Blaues Feuer. Thomas Hoffmann

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Blaues Feuer - Thomas Hoffmann

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Lockenhaar floss ihr um die Schultern. Ihr Kleid war an mehreren Stellen geflickt. Die Füße hatte sie mit Lappen umwickelt. Sie hielt den Marktgängern einen abgedeckten Korb entgegen. Mit einer hellen Glockenstimme pries sie Schmalzkuchen an, drei Stück den Viertelkreuzer. Norbert fand, sie sang es beinahe.

      Er ging zu dem Mädchen. Sie sah ihn kommen und guckte wie Lene, wenn sie ihm einen Nasenstüber geben und mit ihm schimpfen wollte. Er hielt ihr einen Viertelkreuzer entgegen.

      „Drei Schmalzkuchen!“ Norbert musste schlucken. „Bitte.“

      Die Augen des Mädchens wurden groß.

      „Du hast einen Viertelkreuzer für Kuchen?“

      Sie blickte auf seine schmutzigen, nackten Füße, auf seine staubige Reisekleidung.

      „Ja, den hat mir Leika mitgegeben, als wir zu Hause losgegangen sind.“

      Es klang trotzig, obwohl Norbert es nicht wollte. Die Kleine nahm die Münze.

      „Halt die Hände auf!“

      Die fetten Schmalzkuchen waren etwas größer als Hühnereier. Sie hatten eine braune Kruste. Norbert lief das Wasser im Mund zusammen. Das Mädchen schaute ihn nicht noch einmal an. Sie deckte ihren Korb zu und ging weiter.

      „Warte!“

      Sie drehte sich um und guckte böse.

      „Ich schenk dir einen Schmalzkuchen. Damit du auch mal was Leckeres essen kannst!“

      Norbert mochte es, wenn sie diese großen Augen machte.

      „Aber – wieso...“

      Er streckte ihr das Küchlein entgegen.

      „Nimm! Komm, wir setzen uns auf die Bank da drüben.“

      Zögernd nahm sie den Kuchen. Sie gingen zu der leeren Bank abseits des Marktgetriebes. Das Mädchen strich ihren Rock glatt, setzte sich und ließ die Beine baumeln. Sie biss in den Schmalzkuchen. Norbert setzte sich neben sie. Aus irgendeinem Grund pochte ihm das Herz, aber es war ein angenehmes Pochen.

      „Die hab ich selbst gebacken,“ sagte sie mit vollem Mund.

      „Lecker!“

      Auch Norbert hatte den Mund voll Schmalzkuchen.

      „Mutter wäscht den ganzen Tag Wäsche für andere Leute,“ plauderte das Mädchen. „Ich mach den Haushalt und am Abend backe ich die Schmalzkuchen. Die verkaufe ich am nächsten Tag auf dem Markt, dann haben wir ein bisschen mehr, um einzukaufen und Mutter muss abends nicht immer weinen.“

      Norbert schaute das Mädchen an. Sie hatte braune Augen und einen hübschen Mund.

      „Und dein Vater – prügelt er dich auch immer? Meiner prügelt mich zu Hause ständig.“

      „Ich hab gar keinen Vater,“ sagte sie traurig.

      Norbert überlegte, ob das nicht besser war. Sie aßen die Schmalzkuchen auf und wischten sich die Münder ab.

      „Ich bin Norbert. Wir sind Siedler im Gornwald.“

      Sie betrachtete ihn staunend. „Gibt‘s da wirklich Geister?“

      „Ja. Manche sind schlimm.“

      Sie dachte darüber nach.

      Dann sagte sie: „Ich bin Melanie. Jetzt muss ich weiter.“

      Sie nahm ihren Korb. Norbert schoss eine Idee in den Kopf. Schnell sprach er sie aus, damit er es sich nicht gleich wieder anders überlegte.

      „Hier – ich schenk dir den dritten Schmalzkuchen auch noch, wenn... wenn du mir einen Kuss gibst.“

      Er liebte ihre großen Augen. Sie sah aus, als überlegte sie, ob sie böse gucken sollte. Norbert hielt ihr den Schmalzkuchen hin.

      „Bitte, Melanie.“

      Er konnte es nur flüstern. Sie nahm den Schmalzkuchen.

      Ihr Kuss schmeckte nach Speichel und Norbert wurde ein bisschen übel im Magen und hinterher wusste er nicht, ob er den Kuss gemocht hatte oder nicht. Aber später musste er immer wieder an diesen Kuss denken. Das Mädchen ging ihm nicht mehr aus dem Kopf, bis Jahre später Maja und er andere Sachen miteinander ausprobierten.

      ***

      Am nächsten Morgen wachte Norbert früh auf. Schales Dämmerlicht sickerte durch die Spalten der Dachluke. Norbert warf die Decken beiseite und ging hinunter in die Küche. Im Haus war es noch dunkel. Irgendwo schnarchte jemand. Die Küchenmagd gab ihm ein Stück Brot und stellte ihm den Schmalztopf hin. Sie schöpfte eine Kelle Wasser in einen Becher und stellte ihn dazu.

      Norbert wippte ungeduldig auf der Bank, während er das Schmalzbrot aß. Nach dem Frühstück würden Vater und er abreisen. Er hoffte, dass Vater heute genauso lange bei Rebekka bleiben würde, wie gestern Morgen. Den ganzen Abend lang hatte der Vater in der Gaststube neben Rebekka gesessen und mit ihr geschmust, wenn er glaubte, Norbert sähe nicht hin. Norbert schluckte den letzten Bissen hinunter und sah sich nach der Küchenmagd um. Sie hantierte am Herd. Schnell huschte er zur Tür und schlüpfte hinaus.

      Auf dem Marktplatz waren die Händler dabei, die Stände aufzubauen und Waren auszulegen. Norbert fröstelte im kalten Wind. Aber die klare Morgenluft gefiel ihm besser als der Dunst des Menschengedränges über Mittag. Ein Bettler streckte ihm eine fleckige Hand entgegen.

      „Um der Milde der Götter willen, sei gut zu einem Kranken, Junge!“

      Norbert lief schnell auf den Platz hinaus.

      Am Bäckerstand drängten sich Städterinnen, um Brot zu kaufen. Einige sahen Norbert unwillig an. Er achtete nicht darauf. Norbert kaufte zwei Rosinenbrötchen für seinen letzten Viertelkreuzer. Sie waren noch warm und dufteten verführerisch. Dann ging er nach dem Mädchen mit den Schmalzkuchen suchen, die gesagt hatte, sie heiße Melanie. Er wanderte über eine Stunde auf dem Markt umher, aber er konnte sie nicht finden. Schließlich setzte er sich allein auf die Bank bei dem noch leeren Bierausschank, wo Melanie und er gestern gesessen hatten. Enttäuscht betrachtete er die zwei Rosinenbrötchen. Sie mitzunehmen hatte keinen Sinn, sie würden ihm in der Tasche nur zerknautschen. Außerdem würde der Vater ihn prügeln, wenn er erführe, dass Norbert Süßigkeiten auf dem Markt gekauft hatte. Er wartete noch eine Viertelstunde, ob Melanie nicht doch noch kam, dann aß er die Brötchen alleine auf. Aber sie schmeckten ihm längst nicht so gut, wie gestern Melanies Schmalzkuchen.

      ***

      Im Gasthof empfing Hans Lederer seinen Sohn mit einem Wutanfall.

      „Wo hast du dich rumgetrieben? Ich habe dir verboten, in der Stadt rumzustrolchen! Hier im Gasthaus hattest du zu bleiben. Früh aufbrechen wollte ich! Wann wirst du missratener Bengel endlich einmal auf mich hören?“

      Norbert zog die Schultern hoch in Erwartung der Ohrfeige, aber die Küchenmagd ging dazwischen.

      „Lass ihn, Hans Lederer. Es war unsere Schuld. Wir hätten besser auf ihn aufpassen müssen. Jeder Junge will doch mal durch die

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