POLARLICHTER. Manfred G. Valtu
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Seufzend ging er zum Kleiderschrank und zog sich um.
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K A P I T E L 4
Erst seit zwei Wochen war KKzA Röhling autorisiert, Auslandsanfragen zu Personalangelegenheiten des BKA entgegen zu nehmen und die damit verbundenen Entscheidungen vorzubereiten. Jede Anfrage, die nicht auf dem vorgesehenen diplomatischen Weg, nämlich über das Innen- oder Außenministerium erfolgte, war unverzüglich dem Leiter der Auslandsabteilung vorzulegen.
Dementsprechend hatte Röhling die direkte Onlineanfrage der Polizei aus dem norwegischen Olden mit einem Vermerk versehen, beide Schriftstücke ausgedruckt und in einen Ordner mit dem Aufdruck „informelle Anfragen“ eingelegt. Anschließend hatte er das Vorzimmer des Leiters SO angerufen, kurz die Dringlichkeit geschildert und um einen nahen Termin gebeten. Zu seinem Erstaunen sollte er in fünfzehn Minuten erscheinen.
Röhlings Puls ging etwas schneller als üblich. Zwar war er bei der Aufnahme in die Dienststelle auch dem Leiter SO vorgestellt worden. Dieser hatte ihn beim Handschlag kurz fixiert und sich gleich anschließend entfernt. Seither hatte er nur mit seinem Ausbilder und den Kollegen dieser Ebene Kontakt gehabt. Er nahm den Ordner und ging den Flur entlang zum Waschraum. Nachdem er sich erleichtert und Hände und Gesicht mit kaltem Wasser gewaschen beziehungsweise gekühlt hatte, atmete er tief durch und begab sich anschließend zum Fahrstuhl.
Die Tür zum Vorzimmer des Leiters SO stand offen. Frau Peters musterte den Besucher nur kurz. Dennoch fühlte sich Röhling unter ihrem Blick, als könnte sie in sein Innerstes sehen.
„Gehen Sie gleich rein“, sagte sie mit einer weichen Stimme, aber betont energisch. Röhling klopfte kurz an und öffnete die Tür, ohne eine Reaktion abzuwarten.
EKHK Wolfgang Singer erhob sich von seinem Chefsessel und begrüßte Röhling mit einem leichten Kopfnicken.
„Nehmen Sie Platz. Was haben wir?“
Röhling reichte den Ordner rüber, wartete, bis Singer, der dem Ordner zunächst keine Beachtung schenkte, Platz genommen hatte und setzte sich sodann auf den vor dem Schreibtisch stehenden Stuhl.
„Eine informelle Anfrage eines Kollegen aus dem norwegischen Olden zur Identität einer dort aufgefundenen weiblichen Leiche.“
„Informell, so so. Und was haben wir damit zu tun?“
„Wenn die Übersetzung stimmt, so hatte die Frau in einem Ohrstecker einen unserer Aufzeichnungschips. Die IT-Abteilung der Kollegen dort ist bis zur letzten Barriere vorgedrungen und hat das Logo unseres Hauses und eine Nummer gefunden. Weiter kamen sie nicht.“
„Haben uns also gehackt. Aber immerhin sind sie ehrlich. Haben Sie schon geprüft, was es mit der Nummer auf sich hat?“
„Dazu habe ich noch nicht die Befugnis.“
„Ach so, ja, Sie sind ja erst etwa zwei Wochen bei uns, nicht wahr? Dann lassen Sie mal sehen.“
Singer schlug den Ordner auf und las den Wortlaut der Anfrage. Die vierstellige Nummer las er zweimal. „Verdammt“, entfuhr es ihm. „Stimmt die Nummer, kein Übertragungsfehler möglich, Zahlendreher oder so?“
„Nein“, antwortete Röhling. „Wenn Sie das Blatt wenden, sehen Sie einen Ausdruck der Onlineseite des Aufzeichnungsgeräts. Die 7301 ist deutlich zu erkennen.“
Singer stand auf und ging hinüber zu der kleinen Sitzgruppe. Er nahm sich von dem daneben stehenden Tablett ein Glas und goss sich aus einer Glaskaraffe eine gelbliche Flüssigkeit ein.
„Möchten Sie auch einen kleinen Whisky?“, fragte er. Röhling verneinte, bat jedoch um ein Glas Wasser. Singer gab es ihm und ging zum Fenster. Gedankenverloren sah er hinaus.
„Wieso berührt es uns viel mehr, wenn e i n Mensch stirbt, den man kannte, als das Sterben Hunderttausender in Kriegen, Hungersnöten oder Pandemien? Immer ist der Tod dasselbe finale Ereignis, und doch wird der Tod e i n e s Menschen als schlimmer empfunden.“
Röhling hatte nicht den Eindruck, dass sein Chef von ihm darauf eine Antwort erwartete. Es war wohl mehr ein Selbstgespräch. So nahm er schweigend einen Schluck. Singer trank ebenfalls aus seinem Glas, drehte sich um und stellte es mit einem Ruck auf seinen Schreibtisch. Nachdem er Platz genommen hatte, fixierte er sein Gegenüber, atmete tief ein und begann zu sprechen:
„Sie sind sicherlich verwundert über meine unprofessionell emotionale Reaktion.“
Röhling setzte zu einer Erwiderung an, aber ein Handzeichen stoppte ihn. „Als ich noch im Außendienst war, habe ich oft mit Agentin 7301 zusammen gearbeitet. In unseren gemeinsamen Einsätzen habe ich sie und ihre hundertprozentige Zuverlässigkeit und Professionalität zu schätzen gelernt.“
Er machte ein Pause und leerte das Glas.
„Sollte es sich bei der aufgefundenen Frauenleiche tatsächlich um unsere Kollegin handeln, so ist eine Sache, in der sie im Norden eingesetzt war, offenbar größer als wir angenommen haben. Haben die norwegischen Kollegen denn ein Foto mitgeschickt?“
„Nein, Sir. Ich hätte es selbstverständlich mit in die Akte gelegt. Wir haben nur die Beschreibung 'Etwa 50 Jahre alt gewordene weibliche Leiche, etwa 163 cm groß und 65 Kilo schwer' und die Beschreibung ihrer Kleidung.“
Singer, der sich etwas erstaunt über die von Röhling gebrauchte Anrede zeigte, meinte: „Wenn die sich hinsichtlich ihrer Größe nicht verschätzt oder vermessen haben, ist es nicht Agentin 7301. Sie ist fast einen Meter fünfundsiebzig groß.“
„Aber wieso sollte die Frau die Wanze der Agentin haben?“
„Es hat keinen Zweck zu spekulieren. Wir werden auf die Anfrage zunächst dahingehend reagieren, dass wir um ein Foto der Frau bitten und uns weitere Auskünfte vorbehalten.“
„Soll das Ministerium unterrichtet werden?“, fragte Röhling.
Singer war einerseits leicht amüsiert über das Engagement und den Ehrgeiz des jungen Kollegen, andererseits musste ihm natürlich sein noch untergeordneter Bereich innerhalb der Aufgabenverteilung klargemacht werden. Mit strengem Blick sagte er daher: „Das werde ich mit Ihrem direkten Dienstvorgesetzten erörtern. Derartige Fragen und Entscheidungen liegen nicht in ihrem Aufgabenbereich. Und im Übrigen glaube ich nicht, dass wir hier anglistische Anreden einführen sollten, schon gar nicht in Anbetracht des Ausstiegs der Briten aus der Europäischen Gemeinschaft.“
Das war deutlich. Röhling schluckte kurz, murmelte etwas von „Das sei wohl seinen Auslandssemestern in Cambridge geschuldet“ und wusste nicht so recht, was er jetzt machen sollte.
„Das wäre im Augenblick alles“, beendete Singer die Unterredung, woraufhin Röhling aufstand, sich kurz verneigte und das Zimmer verließ.
„Na, Sie sind ja noch im ganzen Stück rausgekommen“, hörte er die Vorzimmerdame sagen. „Offenbar kann er Sie gut leiden. Dann werden wir uns sicher bald wiedersehen.“
Röhling schaute sie erst ungläubig an, sah dann aber ein offenes warmherziges Lächeln, lächelte