Friedrich Gerstecker: Reise in die Südsee. Friedrich Gerstecker
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Der Ertrag den ein mit Zuckerrohr bepflanzter Acker gibt, ist etwa 2.000 Pfund Zucker, 150 Gallonen Molasses oder Sirup zu jeder Ernte. Auf den Inseln sind dabei schon Zuckerhäuser errichtet, welche für die Hälfte Ertrag, den Zucker wie Molasses fertig liefern. Der reine Ertrag eines Ackers wäre demnach 1.000 Pfund Zucker und 75 Gallonen Molasses.
Die Arbeit, die das Zuckerrohr verlangt, ist nicht bedeutend, da die Reihen nur zwei- oder dreimal aufgeworfen werden müssen, das Rohr selber aber nur alle drei Jahre gesteckt zu werden braucht, indem erst nach Ablauf dieser Zeit die Keimkraft der Wurzeln nachlässt. Nichtsdestoweniger werden die Sandwichsinseln aus zwei Gründen nicht mit anderen zuckerbauenden Ländern auf die Länge der Zeit konkurrieren können, wenn sich ihre inneren Verhältnisse nicht um ein bedeutendes ändern, da sie erstens Arbeit nicht so billig und leicht zu erlangen haben wie alle die Länder wo entweder Sklaven gehalten werden, oder die Eingeborenen mit Erfolg zu all diesen Arbeiten zu verwenden sind, und weil ihnen zweitens die Benutzung des Abfalls zu Rum und Alkohol entgeht, indem die Missionare scharfe Verbote gegen die Bereitung solcher entsetzlichen Sachen erwirkt haben. Ja dieser Fanatismus des Temperancewesens ging besonders im Anfang so weit, dass der junge König veranlasst wurde nicht allein das Zuckerrohr, nein auch eine Anzahl von Kaffeebäumen niederschlagen zu lassen, weil ebenfalls ein „aufregendes Getränke“ daraus bereitet wurde, und die frommen Lehrer freuten sich des gelehrigen Zöglings. Kaffee und Zucker wird allerdings jetzt wieder erbaut, aber Spirituosen dürfen unter keiner Bedingung und mit den strengsten Strafen belegt gezogen werden.
Wenn aber auch dies noch zu rechtfertigen wäre, denn der Alkohol hat allerdings verderblich auf nur zu viele Insulanerstämme gewirkt und es ist ein Segen für sie, wenn er ihnen entzogen wird, so dehnt wieder der Fanatismus solch wohltätiges Gesetz in lächerlicher Übertriebenheit auch zum Schaden des Landes aus, indem es, mit dem Alkohol zugleich, den Weinbau verbietet, wenigstens das Keltern der Trauben ebenso streng als das Brennen von Alkohol untersagt, und gerade der Wein würde und wird auch für spätere Zeiten einen sehr bedeutenden Ausfuhrartikel für diese Inseln geben. Es gibt kaum ein Land in der Welt das eine bessere Lage für den Weinbau hätte, als gerade diese Inseln, und ich bin fest überzeugt sie werden einmal ein feurigeres herrlicheres Produkt als selbst Madeira liefern.
Gegen das Gesetz welches das Keltern der Traube auf das strengste verbot, war schon damals eine Agitation im Werke, die Missionare aber, sich nicht einmal an das Beispiel Gott Vaters kehrend, der ja dem Noah mit eigner Hand die Rebe gab und ihn den Bau des Weines lehrte, hielten starr und steif an dem alten Gebrauch und werden auch wohl nicht eher nachgeben, bis ihre Macht, was hoffentlich bald geschehen wird, erst einmal ganz gebrochen ist.
An Früchten sind die Inseln nicht so reich, als die südlich vom Äquator gelegenen Gruppen, ja Apfelsinen werden sogar von Tahiti hierhergeschafft und mit ungemeinem Nutzen verkauft, obgleich sie die Bewohner, mit nur einigem Fleiß, hier mit großer Leichtigkeit in Masse ziehen könnten. Bananen und Melonen gedeihen vorzüglich.
Kaffee und Tabak gehören auch mit zu den einträglichen Produkten, verlangen aber auch ebenfalls eigentlich wieder zu viel Hände zu ihrer Bearbeitung, um mit bedeutendem Erfolg, d. h. in großen Massen, gezogen zu werden.
Das Land selber ist übrigens keineswegs so billig, als man vielleicht der Lage nach glauben sollte; Grundeigentum befindet sich meistens, ja fast ausschließlich, in den Händen des Königs und der Häuptlinge, und selbst auf den abgelegenen Inseln war Land, selbst damals schon, kaum unter 10 Dollar der Acker zu kaufen, während es in der Nähe der Hafenplätze und besonders Honolulus noch verhältnismäßig stieg. Sich selbstständig dort niederzulassen und etwas zu beginnen, würde man deshalb auch wohl ein Kapital von wenigstens 1.000 Dollars nötig haben, einer sorgenfreien Existenz entgegenzusehen. Aber selbst ein Mann der ohne einen einzigen Dollar hierherkäme, brauchte nicht zu fürchten dass Geldmangel ihn verhindern würde sein Leben zu fristen. Es fehlt dort, wie schon gesagt, an Arbeitern, und fleißige ordentliche Leute werden den Pflanzern der Inseln nicht allein von Herzen willkommen sein und gut aufgenommen werden, sondern können sich auch ziemlich fest darauf verlassen sich mit nur mäßiger Arbeit, in wenigen Jahren selber eine Existenz gründen zu können.
Ich hatte selber mit dem Minister des Äußern, Hrn. Armstrong, auch ein früherer Missionar wenn ich nicht irre, eine sehr interessante Unterhaltung über die Einwanderung von deutschen Familien, die man dort besonders gerne sehen würde, da einzelnen jungen Leuten Kalifornien viel zu nahe liegt, sie mit Sicherheit auf den Inseln behalten zu können. Man wäre sogar, in damaliger Zeit, sehr gern erbötig gewesen das Passagegeld für solche Familien zu zahlen, die es dann nach und nach hätten abarbeiten können, aber die Verhältnisse ändern sich zu schnell an solchen Stellen und der Einwanderer würde darauf wenigstens keinesfalls rechnen dürfen.
Handwerkszeug wie Ackergerät wäre freilich mitzubringen, da derlei Sachen und Gegenstände wohl dort zu bekommen, aber unverhältnismäßig teuer sind.
Was die Viehzucht auf diesen Inseln betrifft, um wenigstens auch darüber einige Worte zu sagen, so wäre sie allerdings der hohen Preise wegen die Milch und Butter halten, einträglich genug, verlangte sie nicht auch zu gleicher Zeit so viele Auslagen und Unterhaltungskosten. Zahmes Vieh wird selbst auf dem entfernt liegenden Owaihy mit 20 –25 Dollars das Stück, bezahlt, Milchkühe noch teurer. Frisches Fleisch kostete damals in Honolulu 9 Cent (etwa 3½ Sgr.) das Pfund. Wildes Vieh könnte man nun allerdings vom König selber billiger kaufen, der Weidegrund muss aber ebenfalls, wenn man nicht eigenes Land genug dazu hat, besonders bezahlt werden, wozu die Erlaubnis, auf königlichem Territorien der Gouverneur, zu übrigens nicht sehr hohen Preisen erteilt.
Die Sandwichsinseln hatten nun von Anfang an gar nicht mit in meinem Reiseplan gelegen, und wenn ich auch keineswegs bereute, sie gesehen zu haben, da sie doch immer einmal einer mäßigen Zahl von Auswanderern zum Ziel dienen könnten, lag es doch mehr in meinem Plan einzelne, von der Kultur noch nicht verdorbene Inseln zu besuchen, und dann meine Route nach Sidney in Australien zu verfolgen. Meine Geldmittel waren aber auch nicht der Art, lange hier draußen aushalten zu können, wo ich vielleicht nachher niemand gefunden hätte, der mich wieder mit fortnahm, während die Insulaner selber schon eine so vortreffliche Idee vom Wert des Geldes erhalten hatten, dass sie wirklich selbst für die einfachsten Lebensmittel riesige Preise fordern. Die Kapitäne die von hier direkt nach Sidney gingen, verlangten ebenfalls enorme Passagepreise, und dann hätte ich noch obendrein gar nichts, oder doch nur ungemein wenig von der Südsee zu sehen bekommen – das wollte ich auf keinen Fall.
Da ließ mich mein gutes Glück einen Bremer Walfischfänger, den „„ALEXANDER BARKLEY““, Kapitän Heyn finden, mit dem ich bekannt und sehr bald befreundet wurde. Im Anfang mochte er sich allerdings nicht dazu verstehen einen Passagier an Bord zu nehmen, weil er sich bei seinem Geschäft – gerade im Begriff durch die Südsee auf Spermacetifische zu kreuzen – nicht verpflichten konnte, irgendeinen bestimmten Port anzulaufen. Wo er Fische fand, dort musste er hingehen, ob ihn das nun nach Osten oder Westen nahm, und dabei war er genötigt im März wieder auf den Sandwichsinseln zu sein, da er spätestens im April nach den nördlichen Eismeeren aufbrechen musste, also überhaupt nicht so sehr viel Zeit zu verlieren hatte. Das aber war mir gerade recht, und als ich ihm erklärte, er solle sich meinethalben auch nicht im Entferntesten binden, erstens sei es mir außerordentlich willkommen vor allen Dingen einmal auf Walfische mit zu kreuzen, und dann möchte er mich auf der ersten besten bewohnten Insel, von welcher Gruppe es auch immer sei, einfach mit meinen Sachen an Land setzen, wo ich dann schon suchen werde wieder fortzukommen,