Anna Q und die Suche nach Saphira. Norbert Wibben
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Читать онлайн книгу Anna Q und die Suche nach Saphira - Norbert Wibben страница 12
»Katherin.« Anna macht eine kurze Pause und beginnt erneut. »Habe ich eben richtig gesehen? Wollten hinter dir zwei weitere Elfen und ein Drache in diesen Raum kommen?«
»Es tut mir leid, wenn sie dich erschreckt haben. Aber sei versichert, Dragon-tan tut dir nichts. Konnte Ainoa dich nicht vorwarnen?« Ein vorwurfsvoller Blick ist auf ihre jüngere Cousine gerichtet. Bevor diese etwas erwidern kann, nimmt das Mädchen sie in Schutz.
»Ich musste mich erst erholen, was wohl längere Zeit als von dir erwartet dauerte. Nachdem mir Ainoa mit der Übertragung von Lebensenergie geholfen hatte, wollte ich von ihr erst zu viele Fragen beantwortet haben. Deshalb war sie noch nicht so weit gekommen.« Sie zwinkert der jüngeren Elfe zu, die zurücklächelt. »Wie wäre es, wenn du mir die zwei Elfen und die Kreatur vorstellst?«
»Findest du, dass das meine … Nun gut«, unterbricht sich die Elfe sofort, die zuerst empört auffahren wollte. »Ich habe es ja so gewollt. Die zwei sind sozusagen meine besten »Spürnasen«, die seit Wochen nach Saphira suchen. Madfall ist ein Elf, der einer Zauneidechse ähnlich sieht. Er vermag einer Fährte besonders gut durch dichtes Unterholz in Wäldern zu folgen. Ci-hela besitzt wiederum eine ausgezeichnete Spürnase, die sogar einem Hund überlegen ist. Er vermag damit einer mehrere Tage alten Spur zu folgen, wenn sie nicht durch stärkere Düfte überlagert wird. Der letzte von ihnen ist Dragon-tan, ein junger Feuerdrache, der uns Schutz gegen andere Drachen gibt. Er vermag, trotz seiner Jugend, die zwei Spürnasen in die Lüfte zu tragen und mit ihnen in entlegenere Gebiete unserer Welt vorzudringen.«
»Aber … Ainoa sagte doch, Eisdrachen oder Drachen gehören zu den Cythraul. Ist Dragon-tan kein richtiger Lindwurm?«
»Pst. Sag das nicht, wenn er es hören könnte. – Saphira traf sich vor einem Jahr im Westen mit anderen Elfen der Region. Bei einer Wanderung auf den höchsten Berg fanden sie ein Ei, das etwa die Größe einer Männerfaust hatte und in einer kleinen Spalte eingeklemmt war. Es fühlte sich eiskalt an, was auf dem Berg mit schneebedecktem Gipfel nicht ungewöhnlich war. Die jungen Elfen hielten es für ein aus einem Gelege gefallenes Exemplar eines Greifs oder Drachen, das ohne die Wärme des Muttertiers bereits abgestorben sei. Da sie wissen, wie angriffslustig diese Wesen reagieren, wenn man in die Nähe ihres Nestes kommt, drehten sie um und suchten nach einem anderen Pfad zum Gipfel. Saphira steckte das Ei in ihren Rucksack und brachte es mit nach Hause. Sie legte es auf die Fensterbank ihres Zimmers, da die Schale ein leuchtendes, blau-grünes Muster hatte. In der Nacht wurde sie von einem Kratzen und Schaben darin geweckt, also musste es noch Leben in dem Ei geben. Eine Woche später schlüpfte ein kleiner Drache. Seitdem wich Dragon-tan bis zum Alter von einem Jahr kaum von Saphiras Seite, da er sie für seine Mutter hält.«
»Dann ist er also ein echter Drache?«
»Richtig. Und er kann fliegen und Feuer spucken, doch das hat er bisher nie für irgendwelche Gräueltaten genutzt. Er ist der einzige Feuerdrache, der auf unserer Seite steht. Vor mehreren hundert Jahren gab es schon einen Lindwurm, der auf ähnliche Weise zu uns Elfen gelangte. Der kämpfte gegen seine Artgenossen, um seine neue Familie zu schützen. Leider kam er dabei um. Doch das zeigt uns, dass ein Lebewesen nicht deshalb böse ist, weil es so geboren wird, sondern weil Erziehung und Umgebungseinflüsse es dazu machen.«
»Kannst du mir sagen, weshalb du dir mehr Erfolg von meiner Suche erhoffst, als von eurer?«
»Kennst du den Unterschied zwischen Elfen und Menschen?«
»Ich … nein, kenne ich nicht. Zumindest du und Ainoa seht aus wie wir. Aber halt, ihr vermögt Magie einzusetzen. Damit müsste es euch doch leicht fallen, der Fährte von Saphira zu folgen!«
»Du hast recht, im Aussehen unterscheiden wir Elfen uns nicht von Menschen. Wir können uns jedoch viel schneller als ihr bewegen, was euren Augen zu verfolgen schwer fällt. Manche Menschen dichten uns deshalb Flügel an, die wir aber nicht besitzen. Zauberkräfte haben nicht nur manche von uns. Es gibt auch einige Menschen, die darüber verfügen, besonders dann, wenn sie in unserer Anderswelt sind.« Anna hält den Atem an und blickt Katherin ungläubig an. Die scheint es nicht zu merken. »Ein Nachteil ist, dass wir Teil der Anderswelt sind. Sobald wir hier Magie einsetzen, spürt das einer unserer Gegenspieler, der das Empfinden sofort an den Cythraul weitervermittelt. Wenn wir nicht sofort nach der Anwendung unseren Ort wechseln, müssen wir damit rechnen, von ihm aufgespürt und vernichtet zu werden. Alle Wesen des Bösen wollen die Herrschaft in der Anderswelt übernehmen. Wenn sie uns einzeln auflauern, sind wir ihnen unterlegen, selbst wenn wir dann Zauberei nutzen sollten.«
»Warum ist dann der Cythraul noch nicht hier? Ainoa hat mich hergeholt und auch Lebensenergie übertragen. Ist dafür keine Magie angewandt worden?«
»Doch«, beginnt die junge Elfe. »Wenn wir Zauberkräfte in eurer Welt nutzen, resultiert in unserer daraus nur ein schwacher, verfälschter Impuls. Der kann von den Gegnern nicht lokalisiert werden. Das ist ebenso, wenn wir eine Art örtliche Schutzglocke vor Anwendung der Magie aufrufen. Warum das so ist, wissen wir nicht. Den Schutz herstellen ist bereits die Nutzung von Zauberkraft, trotzdem lässt sich das nicht aufspüren.«
»Könntet ihr dann nicht auf diese Art die Spur von Saphira verfolgen?«
»Das haben Ainoa und ich versucht«, beginnt jetzt wieder Katherin. »Dafür geht jedoch so viel Zeit verloren, dass die Fährte sozusagen schneller erkaltet, als dass wir ihr zu folgen vermögen. Einmal haben wir alles auf eine Karte gesetzt, wie man bei euch zu sagen pflegt. Wir kamen dadurch bis etwa zur Mitte des Landes, als uns plötzlich drei gewaltige Eisdrachen erwarteten. Zu unserem Schutz setzten wir Magie ein und schleuderten Betäubungsflüche auf die Eismonster. Eines davon konnten wir auf die Art außer Gefecht setzen, doch dann wurde es Zeit zu verschwinden. Am Horizont bildete sich bereits ein dunkelrotes Licht, aus dem grelle Blitze züngelten. Das zeigte uns unmissverständlich: der Cythraul war auf dem Weg zu uns. Wir mussten also schleunigst von dort verschwinden und nutzen Magie, um den Ort zu wechseln. Das wird magischer Sprung genannt, lässt sich aber auch leicht verfolgen. Deshalb war es gut, dass uns Dragon-tan begleitete. Er ließ uns aufsteigen und flog uns in Sicherheit. Seitdem haben wir es wieder mit den vorherigen Schutzmaßnahmen versucht, doch vor fünf Wochen verlor sich endgültig Saphiras Spur!«
Jetzt herrscht längere Zeit Stille. Was soll Anna nur antworten. Schließlich reißt sie sich zusammen.
»Ainoa sagte, ich könne den Auftrag auch absagen.« Sie bemerkt sofort die Enttäuschung, die sich im Gesicht der Elfenkönigin breitmacht. »Das will ich aber nicht, keine Sorge. Ich muss vielmehr wissen, was in der Zwischenzeit im Internat geschieht. Werde ich dort vermisst und mein Vater bekommt darüber eine Nachricht? Das würde ihn genauso in Angst versetzen wie dich.« Sie nickt Katherin zu. »Ich habe vorhin mitbekommen, dass ihr davon spracht, mein Tod würde dem Gewitter zugeschrieben, wenn der Körper gefunden wird. Ich bin jetzt schon sehr lange hier. Ist das nur mein Geist?«
»Entschuldige, das haben wir noch nicht erklärt. Wenn du hier bist, bist du das komplett. Deshalb könntest du hier auch zu Schaden kommen oder getötet werden. In dem Fall würde dein Körper sofort zurück zu dem Zeitpunkt in deine Welt gebracht werden, als du hierherkamst. Deine Abwesenheit wird nicht bemerkt, da die Zeit dort sozusagen stillsteht.«
»Das bedeutet dann, dass ich hier zeitlos lebe, also ohne älter zu werden?«
»Richtig. Selbst wenn du ein Jahr in der Anderswelt bleiben würdest, um die Aufgabe zu erledigen, alterst du nicht und kämst anschließend um Mitternacht bei Gewitter unter dem Haselbusch wieder in deine Welt zurück.«
»Falls ich nicht von einem der bösartigen Kreaturen getötet werden würde.«
»Richtig. Die