Friedrich Gerstecker: Reise in die Südsee. Friedrich Gerstecker

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Friedrich Gerstecker: Reise in die Südsee - Friedrich Gerstecker maritime gelbe Buchreihe

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gewesen wäre, Gott bewahre, der Mann meinte es ernstlich, denn als er uns fragte: „Wie geht es euch allen an Bord?“ und ich ihm lachend antwortete: Dank, vortrefflich, und euch? – schüttelte er sehr bedeutend mit dem Kopf, und meinte, nein, so sei die Sache nicht verstanden, und er müsse in der Tat wissen, wie es mit unserer Gesundheit stehe.

       Nun hatten wir allerdings befürchtet, dass Honolulu für die von San Francisco kommenden Schiffe eine Quarantäne haben möchte, da gerade auch in dieser Zeit die San Francisco-Zeitungen einen Weheruf über die in ihrer Stadt zunehmende Krankheit ausstießen, und mehrere Schiffe dicht vor uns abgegangen, also wahrscheinlich auch schon hier eingetroffen waren. In San Francisco hatten sie aber trotzdem unserer „JANE REMORINO“ einen ganz vortrefflichen Gesundheitspass mitgegeben, und in Honolulu selber waren sie zu vernünftig, große Vorkehrungen gegen eine Seuche zu treffen, gegen die sie ihr vortreffliches Klima schon allein und viel vollständiger schützte. Nur Schiffe, die wirklich Cholerakranke an Bord hatten, wurden, wie ich glaube, einer kurzen Quarantäne unterworfen, da sich aber an Bord unseres Fahrzeuges alles glücklicherweise wohl befand (mit Ausnahme des Steuermanns, der noch etwas von den Folgen seines „stillen Suffs“ litt), machte man auch nicht die mindeste Schwierigkeit, uns an Bord zu lassen.

       In Ermanglung einer als Zeichen gelten sollenden weißen Flagge hissten wir ein allerdings schon etwas gebrauchtes Handtuch am Fockmast auf, und fuhren dann gleich nach dem Hafenmeister (der zugleich auch hier Lotse ist, und jetzt erst noch einige andere mit uns gekommene Schiffe besuchen musste) an Land.

      * * *

      Honolulu und die Sandwichinseln

       Honolulu und die Sandwichinseln

       Zwischen den Korallenriffen, über denen sich die schäumende Flut brach, und den schon im Hafen liegenden Walfischfängern, schoss unser gutes Boot, von vier Matrosen gerudert, hin, und bald lagen wir an dem aus weißen rauen Korallenblöcken behauenen Werft, wo eine bunte Schaar in die lebendigsten Farben gekleideter Eingeborner gleich über uns herfiel, und meine im Boot liegenden Habseligkeiten vor allen Dingen als gute Beute nach Gott weiß wie viel verschiedenen Hotels und Restaurants abschleppen wollte. Natürlich jagte ich sie gleich wieder an Land, und beschloss mich erst selber einmal nach einem Orte umzusehen, wo ich „mein Haupt hinlegen könnte“ (lieber Gott, in der Nähe der vielen Missionare fange ich schon selber an, Bibelstellen zu zitieren), ehe ich mich den ungewissen Händen und der noch viel ungewisseren Ehrlichkeit dieser „christlichen Naturmenschen“ überließ. Ich war übrigens erstaunt, hier schon so viel „Kultur“ zu finden, denn in New-York oder Berlin hätten es die vereidigten und unvereidigten Kofferträger nicht um ein Haar breit schlimmer machen können. Die Kultur sollte ich aber noch viel weiter vorgerückt finden, denn wie mich zuerst das dem Anscheine nach unfruchtbare Aussehen der Insel bei der Annäherung überrascht hatte, so setzte mich jetzt wieder die, wirklich nicht geahnte Zivilisation in Erstaunen, die ich überall fand.

Grafik 29

      Ich war in dem Glauben nach Honolulu gekommen, eine noch ziemlich wilde Insel der Südsee zu finden, und ungestört in den Kokoswäldern mit den wilden Eingeborenen umherstreifen zu können, und fand an dessen Statt, an der Stelle, wo ich eben diese üppige tropische Vegetation vermutet hatte, nichts weniger als tropische Kegelbahnen, Billard- und Schenkzimmer, und so nüchterne Gesichter, wie ich sie mir nur in irgendeiner großen Stadt Europas oder Amerikas hätte wünschen können.

       Doch nein, alles Eigentümliche hatte der christliche Einfluss der Missionare den Eingeborenen doch nicht geraubt; die gelbbraune Haut, das schwarze lockige Haar, das funkelnde lebendige Auge, die raschen kräftigen Bewegungen und Gestikulationen hatten sie noch, und die wunderlichsten Gruppen begegneten meinem froh umherschweifenden Blick schon am Strand, wo eine ziemliche Anzahl teils an den Häusern herumkauerte, teils müßig stand, teils Früchte und Gemüse feilhielt, Kisten und Pakete schleppte, Handkarren zog, Ochsen trieb, Straßen reinigte und sich jedem weiteren Segen der Zivilisation, allem Anscheine nach willig, unterzog.

      Aber mir blieb nicht lange Zeit solche Betrachtungen anzustellen, denn vor allen Dingen musste ich mich nach einem Aufenthalt für mich selber umsehen, zu welchem Zweck mir von einem deutschen Handelshaus dort das Hôtel de France, ein französisches Gasthaus, empfohlen wurde, und wenige Stunden später war ich auch dort schon vollkommen häuslich eingerichtet. Meine Sachen hinauf zu transportieren, erlaubte mir Herr Hackfeldt, ein früherer Schiffskapitän und jetziger sehr angesehener Kaufmann in Honolulu, seinen Güterkarren, und einige Kanakas, wie die dortigen Eingeborenen sich selber nennen, zu nehmen, und mich vorher nach dem Preis erkundigend, den ich ihnen etwa zu zahlen hatte, machte ich mich mit ihnen auf den Weg – hätte aber auf dem Marsch dorthin beinahe noch ganz unschuldiger weise einen Volksauflauf verursacht.

       Ich trug nämlich eine Flasche mit in Spiritus aufbewahrten kalifornischen Schlangen, Eidechsen, Käfern, Raupen, Spinnen u. s. w., damit sie auf dem Wagen nicht zu sehr geschüttelt werden sollten, in der Hand, und einer der „Kanakas“ bekam die Witterung davon. Neugierig, wie sie alle sind, trat er rasch näher, die wunderlichen Dinge zu beschauen, andere, an denen wir vorbeikamen, mussten ebenfalls wissen um was es sich handle, und ehe zwei Minuten vergingen, hatte ich einen Schwarm von wenigstens fünfzig Menschen um mich herum, der jetzt wie eine Lawine anwuchs. Ich musste die Flasche auf den Karren und zwischen das übrige Gepäck tun, und nur froh sein, dass sich die Polizeidiener (deren es in Honolulu fast so viel gibt wie in irgendeiner deutschen Stadt) der Sache schon tätig angenommen hatten.

       Aber auch noch ein junger Weißer schien sich für die Gegenstände, wenigstens für einen Teil derselben, lebhaft zu interessieren. Es war dies ein junger Bursche von etwa vierzehn oder fünfzehn Jahren, der, wie es schien, unter jeder Bedingung einen von meinen kalifornischen Bogen und Köchern mit Pfeilen kaufen wollte, und sich nun unbeschreiblich erstaunt bezeigte, dass es jemanden auf der Welt geben konnte, dem eine solche Sache nicht feil sei, noch dazu da ich zwei davon hatte. Endlich rückte er mit der Ursache heraus, weshalb er die Gegenstände nicht allein zu haben wünschte, sondern haben müsste, er gehöre nämlich zu der Gesellschaft Kunstreiter – war ich denn auf den Sandwichsinseln? – die eben von San Francisco herüber gekommen wäre, und hier ihre Vorstellungen gäbe, und da er selber gerade beabsichtige, am nächsten Abend einen nordamerikanischen Wilden vorzustellen, so würde ich wohl einsehen, dass er das nicht gut ohne Bogen und Pfeile tun könne, und ihm einen der meinigen, sei es zu welchem Preis es auch wolle, überlassen möge. Da ich übrigens, selbst nicht einmal im Interesse der Kunst darauf eingehen mochte, musste er seinen nordamerikanischen Indianer wirklich ohne Pfeil und Bogen reiten.

      Ich logierte also im Hôtel de France (der Leser darf freilich nach dem Titel keinen europäischen Maßstab anlegen), und allerdings sehr gut, aber auch ganz nach kalifornischen Preisen, nach denen sich überhaupt diese Insel, ihrer bedeutenden Verbindung mit San Francisco wegen, stark zu richten beginnt. Kost und Logis war 12 Dollars die Woche, der Platz aber sonst freundlich und luftig, und der Wirt, ein Franzose, artig und zuvorkommend.

       Honolulu selbst ist ein kleines freundliches Städtchen, dem in den meisten Straßen Alleen von einem lindenartigen Tulpenbaum (hibiscus tiliaceus), der im Inneren wild wächst, etwas ländliches oder sogar gemütliches geben. Die Häuser sind meistens niedrig, aber großenteils mit Gärten versehen, hie und da ragen einzelne stattliche Kokospalmen empor, und die häufig vorkommenden palmenartigen Farren und sehr hübschen Ölnussbäume (aleurites tribola, dort Kui Kui oder Kukui genannt) geben dem ganzen Orte jenen tropischen Anstrich, der ihn für den Nordländer natürlich nur noch so viel interessanter macht. Manche glauben dabei, dass die Stadt noch an vielen Stellen durch die strohgedeckten Hütten der Eingeborenen entstellt werde, gerade die aber waren es, die ich ungern in dem Ganzen entbehrt hätte, denn eben diese ganz aus Stroh oder Schilfgras aufgeführten Gebäude mit ihren geflochtenen Türsimsen und glatt und fest bis auf den Boden hinunterreichenden Dächern, über

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