POLARLICHTER. Manfred G. Valtu
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„Haltande spöke“ hatten sie ihm wegen seines leichten Hinkens und seiner gespensterartigen Blässe hinterher gerufen. Sogar seine Eltern hatten diese Worte ab und zu gewählt, wenn sie sich über ihn geärgert hatten.
Vor diesem Hintergrund ohne Freunde, ja ohne jegliche soziale Kontakte, zog er sich ganz auf sich und seine Studien der Natur zurück. Nach dem Abitur studierte er mit hundertprozentigem Einsatz und wurde auf seinem Gebiet zu einem international angesehenen Spezialisten. So versuchten die unterschiedlichsten Organisationen, sich seiner Mitarbeit zu versichern. Doch er wollte eigentlich in Schweden, in seinem geliebten Uppsala bleiben.
Leider sah sich die Universität der Stadt außer Stande, ihm ein angemessenes Salär zu bezahlen. So war er dem Ruf der Universität von Oslo gefolgt, obwohl das die Trennung von der einzigen Frau, die ihm bis dahin etwas bedeutete, mit sich brachte. Nicht etwa, dass er es gewagt hätte, an eine Liebesbeziehung mit der scheuen Åsa Krusenstiern zu denken. Aber sie stimmten in vielen Dingen überein und sie war in seinem Single-Dasein der einzige Bezugspunkt gewesen. Immerhin waren sie über E-Mails und Postkarten sowie gelegentliche Telefonate in Kontakt geblieben.
Das hatte sich geändert. Zunächst nahmen an dem Forschungsauftrag zur Frage der globalen Ernährungssicherung noch drei Kollegen mit ihren jeweiligen Fachrichtungen neben seiner eigenen teil.
Einer der Kollegen brachte eines Tages eine Assistentin mit. Eine wunderschöne, attraktive Frau, die dem Leiter des Projekts Sorgenfalten auf die Stirn trieb, da er um die Konzentration der rein männlichen Mitglieder des Forschungsteams auf ihre Aufgaben fürchtete. Zu recht, wie sich herausstellte. Es begann ein regelrechter Hahnenkampf um die Gunst der Dame, an dem er sich, obwohl auch ihm ihre Reize durchaus bewusst waren, nicht beteiligte. Doch er ertappte sich hin und wieder dabei, dass er sie verstohlen beobachtete und dabei die Arbeit vernachlässigte. Und es geschah zunehmend, dass sie immer öfter zurückblickte und dabei – wie es ihm schien – aufmunternd zulächelte.
Das konnte so nicht weitergehen. Er wollte sich durch nichts von seinem Forschungsvorhaben ablenken lassen. Wie ein Wink des Schicksals geriet ihm eine Stellenausschreibung in die Finger. Für die wissenschaftliche Begleitung, Untersuchung, Zusammenstellung, Fortentwicklung und Katalogisierung der Saatgüter im Saatgut-Tresor auf Spitzbergen wurde ein Fachmann gesucht. „So eine Art Kurator wie im Museum“ hatte eines der Gremiumsmitglieder sehr unwissenschaftlich gemeint.
Zwar wurde dort keine Grundlagenforschung betrieben und er hatte sich sein Leben anders, als in einer kalten Einöde zu leben und zu arbeiten vorgestellt. Jedoch war es eine seiner Ausbildung adäquate und viel besser als an der Uni Oslo vergütete Stellung – und er kam von der ihn seelisch ziemlich aus der Bahn werfenden Nähe zu Gisa Malmström weg.
Nach seinem Umzug und ein paar Wochen der Einarbeitung musste er feststellen, dass er zum überwiegenden Teil Büroarbeit zu leisten hatte.
Das lag ihm überhaupt nicht. Und sie hielt ihn von dem ab, was er sich nach dem Inhalt der Stellenausschreibung vorgestellt hatte: Vom Forschen und Weiterentwickeln der Saatgüter.
Entgegen seiner Befürchtung wurde seinem Wunsch, ihm einen Sekretär oder eine Sekretärin für die Büroarbeit zur Verfügung zu stellen, widerspruchslos stattgegeben. Nach vier Wochen Ausschreibung hatte man eine geeignete Kollegin gefunden.
Und als er eines Morgens das Gebäude, in dem sein Büro lag, betrat, saß im Vorzimmer seine neue Sekretärin: Gisa Malmström.
Eines Tages, als sie allein im Labor waren, fragte sie ihn, ob sie den Aspekt der biologischen Diversifikation genmanipulierter Sojakeime nicht bei einem kleinen Imbiss besprechen könnten. Obwohl er über diese völlig unwissenschaftliche Aneinanderreihung von Begriffen innerlich hatte grinsen müssen, überwand er seine extreme antrainierte Zurückhaltung und willigte ein.
„Verflucht sei dieser Tag“, dachte er laut, um sich gleich erschrocken umzusehen. Aber er war allein.
Er hatte es kaum glauben können, aber in den Folgetagen wurde es ihm zur Gewissheit: Sie hatte sich in ihn verliebt – und er erwiderte dieses Gefühl. Er und Gisa wurden ein Paar und nach nur vier Monaten heirateten sie.
Schon in den nur eine Woche dauernden „Flitterwochen“ begann sie, an ihm herum zu mäkeln. „Du lässt dich ausnutzen, du könntest viel mehr verdienen, ich will doch nicht in diesem Kaff versauern, ich will in die Hauptstadt, ins Theater, ins Konzert, Tanzen gehen ...“, eine endlose Litanei. Seine Einwände, er müsse das aufgelegte Programm zu Ende führen, tat sie ab.
Und bald wurde das Geld knapp. Völlig unsinnige Bestellungen von Luxuskleidung, Schmuck und luxuriösen Einrichtungsgegenständen sowie ihre teuren 'Ausflüge' aufs Festland, dort nach Oslo, Bergen und Trondheim, fraßen sein Einkommen auf. Irgendwann hatte er ihr vorgeschlagen, sich zu trennen. Doch sie hatte ihn nur ausgelacht und ihm unmissverständlich klar gemacht, dass er ihr in diesem Fall bis zu seinem Lebensende Unterhalt in erheblichem Umfang zu zahlen hätte. Schließlich verdiene er viel mehr als sie.
„Ich bringe sie um, eines Tages bringe ich sie um“, hatte er seither immer wieder gedacht. Wohl wissend, dass er dazu überhaupt nicht in der Lage sein würde.
Er schrak aus seinen Gedanken auf, denn er hatte das Ende des langen Ganges erreicht. Nachdem er den Code in das neben der Tür befindliche Display eingetippt hatte, betrat er die mittlere der drei Hallen, in denen die Saatgüter lagerten.
Aber für sie war er heute nicht hier.
Er suchte den durch die Mitte zwischen zwei Saatgutregalen führenden Gang auf und ging ihn bis zum Ende. Die in die dort befindliche Querwand eingebaute, nur gut einen Meter hohe und ebenso breite Klappe war so paßgenau integriert, dass ein Uneingeweihter sie nicht erkennen konnte.
Sven Johansson kniete sich hin, drückte auf eine der die Wand in diesem Bereich bedeckenden Aluminiumkacheln, woraufhin die Klappe zur Seite glitt. Er robbte durch und drückte kurz auf die Kante der Klappe. Sie fuhr wieder in ihre Ausgangsposition und schloss mit einem preßluftartigen Geräusch. Nachdem er sich aufgerichtet und den Kniebereich abgeklopft hatte, wandte er sich nach links. Er folgte einem etwa einhundertundfünfzig Meter langen Tunnelgang mit vom früheren Kohleabbau wild zerklüfteten Decken und Wänden, der sich am Ende zu einer großen höhlenartigen Halle öffnete.
Hier befand sich eine in die ehemalige Abbaugrube eingebaute unterirdische Hafenanlage. Sie bestand aus zwei jeweils etwa fünfunddreißig Meter langen und zwanzig Meter breiten, an drei Seiten von gekachelten Kaimauern begrenzten Becken. Das Ende der Becken bildete eine riesenhafte Toranlage. Auf den Kaimauern standen links und rechts jeweils ein Ladekran auf Schienen, deren Verlauf sich am Ende der Becken in einer Weiche vereinigte und sodann im Dunkel des hinteren Höhlenteils verlor. Vor dem Kran des backbordseitigen Beckens stauten sich sieben Loren, wie man sie vom Bergbau kennt.
Sven Johansson sah auf seine Uhr. In zehn Minuten würde das U-Boot eintreffen.
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K A P I T E L 7
Die erhöhte Frequenz des Sonargeräuschs zeigte Kapitän Mika Hämäläinen an, dass sie sich ihrem Ziel näherten. Er war ein erfahrener