Friedrich Gerstecker: Streif- und Jagdzüge durch die Vereinigten Staaten von Amerika 1837-43. Friedrich Gerstecker

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Friedrich Gerstecker: Streif- und Jagdzüge durch die Vereinigten Staaten von Amerika 1837-43 - Friedrich Gerstecker maritime gelbe Buchreihe

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Herz noch von dem herrlichen Naturwunder voll, wollte ich nicht in der kleinen Stadt Manchester, die dicht am Falle liegt, übernachten und verfolgte den ersten sich mir zeigenden Weg ins Land hinein, teils um zu jagen, teils um ein Haus für Nachtherberge aufzusuchen.

      Dunkler und immer dunkler wurde die Welt, tiefer und immer tiefer der Kot, als ich endlich zum guten Glück den Schein eines Lichtes bemerkte, der wie ein leitender Stern durch die dichter und dichter werdende Finsternis brach. Es war die stille, freundliche Wohnung eines pennsylvanischen Schmieds, der sich hier im Staate New-York angesiedelt hatte, und der mit wohltuender Gastfreundschaft den Hungrigen speiste und dem Müden ein warmes Bett bereitete. Hier sowohl wie bei mehreren anderen Farmern hörte ich, dass Kanada ein schönes Land sei, dass Wild dort im Überfluss die Wälder fülle und Bären und Wölfe nicht selten dem kühnen Jäger zu schaffen machten.

      Hier war Aussicht auf ein interessantes Leben. – Kanada – Bärenjagd – schon die beiden Worte genügten, neue fröhliche Bilder vor mir aufzurollen. Wohin ich ging, blieb sich ja überhaupt ganz gleich. Das Land wollte ich kennen lernen, und ob ich damit im Norden oder Süden begann, kam auf eins heraus.

      So besann ich mich denn auch nicht lange, und schon am 1. November brachte mich ein Dampfboot von Lewisville, einem kleinen Städtchen am Niagara, nach Toronto, wo ich aber nur eine Nacht verweilte, indem ich sehr spät ankam und gleich am nächsten Morgen früh mit einem anderen Boote weiter nach Hamilton ging.

       Hamilton ist ein freundliches Städtchen am Ontariosee in Kanada, und obgleich es nur eine kurze Strecke von der Grenze der Vereinigten Staaten entfernt liegt, kann man doch einen großen Unterschied, sowohl im Allgemeinen als in vielen Kleinigkeiten erkennen. Der größte Teil der in Kanada Angesiedelten besteht aus Engländern, Schotten oder Iren, und diese haben meistens, wie es mir wenigstens in der sehr kurzen Zeit, in der ich dort war und beobachten konnte, vorkam, ihre alten Gewohnheiten beibehalten. Auch ist das Geld dort englisch, obgleich das amerikanische ebenfalls gangbar ist, und umsonst würde man auf der anderen Seite des Sees nach Zepter und Kronen suchen, die hier so häufig wie im Vaterlande Aushängeschilder und Wappen zieren.

      Ich hatte mir in Hamilton den Fuß vertreten und musste Freitag, den 3. November, so unangenehm es mir auch war, dort liegen bleiben; doch am Sonnabend früh zog ich, genesen und jubelnd, beim schönsten Wetter wieder hinaus in die liebe herrliche Gotteswelt und hatte, wie das vergnügte Schulmeisterlein Wuz, Mitleiden mit den Leuten in allen Gassen, dass sie dableiben mussten. Von Hamilton ging ich nach Dundas, auch am Ontario, nahm von da nördlichen Kurs an und wanderte auf die Stadt Preston zu, bog jedoch zwei Meilen vorher rechts ab, um nach New-Hope zu marschieren, wo, wie ich gehört hatte, ein alter deutscher Jäger wohnen sollte.

      Am Sonntagnachmittag kam ich glücklich nach New-Hope, und dort die Wohnung des alten Deutschen erfragend, langte ich den Abend mit Dunkelwerden, bei derselben an. Er war nicht zu Hause, aber sechs Kinder von jeder Größe schauten mit ihren klaren Augen verwundert zu dem Fremden und seiner ausländischen Tracht empor. Der Wirt mit seiner Hausfrau war in der Kirche, und die älteste Tochter, ein Mädchen von sechzehn Jahren, lehrte die kleineren Geschwister Buchstabieren und Lesen aus einem alten vergriffenen, wer weiß ob begriffenen, Katechismus. Ich setzte mich ruhig in eine Ecke, die Ankunft der Alten erwartend, und lauschte dem Geplauder der Kinder.

      Endlich erschienen die beiden Häupter der Familie – der alte Mann gehörte zur Religion der Tunker und ließ den vollen Bart unter dem Kinne wachsen – und begrüßten, als sie nur erst einmal die an ihnen hinaufspringenden Kinder abgewehrt hatten, den Fremdling auf das Herzlichste.

       Zuerst schien mich der Alte allerdings meiner Bewaffnung halber mit etwas misstrauischen Augen zu betrachten, denn Kanada stand am Vorabend der nur wenige Wochen später ausbrechenden Revolution, und diese „ruhigen Deutschen“ schienen keine besondere Freude an der wachsenden Unruhe zu finden. Als ich ihm aber sagte, was die Ursache meines Besuches war, wurde er rasch zutraulich, legte seinen Kirchenstaat ab, und wir setzten uns dann zu dem warmen Ofen, den man in Kanada der großen Kälte wegen häufig statt der Kamine findet.

      Das Gespräch drehte sich meistens um den Ackerbau und die Jagd. Der Alte schien den ersten aus dem Grunde zu verstehen und liebte die zweite leidenschaftlich. Das war der Mann für mich. Er erzählte mir viel von dem früheren Reichtum an Wild, der aber jetzt der stärkeren Bevölkerung wiche, und klagte über die vielen Jagdverderber, die in den Wald gingen und durch vieles Schießen das Wild verscheuchten, ohne je mehr zu bezwecken, als dass sie einen armen Hirsch verkrüppelten. Ich glaube, er stichelte. Auch rühmte er sich, beim Truthahnschießen selten gefehlt zu haben. Das Truthahnschießen findet hier noch ganz so statt, wie es Cooper so trefflich in seinem „Ansiedler“ beschreibt. Da die Nacht schon weit vorgerückt war, wies mir der Alte ein Lager unter dem Dache an, dem es wahrlich nicht an Luft fehlte; doch schlief ich herrlich.

      Er hatte mir am Abend von einem nur wenige Meilen entfernten See gesagt, wo sich eine ungeheure Menge von Enten aufhalten sollte, und mit Tagesanbruch machte ich mich auf, mir einige Braten zu holen.

      Mein neuer Bekannter hatte mir wohl ungefähr die Richtung angegeben, in der ich den See finden könne, an einen Weg aber war gar nicht zu denken; doch glaubte ich, das Wasser auch ohne einen Kompass finden zu können, und schritt frisch darauf los; aber immer dichter wurde der Wald, immer häufiger lagen die umgestürzten Bäume querüber und durcheinander, und hoch stand die Sonne schon, als ich endlich den Kompass aus der Tasche nahm, mit seiner Hilfe eine gerade Richtung verfolgte und glücklicherweise an den See gelangte. Ich fand eine große Menge Enten, doch hielten sie sich, wahrscheinlich durch andere Jäger scheu gemacht, sehr in der Mitte auf, wenige nur schwammen um Rande herum.

      Das war wieder ein Strich durch die Rechnung, doch schien mir der See nicht groß; ich beschloss daher, ihn zu umgehen.

       Ich hatte nach und nach drei Enten geschossen und, ein wenig hitzig geworden, die Tageszeit ganz aus den Augen gelassen; jetzt bemerkte ich plötzlich, wie sich die Sonne schon sehr stark nach Westen neigte. Den See zu umgehen, war, wie ich wohl einsah, vor Sonnenuntergang nicht mehr möglich, denn wie ich an einigen lichten Stellen erkennen konnte, hatte ich noch nicht die Hälfte zurückgelegt, und in Nordosten waren dicke Wolkenmassen zusammengeballt, die die fliehende Sonne fast schon eingeholt hatten und den Wind brausend und pfeifend voranschickten.

      Ich sah keine andere Rettung, als hier zu biwakieren; auch konnten meinen Hunger einige Stücke hartes Brot, das ich in der Tasche hatte, wenig stillen, und eine der Enten zu braten, hatte ich mir die Zeit nicht genommen. Außerdem schien das Wetter höchst unbehaglich werden zu wollen. Schon in recht verdrießlicher Stimmung fand ich gerade noch zur rechten Zeit, als ich langsam am Ufer hinzog, ein aus einem Baumstamme ausgehauenes Kanu, das an eine Wurzel befestigt war. Ohne mich zu besinnen, stieg ich ein und ruderte auf das ungefähr 2½ englische Meilen entfernte andere Ufer zu, wobei ein ungeheuer hoher, abgestorbener Baum mir zur Richtschnur diente.

      Der Wind blies heftig, und die Wellen schaukelten das nur roh gefertigte und unbehilfliche Fahrzeug dermaßen, dass ich alle Kraft und Geschicklichkeit aufbieten musste, es im Gleichgewicht zu erhalten und durch die Wogen zu führen. Unterdessen fing der liebe Himmel an dermaßen mit Schneeflocken um sich zu werfen, dass ich in kurzer Zeit davon bedeckt war und nur mit Mühe noch den dürren Baum im Auge und dadurch meine Richtung beibehalten konnte. Endlich landete ich, befestigte den Nachen am Ufer und suchte nun einen Weg nach einer Ansiedelung zu finden.

       Während der Zeit war es ganz finster geworden, aber kurz vorher hatte ich glücklicherweise einen kleinen Fußpfad entdeckt, von dem der Schnee infolge der Nässe wegschmolz, und der als eine dunkle Linie mich durch den Wald führte. Dem folgte ich denn auch getrost, und nach ungefähr 1½ Stunden blinkte mir endlich der Schein eines fernen Lichtes entgegen, dem ich rasch und freudig zueilte. Bald hatte ich es erreicht und pochte nun an die niedere Haus- und zugleich Stubentür einer Farmerwohnung.

      Eine deutsche Stimme fragte: „Wer

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