Friedrich Gerstecker: Reise in die Südsee. Friedrich Gerstecker

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Friedrich Gerstecker: Reise in die Südsee - Friedrich Gerstecker страница 10

Friedrich Gerstecker: Reise in die Südsee - Friedrich Gerstecker maritime gelbe Buchreihe

Скачать книгу

dort für die Soldaten, denn die Polizeidiener sind vollkommen ausreichend, und wo diese nichts mehr ausrichten können, würde auch wahrscheinlich die ganze „Linie“ ohne Erfolg verwendet werden. Vor dem Fort steht übrigens gewöhnlich ein Exemplar davon als Probe, in der Gestalt der Schildwache, und die warme Witterung mag den „grauen Krieger“ entschuldigen, wenn er beim Auf- und Abmarschiren vor dem Tor die schwere Flinte nicht immer im Arm hat, sondern das „Todesrohr“ friedlich in der Ecke des breiten Torweges ruhen lässt, ja es, der Ehrlichkeit seiner Mitbürger vertrauend, nicht einmal an sich nimmt, wenn er Fremde in den innere Teil des Hofraumes begleitet.

      Die Uniform ist durchschnittlich blau mit roten oder anderen Aufschlägen, Hosen unbestimmt, Mütze etwas hoch oben auf dem buschigen Haar. Exerziert wird mit einer, manchmal auch mit zwei Musketen, eine auf der rechten Schulter, die andere in der linken Hand; Seitengewehr fehlt. Besondere Kennzeichen gar keine.

       Eines aber hat mich gefreut, und liebe alte Erinnerungen – Erinnerungen, aus meiner Schul- und Jugendzeit in mir erweckt – einen wilden Leipziger Stadtsoldaten; blau mit gelben Aufschlägen, und noch jung, in seinem besten Alter, nur etwas gelbbraun, habe ich hier gefunden. Wie er hier hergekommen ist, weiß ich freilich nicht. Man sagt, dass Insulaner von den Inseln manchmal in einem Kanu Hunderte von Meilen weit verschlagen und an fremde Küsten getrieben wurden – die Leipziger Stadtsoldaten wohnten dicht an der Pleiße – sollte er vielleicht in einem Schilderhaus? . . . doch das sind nur Vermutungen, und die gehören eigentlich nicht hierher.

      Als ich mir übrigens in Honolulu einige scherzhafte Bemerkungen über das stehende Heer der Sandwichsinseln erlaubte, wäre ich beinah schön angekommen. Ein Amerikaner hörte es, und da er nach meiner Aussprache wohl erkannte, was für ein Landsmann ich sei, fragte mich der Mann, wie ich, als Deutscher, mich noch über etwas lustig machen könne, das dem Lande eher zur Ehre, als zur Schande gereiche. – „Was hat Ihnen jetzt in Deutschland Ihr stehendes Heer genützt?“ rief er endlich, in immer größeren Eifer geratend – „was hat es ausgerichtet gerade da, wo es galt, einen wirklichen Feind des Landes zu bekämpfen? – wozu ist es so lange gerade von dem Marke des Landes –“

      Ich fiel dem Mann in die Rede und um den Hals, und bat ihn, doch wenigstens Rücksicht auf meinen königlich sächsischen Pass zu nehmen, er machte sich aber los von mir und brummte:

       „Ach was schert mich Ihr Pass“, – die Amerikaner sind dafür berühmt, dass sie auf gar nichts Rücksichten nehmen – „mich ärgert es nur, wenn mir das unschuldige Kriegswesen hier verhöhnt wird. – Da“, fuhr er plötzlich fort und zeigte auf einen gerade vorbeigehenden Krieger – „sehen Sie den Mann an, glauben Sie, der – trotzdem dass er das Loch in der Hose hat, was er sich allerdings hätte flicken können – würde sich je für was anderes halten, weil ihm der Gouverneur eine Uniform mit einem gelben Kragen gegeben hat? – nie – und das ist nur ein Kanaka – und da wollen sie ein stehendes Heer verteidigen?“

      Er nahm plötzlich seinen Hut, drückte ihn sich fast bis über die Augen in die Stirn und lief, noch immer in vollem Zorn die Straße hinunter. Was der Mensch für verworrene Begriffe über Deutschland und Politik hatte. Doch ich ließ ihn laufen und betrat lieber das Fort, um auch das Innere, denn das Äußere schaute eben nicht viel versprechend aus, zu besehen. Im Inneren sah es aber noch viel schlimmer aus wie draußen, und traurig war da der Anblick dieses kleinen Forts, das vor einem Jahr etwa von der Mannschaft eines französischen Kriegsschiffes – ich glaube des „VINCENNES“ – gestürmt und dessen Kanonen vernagelt wurden. Die Ursache war die erhöhte Steuer auf Brandy und sonstige Spirituosen (welche seit der Zeit sämtlich 5 Dollars pro Gallone, die Gallone etwa zu 5 Flaschen, Steuer zahlen).

       Ein französisches Schiff hatte diese Steuer umgehen wollen und geschmuggelt, war aber ertappt und französisches Eigentum dafür konfissiert worden. Das französische Kriegsschiff handelte, indem es die Partei eines Landsmanns nahm, der gegen die Gesetze des Landes gefehlt hatte, in dem er sich befand, und dafür rechtlicherweise bestraft war, vollkommen ungerecht, außerdem betrug es sich gegen eine Macht, die sich ihm gar nicht widersetzen konnte, so ungroßmütig und roh als möglich. Es beabsichtigte sogar die Stadt zu beschießen, wobei Hunderte von Unschuldigen ihr Leben oder doch ihr Eigentum verloren hätten, die Kranken eines amerikanischen Kriegsschiffes befanden sich aber gerade in der Stadt, und der Kapitän desselben wollte auf die Mahnung des Franzosen diese nicht an Bord nehmen, sondern pflanzte seine Flagge vor dem Haus auf, und dieser bombardierte jetzt die Stadt nicht, sondern sandte seine Leute an Land, ließ das Fort stürmen – das, glaube ich, nicht einmal einen Schuss feuerte – und ruinierte nicht allein die Kanonen desselben gänzlich, die noch jetzt alle mit ihren zerbrochenen Lafetten und abgeschlagenen Richtstücken im traurigsten Zustande liegen, sondern „konfissierte“ auch, wie er es nannte (auf festem Lande würde man es stehlen nennen) den Kriegsschoner des Königs Kamehameha, der ihm etwa 15.000 Dollars gekostet haben soll, und machte dem armen Monarchen auf solche Art begreiflich, dass Frankreich ihm keineswegs das Recht zugestände, die von ihm gegebenen Gesetze auch in Kraft zu erhalten.

      Das muss ich übrigens hier noch bemerken, dass diese letzte französische Gewalttat ihren Anlass nicht allein in der Brandysteuer hatte, sondern dass ihr noch ältere „Missverständnisse“ zum Grunde lagen, in denen die Franzosen allerdings das Recht auf ihrer Seite hatten.

      Die Sache genau auseinanderzusetzen, dazu ist hier nicht der Raum; nur folgendes möge der Leser zu allgemeiner Verständigung wissen.

       Die amerikanischen protestantischen Missionare hatten zuerst auf all diesen Inseln die Eingeborenen zum Christentum bekehrt, und sich mit der Verwandlung ihrer Sprache in eine Schriftsprache und der Übersetzung der Bibel wie mancher anderen Bücher in dieselbe viele Mühe gegeben. Als nun später, zu verschiedenen Zeiten, französische Missionare ebenfalls ihren Wohnsitz dort aufschlagen wollten, um den zum Teil noch heidnischen Eingeborenen auch den Segen der katholischen Religion zukommen zu lassen, so stellten sich die protestantischen Geistlichen nicht etwa auf die Hinterfüße gegen die neue, und ihnen so gefährliche Sekte, nein, allen ihren späteren Verteidigungen nach versicherten sie auf das Heiligste, dass sie sich vollkommen neutral verhalten hätten, und der Missionar Bingham schreibt sogar sehr naiv: „Die frommen Brüder damals hätten nur nicht gewusst, ob sie für diese neue geistliche Lehre mit gutem Gewissen von Gott Gedeihen erbitten sollten“ (und nun sage mir noch jemand etwas gegen die Jesuiten) aber sie steckten sich in ihren Privatbesuchen hinter den König, und besonders hinter die Königin, und ließen die Katholiken, die sie mit bedauerndem Achselzucken dem Volke als „christliche Götzenanbeter“ schilderten, wieder aus dem Lande jagen, während die Insulaner, die sich öffentlich zu dieser neuen Lehre bekannt hatten, teils mit Gefängnis, teils mit öffentlichen Arbeiten bestraft wurden.

       Es wird mir wahrhaft nicht einfallen zu erörtern,, welche von beiden Konfessionen, die protestantische oder die katholische, den Vorzug verdiente, und ob die protestantischen Geistlichen wirklich nur zum Besten ihrer „interessanten“ Eingeborenen den katholischen Glauben von den Sandwichsinseln entfernt zu halten wünschten (die sonst so bibelfesten und alles nur mit der Bibel beweisenden und fortwährend Bibelstellen zitierenden Herren schienen ganz die Worte: „Prüfet alles und das Beste behaltet!“ vergessen zu haben) während die Katholiken, hätte ihnen nur das Seelenheil der Insulaner am Herzen gelegen, ebenfalls recht gut wissen mussten, wie konfus diese armen Teufel wurden, wenn man ihnen zu gleicher Zeit zwei ganz verschiedene christliche Religionen anbot. So viel aber ist sicher, es geschah, die Katholiken wurden vertrieben und die Folge davon war, dass Monsieur La Place, Kapitän der französischen Fregatte „ARTEMISE“, mit Gewalt französische Missionare (im Jahr 1839) ans Land setzte, und nach der folgenden Klausel in dem Vertrag, den er dem König unter Androhung von Beschießung der Stadt vorlegte, auch noch 20.000 Dollars als Kaution für das künftige gute Betragen der Inseln mitnahm: „dass der König der Sandwichsinseln den Händen des Kapitäns der „ARTEMISE“ 20.000 Dollars als Bürgschaft gebe, wie sein künftiges Betragen gegen Frankreich sein soll; welche Summe ihm die Regierung zurückzahlen wird, sobald sie zu der Überzeugung gekommen ist, dass der vorliegende Vertrag getreu erfüllt

Скачать книгу