POLARLICHTER. Manfred G. Valtu
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Das deckte gerade die Ladenmiete.
Er spielte schon geraume Zeit mit dem Gedanken, das Geschäft abzustoßen. Er würde in seinen erlernten Beruf des Fotografen zurück kehren. Weniger als hier würde er nicht verdienen, in keinem Falle würde es ein Zuschussgeschäft sein.
Ein besonderer Dorn im Auge war ihm dieser unverkäufliche Toyota PickUp. Der stand schon über anderthalb Jahre auf seinem Hof. Den Bauern war er zu schmal und die Ladefläche zu kurz, den Abenteurern war er für das Durchqueren von Flussbetten und was die sich sonst so vorstellten zu breit und nicht wendig genug.
Und genau um dieses vermaledeite Gefährt, von dem er sich schon geschworen hatte, es zu verschenken, schlich – er traute seinen Augen kaum – ein Mann in der typischen Kleidung eines Outdoorers herum.
Wahlström schwang sich aus seinem Bürosessel. Er zwang sich, nicht zu eilig auf den potentiellen Interessenten zu zu gehen und stellte sich kommentarlos neben ihn.
„Der Preis da ist wohl nicht ernst gemeint, oder?“, sprach ihn der Typ in englischer Sprache an.
„Ich finde ihn auch zu niedrig“, witzelte Wahlström.
„Ich bin nicht zu Scherzen aufgelegt. Außerdem müsste ich die Karre erst auf Herz und Nieren testen. Ich will ein Stück nach Norden hoch und am Montag zurück sein. Ginge das?“
Wahlström wog das Risiko ab. Er fasste einen Entschluss.
„Klar geht das. Wenn du eine Sicherheit hinterlegst von – sagen wir – 15.000 Kronen, kannst du das Teil zwei Tage fahren. Für Schäden musst du natürlich aufkommen. Er ist übrigens vollgetankt! Und über den Preis sprechen wir, wenn du zurück bist. Komm' ins Büro.“
Der Interessent hatte sich entschlossen, das Risiko einzugehen, den PickUp unter seinem richtigen Namen zu mieten. Er händigte dem Verkäufer seinen Ausweis und Führerschein aus.
„Falk Schröder“, las Wahlström laut. „Kommst aus Deutschland? War ich mal vor langer Zeit. Bin über Hamburg nicht hinaus gekommen. Ist aber eine schöne Stadt. Und du, wo kommst du her? Ach, hier steht's ja: Wiesbaden. Sagt mir nix. Aber ist ja auch egal.“
Falk, dem der Verkäufer langsam auf die Nerven ging, trommelte ungeduldig mit den Fingern auf dem Tisch.
Wahlström bemerkte die Ungeduld. „Bloß nicht verärgern“, dachte er und beeilte sich, den Leihvertrag auszufüllen.
Falk unterschrieb das Papier und blätterte 15.000 norwegische Kronen in bar auf den Tisch. Er erhielt seine Dokumente und den Autoschlüssel ausgehändigt und erhob sich.
„Nimm dir einen Kaffee. Ich muss noch die Kennzeichen anbringen und zwei Autos wegfahren, sonst kommst du nicht raus.“
Falk setzte sich wieder und wartete. Endlich kam der Verkäufer zurück.
„Alles klar, du kannst jetzt direkt zur Ausfahrt, der Weg ist frei. Gute Fahrt und bis Montag.“ Falk nickte, schüttelte dem Mann die Hand und verließ den Laden. Am PickUp angelangt tat er so, als vergewissere er sich, dass die Kennzeichen richtig befestigt wären. Dann bestieg er den Fahrersitz, ruckelte ihn zurecht, startete und fuhr vom Gelände.
Wahlström rieb sich die Hände. Entweder es würde mit dem Verkauf klappen – das wäre ein Fest. Oder der Typ würde mit dem Ladenhüter auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Das wäre fast noch besser. Denn er wäre diese Karre los und immerhin um 15.000 Kronen und die Versicherungsleistung für ein gestohlenes Fahrzeug reicher.
„Win-Win“, murmelte er und beschloss, das Haus zu schließen und ins Wochenende zu gehen.
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K A P I T E L 2
Auch der Jimny kam nicht mehr weiter. Zwar war das alte Gletscher-Flussbett seit vielen Jahren ausgetrocknet. Doch sowohl das lose Geröll als auch die selbst für dieses schmale Geländefahrzeug an einigen Stellen zu engen Passagen verhinderten eine Weiterfahrt.
So blieb Politibetjent3 Magnus Lunde keine Wahl. Fluchend machte er sich zu Fuss auf den beschwerlichen Weg. Nicht nur, dass er auf dem Geröll kaum Halt fand. Es ging auch noch recht steil bergauf.
„Das vertreibt wenigstens den Kater“ murmelte er schnaufend vor sich hin.
Völlig außer Atem und verschwitzt erreichte er schließlich den Fuß des Briksdal-Gletschers. Um sich kurz zu erholen blieb er an dem Schild, das wegen Steinschlaggefahr vor dem Weitergehen warnte, stehen und genoß dabei den Anblick, den der Gletscher im beginnenden Sonnenlicht bot. Er hatte, nachdem er befördert und in den Bezirk Olden versetzt worden war, erst ein Mal kurz Gelegenheit gehabt, den Gletscher zu besuchen. Jahr für Jahr schmolz er und der Fuß zog sich Meter um Meter zurück.
„Aber es gibt ja keinen Klimawandel, sagen diese Idioten von der rechten Partei“, dachte er bitter. Und dabei war es, wie er gehört hatte, nicht das erste Mal, dass das zurückgehende „ewige Eis“ (von wegen ewig) eine Leiche frei gegeben hatte.
Politibetjent1 Mathisen kam ihm entgegen. „Du siehst ja fürchterlich aus. War wohl doch etwas zu feucht gestern, oder?“
Wenn Lunde etwas auf die Palme brachte, war es diese jugendliche Schnöseligkeit von Mitarbeitern, die den Alkohol und das lange Aufbleiben besser vertrugen als er. Aber er schluckte die seiner Meinung nach passende Antwort hinunter und beschloss, den Kollegen einfach zu ignorieren. Deshalb ging er, ohne Mathisen anzusehen und ohne ein Wort zu sagen, an diesem vorbei und stapfte auf den Ort zu, an dem drei in weiße Schutzanzüge gezwängte Frauen standen.
„Nun, was haben wir?“, fragte er in die Runde.
Alena Myhre, die Leiterin der Gerichtsmedizin, wandte sich ihm zu und erklärte, dass es sich um eine etwa fünfzig Jahre alte Frau handele, deren gut erhaltener äußerer Zustand vielleicht langer Lagerung unter Eis geschuldet sei. Es sei aber wahrscheinlicher, dass sie erst vor sehr kurzer Zeit hier abgelegt wurde und man nur den Eindruck einer Gletschertoten hervorrufen wollte. Die punktuellen Einblutungen in den Augen und die Druckstellen am Hals sprächen dafür, dass sie keines natürlichen Todes gestorben, sondern erstickt worden sei. Die Verletzung des Schädels im hinteren Bereich sei wahrscheinlich beim Transport in die Gletscherspalte postmortal entstanden. Sie trat zur Seite und Lunde konnte einen Blick auf die Tote werfen.
„Ein Jammer“, ließ sich Mathisen ungefragt vernehmen. „So eine schöne Frau, und jetzt ist sie tot.“
Lunde wollte scharf erwidern. Aber tatsächlich ertappte auch er sich dabei, im Hinblick auf die außergewöhnliche Schönheit der Frau ein erhöhtes Bedauern zu empfinden. „Was ist das bloß, das uns Menschen – und wohl insbesondere uns Männer – den Tod einer schönen Frau mehr bedauern lässt, als wenn es eine unscheinbare oder gar hässliche wäre?“, fragte er sich. So ließ er die Äußerung seines Kollegen unkommentiert.
„Irgendwelche Papiere?“
„Nein, aber der oder die Täter haben die Frau offenbar nicht gründlich genug gefilzt. Der linke Ohrstecker