Seerosenzauber. Heidi Oehlmann

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Seerosenzauber - Heidi Oehlmann

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      »Ja, Schmorbraten mit Kartoffeln, Gemüse und Soße.«

      »Oh, fein«, sagt er freudig und verschwindet in der Küche.

      Hastig hänge ich meine Jacke an die Garderobe, schlüpfe aus meinen Schuhen und folge meinem Großvater.

      An der Küchentür begrüßt mich Waldi mit einem trägen Schwanzwedeln. Früher kam er angerannt und ist an mir hochgesprungen. Inzwischen ist es ein Wunder, wenn er überhaupt sein Körbchen verlässt, um jemanden zu begrüßen.

      »Hast du Waldi schon gefüttert?«

      »Natürlich!«, sagt mein Opa.

      Der Küchentisch ist bereits gedeckt. Mein Opa hat die Dosen auf den Tisch gestellt und sich hingesetzt.

      »Ich wärme es uns schnell auf«, schlage ich vor und nehme das Essen vom Tisch.

      »Aber nicht in dem Ding da!«, erwidert mein Opa und deutet auf die Mikrowelle.

      Ich muss schmunzeln. Ich bin auch nicht der größte Fan von Mikrowellen, allerdings spricht meiner Meinung nichts dagegen, darin Essen aufzuwärmen. Mein Großvater ist ein Gegner davon. Er mag im Allgemeinen keine Technik. Ihm ist alles suspekt, was nach seiner Jugend entwickelt wurde.

      Ich hatte mal versucht, ihm ein Handy zu schenken, damit wir besser miteinander kommunizieren können. Erst hatte er es ungeachtet im Wohnzimmer liegen gelassen. Dann entsorgte er es einfach heimlich im Hausmüll samt SIM-Karte. Natürlich fand ich das erst Wochen später heraus und musste die Karte sofort sperren lassen. Zum Glück war das Handy nicht in die falschen Hände geraten. Das hätte sonst böse für mich enden können, da es sich um eine Partnerkarte meines Vertrags handelte.

      Seitdem versuche ich, ihm keine technischen Neuerungen mehr aufzuschwatzen. Es ist schon ein Wunder, dass er die Mikrowelle noch nicht entsorgt hat. Vielleicht liegt es nur an ihrer Größe. Ihr Verschwinden würde schnell auffallen.

      Mit der Anschaffung hatte ich nichts zu tun. Kurz vor ihrem Tod hatte meine Oma sie gekauft. Womöglich ist sie auch aus diesem Grund noch im Haus.

      Ich hole zwei Töpfe aus dem Schrank. In einen gebe ich das Fleisch samt Soße und Kartoffeln und in den anderen schütte ich das Gemüse hinein.

      Durch die Küche zieht ein leckerer Duft.

      »Und wie war der erste Tag als Küchenchefin?«, fragt mein Opa, während er den Duft des Essens inhaliert.

      »Verdammt anstrengend und ein Ende ist lange nicht in Sicht. Eduards Bein muss operiert werden. Er wird mindestens eine Woche im Krankenhaus bleiben und sich danach schonen müssen.«

      Für mich ist es eine wertvolle Chance, die Eduard mir gegeben hat. Zum ersten Mal ist mir bewusst, dass die Führung eines eigenen Ladens mehr ist, als nur gut zu kochen.

      Während mir die Mitarbeiterführung noch relativ leicht von der Hand geht - vielleicht weil ich die Leute schon eine Weile kenne und ich es auf freundschaftlicher Basis versuche - ist der Papierkram die Hölle für mich.

      Falls ich den Chef länger vertreten muss, werde ich um die Abrechnung nicht herumkommen. Einerseits freue ich mich, wenn Eduard so schnell wie möglich zurückkommt und mir die Verantwortung wieder abnimmt. Andererseits wird das kein Zuckerschlecken, solange er noch nicht vollständig einsatzfähig ist. Ich sehe ihn schon vor mir, wie er in der Küche auf einem Stuhl sitzt und uns antreibt. Diese Vorstellung lässt mir einen Schauer über den Rücken laufen.

      »Wo ist denn meine Brille?«, murmelt mein Großvater, der sich eine Zeitschrift geholt hat und darin herumblättert. Er schaut sich suchend um.

      Auch ich lasse meinen Blick durch die Küche schweifen. »Mmh, hast du schon im Wohnzimmer nachgesehen?«

      »Ja, da ist sie nicht.«

      »Na ja, das Essen ist sowieso gleich fertig. Danach suchen wir sie in Ruhe. Sie kann ja nicht weg sein.«

      Mein Opa brummt etwas Unverständliches vor sich hin und schmeißt die Zeitschrift auf die Anrichte.

      Ich belade die Teller mit Essen. Eigentlich habe ich keinen Hunger mehr. Wenn ich den ganzen Tag Gerichte abschmecken muss, habe ich am Abend kein Hungergefühl mehr. Entsprechend klein fällt meine Portion aus. Ich würde auch komplett darauf verzichten, aber ich möchte meinem Opa Gesellschaft leisten. Er ist ohnehin tagsüber schon mit Waldi alleine. Zum Mittag scheint er nie etwas zu essen. Entweder vergisst er es oder er isst ungern allein.

      Als meine Oma noch da war, hatte es das nie gegeben. Sie hatte darauf geachtet, dass es ihm gut ging.

      Sie fehlt mir so sehr. Ich vermisse sie jeden einzelnen Tag. Seit meiner Kindheit waren sie und mein Opa die Menschen, die mir am nächsten standen.

      Als mein Vater starb, waren meine Großeltern diejenigen, die mich ohne zu zögern zu sich nahmen. Für sie muss es genauso schlimm gewesen sein, wie für mich. Immerhin hatten sie ihren Sohn verloren.

      Ich erinnere mich an den Morgen vor meinem zehnten Geburtstag, als wäre es erst gestern gewesen. An diesem Tag war ich bei meinen Großeltern. Ich hatte bei ihnen übernachtet, damit mein Vater einen Männerabend mit seinem besten Freund machen konnte. Die beiden hatten jede Menge Spaß, bevor mein Vater sich auf den Heimweg machte. Nur leider kam er nie zu Hause an. Unterwegs sah er, wie sich zwei Kerle über eine Frau hermachten. Wie er nun mal war, überlegte er nicht lange und griff ein. Die Typen wandten sich sofort ihm zu, dadurch konnte die Frau fliehen. Sie hatte die Polizei gerufen. Kurz nach ihnen traf auch ein Krankenwagen ein. Doch für meinen Vater kam jede Hilfe zu spät. Seine Verletzungen waren zu schwer. Die beiden Schläger traten noch nach ihm, als er bereits bewusstlos am Boden lag.

      Wir saßen gerade beim Frühstück, als die Polizei eintraf und meinen Großeltern den Verlust ihres einzigen Sohnes mitteilte. Ich hatte das Gespräch belauscht. Anfangs fand ich es so aufregend, dass wir Besuch von zwei Polizisten hatten. Das ging aber vorbei, sobald ich erfuhr, warum sie da waren. Ich brach in Tränen aus und konnte mich stundenlang nicht beruhigen.

      Die Täter wurden nie geschnappt. Sie laufen irgendwo da draußen ungestraft herum und dürfen ihr Leben einfach so weiterführen, nachdem sie meinem Vater seines nahmen.

      Bei dem Gedanken spüre ich Wut in mir hochkochen. Wut auf die Kerle, Wut auf die Frau und Wut auf meinen Vater. Warum musste er sich einmischen und den Helden spielen? Er hätte sich auch zurückziehen und die Polizei rufen können. Genauso wie die Frau um diese Uhrzeit nicht allein zu Fuß unterwegs sein musste. Wenn sie nicht dort gewesen wäre, würde mein Vater vielleicht noch leben.

      Ich weiß, wie mies und falsch diese Gedanken sind und auch, dass die alleinige Schuld bei den beiden miesen Kerlen liegt, aber ich kann nicht anders. Diese Wut ist die einzige Möglichkeit, mit der Trauer besser umgehen zu können.

      Wenn ich meinen Opa anschaue, denke ich automatisch an meinen Vater. Die beiden sehen sich so verdammt ähnlich. Auch ich habe ihre Augen. Wenn ich in den Spiegel schaue, sehe ich meinen Vater. Er ist immer präsent.

      Schweigend sitzen wir nebeneinander. Während ich mein Essen von der einen auf die andere Seite schiebe, verschlingt mein Opa seine Portion.

      ***

      »Oh nein, nicht jetzt«, fluche ich, als mein Handy klingelt.

      Meine

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