Friedrich Gerstecker: Streif- und Jagdzüge durch die Vereinigten Staaten von Amerika 1837-43. Friedrich Gerstecker

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Friedrich Gerstecker: Streif- und Jagdzüge durch die Vereinigten Staaten von Amerika 1837-43 - Friedrich Gerstecker maritime gelbe Buchreihe

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etwas heller, und ich hatte nun wenigstens nicht zu befürchten, dass ich mich verirren würde. Überdies war die Temperatur angenehm, und musste ich die Nacht im Walde bleiben, ließ es sich auch ertragen.

      Endlich sah ich ein Licht von fern durch die Zweige schimmern, und die Hoffnung auf ein gutes Bett und eine Tasse warmen Kaffee wirkte gar angenehm auf den solcher Genüsse noch nicht ganz entwöhnten Europäer. Die Lichter wurden jedoch beim Vorwärtsschreiten zahlreicher und größer, und ich wusste nicht recht, was ich davon denken sollte. War eine Stadt oder ein indianisches Lager vor mir? Meiner Ungewissheit ein Ende zu machen, ging ich rasch darauf zu, da mich zum Überfluss auch mein Weg in gerader Richtung zu den Feuern führte, und bald stand ich vor einem brennenden Stück Wald, das majestätisch durch die dunkle Nacht leuchtete und bei dem schwarzen Hintergrunde und den schauerlich grell beleuchteten Seitenpartien einen eigenen, fast gespenstischen Anblick bot. Dies neue Schauspiel war mir zu wunderbar großartig, als dass ich hätte schnell daran vorbeigehen können; ich ließ mich daher an einem der umgestürzten, glühenden Stämme nieder, mich des großartigen Anblickes herzinnig erfreuend.

       Ich mochte wohl eine halbe Stunde so dagelegen und zugeschaut haben, als plötzlich, ungefähr zwanzig Schritt von mir, eine flammende Eiche mit dumpfem Krachen unter tausend sprühenden Funken niederstürzte, so dass glühende Kohlen und brennende Äste überall umherflogen. Solcher Gefahr wollte ich mich denn doch nicht aussetzen und machte mich deshalb wieder auf den Weg, der mir, durch das lange in die Flammen schauen jetzt um so viel dunkler vorkam. Aber der Wald wollte kein Ende nehmen, und ich glaubte daher, dass die Mühle bloß in der Einbildung des guten Farmers bestanden habe. Endlich hörte ich in der Entfernung, zu meiner Rechten, Wasser rauschen und zugleich das schwache Brüllen einer Kuh; sogleich verließ ich in der Richtung des Schalles den gebahnten Weg, gebrauchte aber die Vorsicht, ein Feuer an der rechten Seite desselben anzuzünden, damit ich, im Fall ich mich geirrt hätte, den Pfad und mit ihm die rechte Richtung wiederfinden könnte.

      Eine halbe Meile davon leuchtete mir wirklich das helle Dach einer Wohnung entgegen. Näher gekommen, erkannte ich den Mühlendamm, und mehrere Kühe, die die Einzäunung umstanden, begrüßten den Kommenden durch ihr langgezogenes Gebrüll. Dass das Haus bewohnt sei, bewies mir der Lärm drinnen, wo man Tische und Stühle zu rücken schien, und fröhlich den Staub von den Füßen schüttelnd, klopfte ich an die niedere Tür.

      Plötzlich war alles still wie im Grabe. Ich klopfte noch einmal – nichts rührte sich, keine Stimme rief mir ein trauliches „come in“ entgegen. Ich habe die Angewohnheit, nach dreimaligem Klopfen jede Tür zu öffnen, und auch hier stieß ich sie etwas ärgerlich auf. – Totenstille herrschte in dem von keiner menschlichen Seele bewohnten Hause; ein paar Sterne schauten trübe durch die fehlenden Schindeln im Dache, der Kamin war eingestürzt, und die Ratten oder sonstigen Nachtwandler, die den Lärm, den ich gehört hatte, mit einigen Überresten von Stühlen und einem alten Tische gemacht hatten, waren in ihre Schlupfwinkel geflüchtet.

       Es ist ein schauerliches Gefühl, einen Ort, den man von tätigen Menschen bewohnt zu finden erwartet, öde und verlassen anzutreffen, und sonderbar fröstelnd lief es mir den Rücken hinunter. Ich schloss die Tür und sprang über die Fenz zurück, das verlassene Gebäude seiner eigenen schauerlichen Einsamkeit überlassend.

      Mein Feuer war unterdessen fast ganz niedergebrannt, doch fand ich es wieder und verfolgte nun rüstig den früheren Weg. Nach einer Stunde Wanderung hörte ich das Anschlagen von Hunden, und dieser sicheren Bürgschaft für das Nahesein einer menschlichen Wohnung mit vergnügtem Herzen vertrauend, schritt ich rasch auf die endlich gefundene Mühle zu. Hunde bellten, ein Mühlrad rauschte, ein helles Licht strahlte durch alle Ritzen der Blockhütte, und alles zeigte mir, dass ich ein Nachtlager finden würde. Bald saß ich behaglich am prasselnden Kaminfeuer.

       Mein Wirt war ein freundlicher Mann, der schon lange Jahre in Indiana lebte, eine Mühle gebaut hatte und sich wohl dabei befand. Nach einem schmackhaften Abendessen führte er mich aus dem Hause, um mir etwas zu zeigen, wobei er sagte: „Ich will Ihnen jetzt einen kleinen Burschen vorführen, wie Sie wohl noch nie einen gesehen haben.“ Er hielt Wort – unter einem umgestürzten Fasse saß ein graues Tier, ungefähr von der Größe einer Hauskatze, aber viel stärker im Leibe, mit kurzen Füßen, durch Kopf und Schnauze einem Fuchse oder noch mehr einer kolossalen Ratte ähnlich, mit hässlich fingerartigen Klauen und einem kahlen, etwa einen Fuß langen Schwanze. Das Tier war ein Opossum (Beuteltier), das den Hühnern unablässig nachstellt und in den Farmen öfters bedeutenden Schaden anrichtet. Die Amerikaner, sowie auch häufig die eingewanderten Deutschen, essen das Fleisch desselben, das eine Delikatesse sein soll, und auch der Müller machte keine Umstände mit seinem Gefangenen. Er warf ihn auf den Boden, schlachtete ihn, schnitt ihm den Schwanz und die Klauen ab, häutete dann das Tier, wusch es aus und machte es ganz appetitlich zurecht, indem er versicherte, dass es ein delikates Frühstück geben solle. Mir wollte aber der Gedanke nicht in den Kopf, an dem rattenähnlichen Geschöpfe zu kauen. Allerdings regnete es die Nacht durch, was nur vom Himmel wollte, und das war schlechter Trost für meine morgige Fußwanderung; doch stand ich früh auf und empfahl mich dem Müller, nur um dem „delikaten Frühstück“ zu entgehen.

      Die Straße war schlüpfrig und bodenlos geworden, und nicht ohne Grund befürchtete ich, die Bergströme angeschwollen zu finden; doch vertraute ich meinem guten Glück und wanderte fröhlich fort. Gegen zehn Uhr fing es wieder an tüchtig zu regnen, und nachmittags kam ich an einen stürmenden brausenden Bergstrom, der, gewaltige Baumstämme mit sich fortreißend, dem Ohio zustürzte. Hier war guter Rat teuer, denn durchzuschwimmen wäre wohl möglich, aber auf jeden Fall höchst unangenehm gewesen, da ich außer der Kleidung, welche ich trug, keine andere mit hatte und das Wasser bedeutend kälter war als die Luft.

      Nachdem ich meilenweit am Fluss hinauf- und hinuntergegangen war, einen Ausgangspunkt zu entdecken, überraschte mich die Nacht, und ich war genötigt, mein Lager im Walde aufzuschlagen. Ich schlief, von dem Brausen des Wassers eingelullt, sanft bei einem guten Feuer, doch nicht ohne dann und wann aufzuwachen, da ich nicht ganz sicher war, ob mir nicht irgend ein wildes Tier einen Besuch abstatten werde. Am anderen Morgen machte ich mich früh auf und untersuchte den Strom. Er war, wie alle diese Bergwässer, die sehr schnell steigen, über Nacht bedeutend gefallen, und ich hatte schon die Absicht, den Durchgang zu versuchen, als ich zwei Reiter den Berg herunterkommen sah. Nun war ich außer aller Sorge. Sie kamen näher; der eine von ihnen nahm mich hinter sich aufs Pferd, und trocken gelangte ich ans andere Ufer.

       Ich wanderte auf dem etwas abschüssigen Wege, bald tief in den Schmutz einsinkend, bald ausrutschend und alle Regengüsse und amerikanischen Straßen vermaledeiend, weiter, als ich plötzlich, nicht weit von dem kleinen Städtchen Versailles, einen Mann mit Büchse und Kugeltasche mir entgegen den Berg herabkommen sah. Er schien im Gehen eben nicht die geradeste Linie zu treffen, und als er näher kam, fand ich auch bald, dass ich mich nicht geirrt hatte, sondern dass er ordentlich betrunken war. Bei mir angelangt, reichte er mir mit verklärten Augen seine Hand entgegen und schüttelte die meine herzlich. Der Anfang war gut, doch: trau, schau, wem! Mit den Augen eines Falken hatte er meine kleine Schnapsflasche entdeckt und suchte sie mit einem schnellen Griff an sich zu reißen; aber schneller noch als er, und fest, wie der Bär seine Jungen verteidigt, hatte ich sie seinen Händen wieder entrissen, steckte sie mit der gleichgültigsten Miene von der Welt in die andere Tasche und erwiderte ihm trocken: „Das ist nichts für euch.“

      Er ergab sich in sein Schicksal, aber meine Doppelflinte betrachtend, wollte er sie genauer ansehen und begehrte, daraus zu schießen. Müde, mich mit dem Betrunkenen länger einzulassen, wandte ich ihm den Rücken, meinen Weg fortzusetzen. „Stop!“ (halt) rief er mir nach – ich achtete nicht darauf; „stop!“ rief er zum zweiten Mal, und deutlich hörte ich den Hahn seiner Büchse knacken. Blitzschnell drehte ich mich um, das Gewehr von der Achsel reißend, aber schon zu spät, denn zischend brauste seine Kugel über meinen Kopf hin, und das Echo gab schallend den scharfen Krach der Büchse wieder. Nun war aber meine Geduld zu Ende. Den fischbeinernen Ladestock aus meiner Flinte herausreißend, sprang ich dem fliehenden Yankee nach, erwischte

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