Friedrich Gerstecker: Streif- und Jagdzüge durch die Vereinigten Staaten von Amerika 1837-43. Friedrich Gerstecker
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Читать онлайн книгу Friedrich Gerstecker: Streif- und Jagdzüge durch die Vereinigten Staaten von Amerika 1837-43 - Friedrich Gerstecker страница 19
Die Betten in Amerika sind fast alle zweischläfrig, d. h. so breit, dass drei Mann sehr bequem darin Platz haben; ich habe auch schon als der vierte in solchem Bette geschlafen.
Es ist das nämlich eine höchst fatale Gewohnheit der amerikanischen Gasthäuser, ihre Fremdenbetten immer gleich auf wenigstens zwei Schläfer berechnet zu haben, und man wird da, selbst in den besseren, sehr häufig mit Leuten zusammengeworfen, deren so unmittelbare Nähe einem gerade nichts weniger als angenehm ist. Man gewöhnt sich zuletzt freilich an alles.
In diesen „Tummelplatz des Traumes“, wie es einige Amerikaner nennen, wies mich ein kleiner buckliger Junge, und auf meine Frage, ob ich „allein darin schlafen“ würde, erwiderte er mir, dass wohl noch ein Fremder mit der Postkutsche kommen könnte.
Gegen Mitternacht ungefähr weckte mich Geräusch. Ich dachte bei mir: „Aha, da kommt dein Fremder“, und da ich mich noch nicht an diese amerikanische Sitte gewöhnt hatte, interessierte es mich doch ein wenig, zu sehen, wer denn eigentlich mein Schlafkamerad sein würde.
Den Kopf wendend, hatte ich indes die ungeheure Freude zu bemerken, dass ein Schwarzer, ein pechschwarzer Kerl, sich eben fertig machte, seine Ebenholzglieder zu mir ins Bett zu legen. Ich rückte auf die äußerste Bettkante und ließ dem Sohne der Finsternis zwei Dritteile des breiten Ruhelagers.
Ich war damals noch zu unbekannt mit den amerikanischen Gebräuchen; wäre mir dieses Abenteuer aber später passiert, so hätte der gute Wirt keinen ganzen Knochen im Leibe behalten.
So sehr ich nämlich auch diesem amerikanischen Vorurteil, die Schwarzen als eine vollkommen untergeordnete Rasse zu betrachten, entgegen bin, so war es doch von dem Wirt, der die Landessitte kannte, eine nichtswürdige Frechheit, mir solchen Schlafkameraden zu schicken, und er hatte es auch jedenfalls nur getan, weil er gemerkt haben mochte, dass ich erst ganz kürzlich von Deutschland gekommen war, und dabei voraussetzte, ich kenne die hiesigen Vorurteile und Sitten noch nicht.
Von Cleveland aus wanderte ich ein Stück Wegs am Kanal hinunter, der bis Portsmouth am Ohio-Fluss geht, nach einem kleinen Städtchen Canton, um dort meinen Schiffskameraden, den Apotheker Vogel, aufzusuchen.
Ich schoss diesen Tag im Kanal mehrere wilde Enten, auch einige Kaninchen am Wege, und blieb die Nacht über bei Amerikanern, die mich freundlich aufnahmen.
Gar sehr amüsierte mich dort ein deutsches Mädchen, das bei den Amerikanern diente, aber erst wenige Monate in der neuen Heimat war und noch sehr wenig Englisch verstand. Doch sprach sie Plattdeutsch und die Amerikaner Englisch, so dass beide Teile einander genug verstanden, um wenigstens zu wissen, was sie eigentlich voneinander wollten, und sich vortrefflich vertrugen.
Am 17. November erreichte ich endlich die kleine Stadt Canton, einen freundlichen Flecken mitten im Holze mit einigen recht hübschen und geschmackvollen Gebäuden.
Meinen Freund fand ich zwar nicht, hörte jedoch, dass er sich in Cincinnati aufhalte, und da ich ohnehin Cincinnati gern sehen wollte, beschloss ich, ihn dort aufzusuchen. Da ich weiter keine Geschäfte in Canton hatte, setzte ich noch denselben Abend meinen Wanderstab weiter. Was lag daran, wohin ich zog?
Ich hatte jetzt den Staat Ohio betreten und fand mich gleich vom ersten Tag an in einem weit mehr angebauten Lande als Kanada. Fast den ganzen Tag marschierte ich zwischen eingefenzten und bebauten Feldern hin, und fast jede halbe Stunde fand ich ein bald größeres, bald kleineres Farmhaus. An vielen Stellen verriet sich auch sehr deutlich deutscher Fleiß, und viele von meinen Landsleuten, die zum Teil schon sehr lange in Amerika waren, traf ich unterwegs.
Was ich dabei über das Land hörte, gereichte ihm überall fast nur zum Vorteil. Diese Leute, die sich hier allerdings mit saurem Schweiß ihr Brot verdienen mussten, waren zufrieden und rieten mir auch überall, zu bleiben und mich zwischen ihnen niederzulassen. Wenn ich fleißig sein wolle, garantierten sie mir mein Fortkommen. Damit war mir aber für jetzt noch nicht gedient, ich hatte meine Wanderung nur eben erst begonnen und noch einen langen Weg vor mir, ehe ich sie zu Ende führte.
Wohin der Weg? Ich wusste es selber nicht, kümmerte mich auch nicht darum. Vor der Hand lag mein Ziel in Cincinnati, und hatte ich das erst einmal erreicht, fand sich das andere auch schon weiter.
Ohne irgendwelche Fährlichkeit erreichte ich am 26. November Cincinnati, die größte Stadt Ohios, am Ohio-Fluss. Dort fand ich glücklicherweise den Apotheker Vogel und in der Freude, die er bei meiner Ankunft zeigte, auch reichliche Belohnung für meine Mühe, ihn aufzusuchen. Ich verlebte dort einige recht frohe Tage in seiner Gesellschaft.
Cincinnati ist unstreitig die schönste und blühendste Stadt des Westens, St.-Louis kaum ausgenommen, und wird nicht mit Unrecht von den Amerikanern – allerdings etwas unpassend für eine Republik – die Königin des Westens genannt. Sie ist der Mittelpunkt des ganzen westlichen Handels. Durch Dampfboote und Eisenbahnen mit den östlichen Städten, jetzt auch durch diese mit dem Norden, Westen und Süden, durch einen Kanal mit dem Eriesee, durch den Ohio und Mississippi noch außerdem mit allen wichtigen Handelsplätzen des ganzen westlichen Gebiets bis nach New-Orleans hinunter verbunden, rechtfertigte sich schon damals vollkommen ihr rasend schnelles Steigen, und sie muss später einmal eine Stadt werden, die ihre Einwohner nach Hunderttausenden zählt.
Deutsche hatten sich besonders viele dort niedergelassen, und ich fand selbst außer Vogel noch einige Schiffskameraden dort. Da ich aber später wieder nach Cincinnati zurück und dann ausführlicher darauf zu sprechen komme, will ich mich jetzt nicht zu lange dabei aufhalten und meinen Streifzug durch die Staaten weiter verfolgen.
In Cincinnati hatte ich bis dahin geglaubt, den Westen der Vereinigten Staaten erreicht zu haben, fand aber hier zu meinem Erstaunen, dass die „Königin des Westens“ trotz ihres Namens schon mit zum Osten gezählt wurde und der eigentliche Westen noch viel, viel weiter dahinten lag. Zum Westen wollte ich aber, die sogenannten Backwoods hatte ich mir fest vorgenommen aufzusuchen, und da man mir sagte, dass die eigentlichen Backwoods erst westlich vom Mississippi begönnen, so beschloss ich eben westlich vom Mississippi zu gehen und den eigentlichen Westen unter jeder Bedingung kennen zu lernen.
Am 6. Dezember sagte ich deshalb dem freundlichen Cincinnati Lebewohl. Am Abend desselben Tages kam ich an die Grenze dieses Staates, die der kleine Fluss Miami bildet, übernachtete dort und setzte am anderen Morgen nach Indiana über.
Zwei Meilen weiter gelangte ich in die kleine, am Ohio gelegene Stadt Lawrencebourg und erkundigte mich da nach dem nächsten Wege nach St.-Louis; aber keine Seele konnte mir diesen angeben, da, wie sie sagten, ihres Wissens noch kein Fußgänger nach der Hunderte von Meilen entfernten Stadt gegangen sei, wohin man auch wohl nur mit Dampfbooten gelangen könne. Mit Mühe und Not erfuhr ich die ungefähre Richtung und machte mich auf den Weg. Ich war während der Zeit ziemlich hungrig geworden; ein armes Kaninchen, für das mir ein Farmer eine reichliche Mahlzeit gab, musste die Zeche bezahlen. Die Nacht schlief ich in einem einsam stehenden Hause bei recht guten Leuten.
Den 8. Dezember hatte ich einen herrlichen Tag zum Marschieren, und auch der Abend brach warm und freundlich herein. Rasch wanderte ich vorwärts, als mir ein Farmer, an dessen Hause ich vorbeiging, sagte, dass ich sechs bis sieben Meilen weiter eine Mühle finden würde, wo ich über Nacht bleiben könnte; denn schon stand die Sonne nicht mehr hoch.
Immer