Hauptwerke: Der Kaufmann von Venedig, Der Widerspenstigen Zähmung, Die Komödie der Irrungen, Ein Sommernachtstraum, V.... William Shakespeare
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Читать онлайн книгу Hauptwerke: Der Kaufmann von Venedig, Der Widerspenstigen Zähmung, Die Komödie der Irrungen, Ein Sommernachtstraum, V... - William Shakespeare страница 20
Wir sind die Jasons, die das Vlies gewonnen.
SALERIO.
O hättet Ihr das Vlies, das er verlor!
PORZIA.
In dem Papier ist ein feindsel'ger Inhalt,
Es stiehlt die Farbe von Bassanios Wangen.
Ein teurer Freund tot; nichts auf Erden sonst,
Was eines festgesinnten Mannes Fassung
So ganz verwandeln kann. Wie? schlimm und schlimmer?
Erlaubt, Bassanio, ich bin halb Ihr selbst,
Und mir gebührt die Hälfte auch von allem,
Was dies Papier Euch bringt.
BASSANIO.
O werte Porzia!
Hier sind ein paar so widerwärt'ge Worte,
Als je Papier befleckten. Holdes Fräulein,
Als ich zuerst Euch meine Liebe bot,
Sagt' ich Euch frei, mein ganzer Reichtum rinne
In meinen Adern, ich sei Edelmann;
Und dann sagt' ich Euch wahr. Doch, teures Fräulein,
Da ich auf nichts mich schätzte, sollt Ihr sehn,
Wie sehr ich Prahler war. Da ich Euch sagte,
Mein Gut sei nichts, hätt' ich Euch sagen sollen,
Es sei noch unter nichts; denn, in der Tat,
Mich selbst verband ich einem teuren Freunde,
Den Freund verband ich seinem ärgsten Feind,
Um mir zu helfen. Hier, Fräulein, ist ein Brief,
Das Blatt Papier wie meines Freundes Leib,
Und jedes Wort drauf eine offne Wunde,
Der Lebensblut entströmt. – Doch ist es wahr,
Salerio? Sind denn alle Unternehmen
Ihm fehlgeschlagen? Wie, nicht eins gelang?
Von Tripolis, von Mexiko, von England,
Von Indien, Lissabon, der Barbarei?
Und nicht ein Schiff entging dem furchtbar'n Anstoß
Von Armut droh'nden Klippen?
SALERIO.
Nein, nicht eins.
Und außerdem, so scheint es, hätt' er selbst
Das bare Geld, den Juden zu bezahlen,
Er nähm' es nicht. Nie kannt' ich ein Geschöpf,
Das die Gestalt von einem Menschen trug,
So gierig, einen Menschen zu vernichten.
Er liegt dem Doge früh und spät im Ohr,
Und klagt des Staats verletzte Freiheit an,
Wenn man sein Recht ihm weigert: zwanzig Handelsleute,
Der Doge selber, und die Senatoren
Vom größten Ansehn reden all' ihm zu:
Doch niemand kann aus der Schikan' ihn treiben
Von Recht, verfallner Buß' und seinem Schein.
JESSICA.
Als ich noch bei ihm war, hört' ich ihn schwören
Vor seinen Landesleuten Chus und Tubal,
Er wolle lieber des Antonio Fleisch,
Als den Betrag der Summe zwanzigmal,
Die er ihm schuldig sei; und, Herr, ich weiß:
Wenn ihm nicht Recht, Gewalt und Ansehn wehrt,
Wird es dem armen Manne schlimm ergehn.
PORZIA.
Ist's Euch ein teurer Freund, der so in Not ist?
BASSANIO.
Der teu'rste Freund, der liebevollste Mann,
Das unermüdet willigste Gemüt
Zu Dienstleistungen, und ein Mann, an dem
Die alte Römerehre mehr erscheint,
Als sonst an wem, der in Italien lebt.
PORZIA.
Welch eine Summ' ist er dem Juden schuldig?
BASSANIO.
Für mich, dreitausend Dukaten.
PORZIA.
Wie? nicht mehr?
Zahlt ihm sechstausend aus und tilgt den Schein,
Doppelt sechstausend, dann verdreifacht das,
Eh' einem, Freunde dieser Art ein Haar
Gekränkt soll werden durch Bassanios Schuld.
Erst geht mit mir zur Kirch' und nennt mich Weib,
Dann nach Venedig fort zu Eurem Freund:
Denn nie sollt Ihr an Porzias Seite liegen
Mit Unruh' in der Brust. Gold geb' ich Euch,
Um zwanzigmal die kleine Schuld zu zahlen:
Zahlt sie und bringt den echten Freund mit Euch.
Nerissa und ich selbst indessen leben
Wie Mädchen und wie Witwen. Kommt mit mir,
Ihr sollt auf Euren Hochzeittag von hier:
Begrüßt die Freunde, laßt den Mut nicht trüben:
So teu'r gekauft, will ich Euch teuer lieben. –
Doch laßt mich hören Eures Freundes Brief!
BASSANIO liest. »Liebster Bassanio,