Seerosenzauber. Heidi Oehlmann
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Keine zwei Minuten später klopft es.
»Ja!«, rufe ich genervt.
Ich rechne schon damit, Cindy wieder zu sehen. Doch es ist Rosalie, die ihren Kopf hineinsteckt. »Darf ich?«, fragt sie zaghaft.
Ich nicke.
Rosalie kommt näher. »Ich will mich ja nicht einmischen, aber was war hier gerade los? Cindy sah aus, als hätte sie einen Geist gesehen.«
»Sie …«
»Sie hat also wieder versucht, bei dir zu landen«, spricht Rosalie die Worte aus, die mir fehlen.
»Du weißt es! Na klar.« Ich lächle ihr dankbar zu.
»Was hast du gemacht? Sie in ihre Schranken gewiesen?«
»Ja.«
»Irgendwann musstest du es ja mal tun. Sie erzählt den anderen Kolleginnen in den Pausen immer, du würdest mit ihr flirten.«
»Was?« Schockiert hebe ich den Kopf und schaue Rosalie in die Augen. Ich suche nach einem Anzeichen, das mir den Humor hinter der Aussage verrät, aber es gibt keins. »Wirklich?«, frage ich flüsternd.
»Ja, ich weiß es auch nur von den anderen. Vor mir traut sie sich das wohl nicht, zu sagen.«
Ich nicke.
»Kopf hoch, Gregor! So eine ist es nicht wert, sich über sie aufzuregen.«
»Ja, du hast recht«, krächze ich.
»Kann ich dir irgendetwas bringen?«
»Nein. Ich muss endlich weiterarbeiten«, antworte ich und deute auf den Computerbildschirm.
***
»Du bist spät, Gregor«, begrüßt mich meine Mutter, als ich eintreffe. »Du weißt, dein Vater mag es nicht zu warten.«
»Hi Mom«, grüße ich zurück und gebe ihr einen Kuss auf die Wange. Auf mein Zuspätkommen gehe ich nicht weiter ein. Es hat sowieso keinen Zweck, sich zu rechtfertigen.
Wenn es nach meinem Vater geht, kann ich sowieso nichts richtig machen. Er sieht meine Firma noch immer als Spielerei. Dass wir inzwischen pro Jahr einen Millionenumsatz erwirtschaften, kann oder will er nicht kapieren. Für ihn gibt es nur sein eigenes Unternehmen. Er hätte es viel lieber gesehen, wenn ich in seine Firma eingestiegen wäre. Dagegen habe ich mich aber immer gesträubt. Ich habe mich noch nie für Schrauben interessiert. Auch, wenn mein Vater einer der größten Hersteller für Nägel und Schrauben ist, hat es mich nie gereizt, in das Unternehmen einzusteigen. Am Ende wäre es vielleicht auf das Gleiche rausgekommen. In beiden Fällen hätte ich weniger mit der Produktion, als mit Kundenkontakten und der Mitarbeiterführung zu tun. Doch seit ich denken kann, wollte ich Programmierer werden. Wenn es sein muss, kann ich auch einen Nagel in die Wand hauen oder mit Schrauben umgehen, aber das ist eher ein notwendiges Übel.
Meine Mutter hat keine eigene Meinung. Sie zeigt mir nicht, ob sie stolz auf mich ist. Das hat sie noch nie getan. Sie ist meinem Vater hörig und redet ihm nach dem Mund.
Gerit Sander sagt, seine Frau soll nicht arbeiten. Also bleibt Dina zu Hause. Seit ich aus dem Haus bin, muss sich meine Mutter schrecklich langweilen. Für anfallende Arbeiten im Haushalt gibt es schließlich Personal.
Freunde hat meine Mutter auch keine. Wenn sie Besuch bekommen, sind es Geschäftspartner meines Vaters, die in Begleitung kommen.
Ich gehe an meiner Mutter vorbei. Es wundert mich, dass sie heute selbst an die Tür gekommen ist. Normalerweise sind dafür die Angestellten zuständig.
Als ich das Wohnzimmer betrete, sehe ich meinen Vater auf einem Sessel sitzen. Er ist in eine Zeitung vertieft und bemerkt mein Eintreffen nicht sofort.
Ich straffe meine Schultern und gehe auf ihn zu. »Hallo Vater!«
»Es wird ja Zeit, dass du endlich kommst. Wir warten schon seit einer Ewigkeit auf dich mit dem Essen.«
Ich könnte ihm jetzt von meinem Termin erzählen, der sich in die Länge gezogen hat, aber es wäre sinnlos. Ich kenne seine Antwort. Er würde mir erklären, wie schlecht meine Zeitplanung ist und mir sagen, ich hätte den Termin nicht so knapp vor dem Essen legen sollen. Schließlich ist das gemeinsame Abendessen freitags fix. Dabei frage ich mich immer, warum ich mir das antue. Ich könnte jetzt zu Hause auf der Couch sitzen, mir eine Pizza reinziehen und mir irgendeinen Film anschauen. Stattdessen bin ich bei meinem Eltern und muss ein steifes Essen durchstehen.
Mein Vater legt die Zeitung auf den kleinen Beistelltisch und geht an mir vorbei, ohne mich zu berühren. Ich bin es von ihm nicht anders gewohnt. Er hat mich noch nie in den Arm genommen oder mir gesagt, er würde mich lieben. Wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht, ob er mich liebt oder er mich nur duldet, weil ich sein Sohn bin.
Für meine Arbeit hatte er auch nie ein gutes Wort übrig.
Das sind die Momente, in denen ich meinen Kumpel Tim beneide. Seine Eltern zeigen ihm, wie sehr sie ihn lieben. Sie haben vielleicht nicht so viel Geld, wie meine, aber sie scheinen definitiv glücklich zu sein. Deshalb bin ich lieber bei ihnen, als bei meiner Familie.
Ich folge meinem Vater ins Esszimmer. Er hat sich bereits an das Kopfende des riesigen Tisches, an den vierundzwanzig Personen Platz finden, gesetzt und wartet.
Das Zimmer wirkt wie die meisten Räume des Hauses kalt und unpersönlich. Nur die hauseigene Bibliothek und mein ehemaliges Jugendzimmer, das unverändert ist, sind warm und haben so etwas wie eine Seele.
Das Gesicht meines Vaters ist ausdruckslos. Nur seine dunklen Augen verraten seinen Unmut.
Ich setze mich, wie immer, auf den Stuhl rechts von ihm.
Kurz nach mir trifft meine Mutter ein und setzt sich mir gegenüber.
»Und wie war dein Tag, Schatz?«, fragt meine Mutter und schaut mich fragend an.
Ich zucke mit den Schultern und überlege, was ich antworten soll. Zum Glück taucht in diesem Moment eine der Angestellten auf und serviert uns die Suppe.
Nachdem sie den Raum verlassen hat, löffeln wir sie schweigend.
Meine Mutter scheint ihre Frage glücklicherweise vergessen zu haben. Das erspart mir, darüber nachzudenken, was ich ihr in Gegenwart meines Vaters erzählen soll. Ich muss mir jedes Wort genau überlegen, um einer Moralpredigt zu entgehen.
Gedanklich wandere ich durch meinen Tag. Ich muss schmunzeln, als ich wieder diese leuchtend grünen Augen vor mir sehe.
»Was ist los? Du grinst wie ein Idiot!«, sagt mein Vater mit strenger Stimme.
Ich lasse meine Mundwinkel nach unten sinken und zucke mit den Schultern. »Nichts.«
Meine Mutter mustert mich. »Gibt es ein Mädchen, das dich so zum Lächeln bringt?«
Ich schaue sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Wie kommst du denn darauf?«
»Deine