Friedrich Gerstecker: Streif- und Jagdzüge durch die Vereinigten Staaten von Amerika 1837-43. Friedrich Gerstecker

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Friedrich Gerstecker: Streif- und Jagdzüge durch die Vereinigten Staaten von Amerika 1837-43 - Friedrich Gerstecker maritime gelbe Buchreihe

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ihm borgten – und in kurzer Zeit stand im Broadway, der bedeutendsten Straße New-Yorks, ein Zigarren- und Tabaksladen unter unserer Firma, d. h. ich selber als Kompanie mit angeführt (im wahren Sinne des Worts).

       Schon so lange in Amerika, fing ich nun auch an mich zu amerikanisieren. Ich staunte z. B. nicht mehr, wenn ich eine dicke, fette Mulattin mit der Pfeife im Munde über die Straße gehen sah, oder wenn ich feingeputzte Damen, höchst geschmackvoll angezogen, ohne Strümpfe in den Schuhen bemerkte. Ebenso wenig fiel es mir auf, einen anständig gekleideten Herrn in schwarzem Frack und schwarzen Beinkleidern, mit goldener Uhrkette usw. mit einem Korbe am Arme zu Markte gehen zu sehen, und ich schaute mich kaum noch um, wenn vielleicht ein Yankee (Yankees werden hauptsächlich die Bewohner der nordöstlichen Staaten, wie Maine, Connektikut, Vermont etc., genannt.) in schlechtem Wetter, vom Markte kommend, gestreckten Galopps mit sehr kurzen Steigbügeln, am linken Arm einen Korb mit Gemüse, in der rechten Hand einen aufgespannten Regenschirm, durch die Straßen sprengte. Der Mensch gewöhnt sich an alles.

      In dieser Zeit fiel es mir auch manchmal ein, eine kleine Jagd zu machen, und da mir Zllr. die Ufer des Hudson immer als sehr reizend gepriesen, so gingen wir eines schönen Morgens mit unserem Schießzeug auf eins der unzähligen Dampfboote, die dort lagen, und fuhren den Hudson für den ungemein billigen Preis von ungefähr 5 Gr. für 22 englische Meilen hinauf. Die Fahrt allein war das Hundertfache wert, schon der wundervollen Landschaft wegen.

      Der Hudson ist unstreitig der schönste Fluss, den ich je gesehen habe. Der stille, spiegelglatte und doch majestätisch breite Strom mit seinen ungeheuren schroffen Felsufern, oben mit dem herrlichsten Grün bekleidet, die kleinen Wohnungen und Städtchen, die sich, wo es irgend der Raum gestattet, an seine Ufer anschmiegen, die tausend und abertausend Fahrzeuge, die das Ganze beleben, erfüllen das Herz mit Bewunderung und Wonne.

      Da das Boot spät abgegangen war, kamen wir erst mit Dunkelwerden an den Ort unserer Bestimmung und übernachteten dort in einem Wirtshause. Am nächsten Morgen waren wir mit Tagesanbruch gerüstet und fingen an, die Felder und Wälder mit einer wahren Gier nach Beute zu durchsuchen. Müde und matt vom vielen Fenz- und Zaunklettern und vom Springen über umgestürzte und ganz oder halb verfaulte Bäume, vom Durchwaten der Moräste, vom Übersteigen der Hügel, kamen wir endlich abends, ohne auch nur eine Feder oder sonst etwas gesehen zu haben, zu einem Vetter Zllrs. an, der uns gastfreundlich aufnahm und uns versicherte, dass wir nicht verständen, das Wild in Amerika aufzufinden; er wolle uns am nächsten Morgen selber führen. Neue Hoffnung.

       Schon vor Tagesanbruch waren wir alle marschfertig und zogen in die wundervolle, würzige Luft hinaus, einzig mit Mordgedanken beschäftigt und schon berechnend, ob unsere Jagdtaschen alles erlegte Wild fassen würden. Dieselbe Jagd wie gestern wiederholte sich nun; hier schlichen wir an einem Waldsaume hin, dort an einer Fenz, hier durchstöberten wir einen Busch, dort durchwateten wir Strecken sumpfigen Landes, von Tagesanbruch bis spät nachmittags, und noch war kein Schuss gefallen. Das kühlte denn doch unsere Jagdbegierde bedeutend ab, und als wir, wieder in der Nähe des Stromes, ein Dampfboot vorbeikommen sahen, winkten wir und ließen uns an Bord nehmen. Müde und hungrig und ohne auch nur ein einziges Stück amerikanisches Wild gesehen zu haben, kehrten wir solcher Art nach New-York zurück.

      Die Jagd im Osten der Vereinigten Staaten, besonders aber in der Nähe größerer Städte, ist wahrlich zu unbedeutend, auch nur ein Gewehr deshalb aufzunehmen. Es gibt allerdings hier und da ein schwaches Volk einer kleinen Rebhühnerart, die die Amerikaner nicht gerade unpassend Wachteln nennen; auch ein einzelnes Kaninchen wird manchmal angetroffen, und eine ziemlich große Art von Lerchen, die wie die Wachteln fliegen und auch ziemlich deren Größe haben, sind nicht gerade selten. Damit sind wir aber auch fertig, und alles andere Wild ist dort schon längst vertilgt. Es laufen dabei eine Masse Jäger draußen herum, die selbst den kleinsten Singvögeln einen erbarmungslosen Vernichtungskrieg geschworen haben, die neugewonnene Jagdfreiheit auch würdig zu benutzen; aber wer auf wirkliche Jagd Anspruch macht, soll um Gottes willen nicht östlich vom Wabasch die Flinte in die Hand nehmen. Nur Wassergeflügel gibt es auf dem Hudson, in den nördlichen Seen und Sümpfen des New-Yorker-Staates in ziemlicher Menge.

       Nach diesem Ausfluge trieb es mich nicht so bald wieder aus der Stadt; ich hatte für einige Zeit genug bekommen und besorgte eifrig meine Geschäfte. Besondere Mühe gab ich mir dabei, die englische Sprache zu erlernen; denn obgleich ich in Deutschland schon etwas darin vorgearbeitet hatte, kam es mir hier im Anfange wie Chaldäisch oder Chinesisch vor. Nur so lange jedoch, bis sich mein Ohr an die Klänge gewöhnt hatte, dann half mir die gewonnene Grundlage ungemein rasch weiter.

      Mein Geschäftsleben war indessen höchst trauriger Art. Aus Broadway hatten wir uns schon der teuren Miete wegen, und da sich der Verkauf dort keineswegs so glänzend wie erwartet zeigte, fortgezogen und unseren Laden in demselben Keller in Nassaustreet aufgeschlagen, wo wir wohnten. An Miete ersparten wir dadurch, aber verloren doch auch viele Kunden, und die einzelnen Jungen, die abends kamen und mit Zimtöl betupfte Cent-Zigarren kauften, konnten uns dafür nicht entschädigen. Auch mit meinem Kompagnon glaubte ich Ursache zu haben, nicht besonders zufrieden zu sein – und ich hatte eigentlich zwei, denn seine Frau, die Kirchenamazone, regierte mehr mit, als mir und vielleicht auch ihm lieb war.

      Eine flüchtig gezogene Bilanz über unser Soll und Haben brachte mir außerdem die überraschende Entdeckung, dass wir nicht allein zu unserem schnellen Reichwerden noch keinen einzigen Schritt getan, sondern sogar mein kleines Kapital in den wenigen Wochen schon um ein Bedeutendes vermindert hatten.

      Als mir in dieser Hinsicht die Schuppen etwas von den Augen fielen, fing ich auch an zu überlegen, ob denn das eigentlich der Zweck gewesen sei, wegen dessen ich die Heimat verlassen habe, und mit jedem Tage reifte mehr und mehr der Entschluss in mir, diesem eingeschlossenen Leben zu entsagen und hinaus – hinaus in die Welt zu ziehen.

       Lange überlegen ist überhaupt meine Sache nicht, und dem Entschlusse folgte rasch die Tat. Mit meinem Kompagnon fand ich mich bald ab. Ein kleines Reisegeld abgerechnet, sollte er alles bis Ende März in seinem Geschäft behalten und mir dann einzig und allein mein eingelegtes Geld zurückerstatten. In H.s Verwahrung ließ ich meine zwei Koffer mit Wäsche und Büchern zurück und nahm bloß etwas reine Wäsche, Pulver, Blei und meine Doppelflinte mit auf meinen Ausflug, um mir die Welt einmal so recht nach Herzenslust anzusehen. Wohin? wusste ich nicht, es war mir auch ganz gleich, nur wollte ich vor allen Dingen den Niagarafall besuchen und beschloss also, meine erste Ausflucht nach Norden, nach Albany hin, zu machen, von dort nach dem Niagara zu gehen und dann ganz ruhig zu erwarten, wohin mich das Schicksal weiter werfen würde.

      Frei war ich, frei. Hoch und froh hob sich mir zum ersten Mal wieder die Brust in dem wundervollen Gefühl gänzlicher Unabhängigkeit. Nicht mehr beneidete ich die Wandervögel, deren Zuge gen Süden ich noch vor kurzer Zeit so wehmütig nachgeblickt hatte. Auch ich war frei wie sie und nicht weniger willig, meine gelösten Schwingen zu gebrauchen.

      State of New-York

       State of New-York

      Am 24. Oktober, nachmittags fünf Uhr, ging das neue Dampfboot „DIAMANT“ von New-York nach Albany, und auf seinem Verdeck, die freie, balsamische Luft mit Wonne einatmend, stand ich und betrachtete mit entzücktem Auge die sich immer großartiger und herrlicher ausdehnende Landschaft.

      Wohl mochte indessen meine Tracht, die enganschließenden ledernen Beinkleider, hohen Wasserstiefel, die kurze grüne Jagdpekesche und grüne Pelzmütze, sowie der offene Hemdkragen einem an dies alles nicht gewöhnten Auge seltsam erscheinen, wenigstens kleiden sich die Amerikaner nicht so, und manches Auge richtete sich neugierig auf den Fremden. Aber was kümmerten mich die Leute. Mit fröhlichem Wellenschlag rauschten wir an den wundervollen Ufern des Hudson hinauf, der neuen, fremden Welt rasch entgegen; von dort winkten schon die blauen dämmernden Berge lockend herüber, und ein Zauber schien über das ganze Land

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