabende eilt hinunter. –

      Tiefe Stille. Minuten vergehen.

      Der Admiral wird ungeduldig. »Was wird denn?«

      Endlich dröhnt es – einmal, drei-, viermal.

      Durchs Fernglas sieht man in weiter Ferne die Wassersäulen der Aufschläge.

      »Viel zu kurz. Besser abschätzen ... Zum Donnerwetter, warum schießen die Kerls nicht? Kommandant!«

      »Herr Admiral –«

      »Ich frage Sie, warum die Leute nicht schießen?«

      »Ich weiß nicht, Herr Admiral. Ich werde sofort feststellen ...«

      Offiziere eilen davon. Fernsprecher rufen nach allen Teilen des Schiffes.

      »Wie war denn das? Wo bleiben die Geschütze der anderen da hinten?«

      »Sie haben keinen Schuß gelöst, Herr Admiral.«

      »Ja, haben die nicht gehört ...?«

      »Der Befehl ist erteilt.«

      Ein Offizier atemlos von unten: »Herr Admiral, die Leute weigern sich zu schießen.«

      »Wa–s?!« Mit beiden Fäusten umklammert der Admiral die Eisenstangen der Brücke. »Sind die Leute verrückt geworden?!«

      »Sie sagen, sie wollten nach Hause. Die Welt ginge unter.«

      Ein heiseres Auflachen, der Admiral nestelt an dem Lederverschluß seiner Gürtelpistole. »Das werden wir sehen!« Er ist im Begriff, die Treppe hinunterzuspringen ... Plötzlich wird es auf Deck lebendig. Von allen Seiten stürmt ein dunkles Gewimmel heran: Matrosen, Kanoniere, schwarzrußige Kohlenschipper, Heizer, halbnackt mit triefenden Stirnen – durcheinander schreiend: »Herr Admiral! Nach Hause! Frieden! Die Sonne! Die Erde! Nach Hause!«

      Wachsgelben Gesichts steht der Admiral, er hat die Pistole frei: »Meuterer! Ich schieße euch nieder! Offiziere!«

      Die stehen regungslos. Eine Riesenwelle schlägt an Bord, prasselnde Sturzsee, niemand achtet darauf.

      »Herr Admiral – sehen Sie dort! Der Feind hißt die weiße Flagge!«

      Unglaubliches geschieht. Aus der feindlichen Linie hat sich ein Schiff gelöst und strebt mit hoher Fahrt heran. Am Großmast flattert es weiß, einer Taube ähnlich. Wie ein gespenstisches Traumbild am hellen Tage wächst es mit unheimlicher Schnelle vor den sprachlos Zuschauenden in den Himmel hinauf. Jetzt scheint es zu stoppen, am Bug Flaggensignale. Langsam entziffert man: »Angesichts naher Weltkatastrophe stellen wir unsrerseits Feindseligkeiten ein.«

      Einige Augenblicke wortlose Stille. Dann auf der Brücke die schneidende Stimme des Admirals: »Was? Sind hier lauter schwimmende Tollhäuser?! Gut, also nehmen wir die ganze Bande gefangen. Winkt das hinüber!«

      Der Kommandant, die Hand an der Mütze: »Das wird nicht gehen, Herr Admiral.«

      »Nicht gehen – wieso?«

      »Wollen Herr Admiral rückwärts blicken.«

      Neues sprachloses Erstaunen. Ein Schiff des Geschwaders nach dem anderen schert aus der Linie und wendet die Fahrt.

      »Kommandant ...! Was ist das?«

      Der Diensthabende drängt sich durch das Getümmel und ruft hinauf:

      »Funksprüche von Linienschiffen und Kreuzern des Inhalts: Befehlshaber abgesetzt, unter neuem Kommando Heimfahrt beschlossen!«

      Brausender Jubel auf Deck, Mützenschwenken.

      Der Admiral umklammert die Pistole, sein Blick irrt von einem Offizier zum anderen: »Was sagen Sie?«

      Nach kurzer Pause der Kommandant: »Herr Admiral, weichen wir der höheren Gewalt.«

      »Welcher Gewalt?«

      Der Kapitän deutet stumm nach oben. Aller Blicke wenden sich zur Mittagssonne hinauf, die blendend im reinen Blau steht, dicht neben ihr, weißlich grell, der Doppelgänger.

      »Wahnsinn!«

      Die Offiziere springen von allen Seiten auf den Admiral zu, der die Pistole an die Schläfe gesetzt hat, man biegt dem keuchend Ringenden den Arm herunter. Da stürmt schon jemand, einen neuen Meldezettel schwenkend, herauf. Weil niemand ihn entgegennimmt, liest er laut: »Befehl der Regierung: Da Küstenverteidigung den Dienst versagt, Seeschlacht abbrechen. Sofortige Heimkehr.«

      Die Pistole klirrt zu Boden.

      »Kommandant, übernehmen Sie den Befehl – ich gebe keinen mehr.« –

      Kaum eine Minute, so ist das Deck leer.

      In rasender Fahrt entfernen sich die beiden Flotten voneinander. So fieberhaft haben Maschinisten und Heizer noch nie gearbeitet. Das Führerschiff jagt mit dumpfklopfenden Pulsen hinter den flüchtigen andern. Im übrigen gibt es keinen Dienst mehr. In Gruppen stehen die Mannschaften in Gängen und Winkeln umher, ratlos, die Hirne von einem Gedanken zerhämmert: Nach Hause! Reicht noch die Zeit? Die Welt geht unter!

       * * *

      II

      Nun haben es die gedankenschnellen, lautlosen Ätherwellen über alle Erdteile getragen. In allen Sprachen ist es Wort und Klang geworden. Die Drucker haben es mit zitternden Fingern gesetzt, Blatt auf Blatt fliegt aus den Maschinen. Mit Windeseile springt es von Mund zu Mund. Jetzt reden davon die dunkelhäutigen Söhne der Wüste im Schatten der Pyramiden, jetzt leuchtet es auf in schwarzen, großen Augen unter den Palmen Indiens und den Schneeketten des Himalaja. Jetzt ruft es an eisigen Küsten des Nordens ein Matrose den aufhorchenden

Скачать книгу