Geliebter Unhold. Billy Remie

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Geliebter Unhold - Billy Remie Chroniken der Bruderschaft 4

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hast Sarsar in den Abgrund gestoßen, ihn den Trümmern überlassen.«

      Riath hob den Kopf und atmete aus, als ob ihm ein Dolch in der Brust steckte. »Und doch hast du bei mir gelegen, mich getröstet in dieser Nacht, mir danach geschrieben…«

      Kacey fuhr zu ihm herum, suchte in seinem Blick den jungen Mann, dem er damals in dieser Nacht so tief in die Seele geblickt hatte. Suchte nach dem Jungen, der für ihn in den brennenden Wald gerannt und ihn aus den Dornen gerettet hatte, der ihm nachgestellt, ihn angehimmelt hatte. Suchte den Jungen, mit dem er vor knapp acht Jahren diese besondere Nacht verbracht hatte. Er war menschlich gewesen und voller Verzweiflung, voller Reue, gequält von seiner eigenen Schuld.

      Natürlich war das, was er getan hatte, unverzeihlich, denn er hatte den eigenen Bruder töten wollen, aus Angst, dieser könnte ihm die Krone streitig machen.

      Abertausende Brüder töteten einander um der Macht willen, aber nicht einer hatte wie Riath so schnell und so stark deshalb gelitten, solch einen verzehrenden Schmerz verspürt, der ihn innerlich zerriss.

      »Deine Mutter hat dein Leben lang zu dir gesagt, dass du es tun musst«, verteidigte Kacey ihn, spürte, wie ihm die Kehle eng wurde. Er wollte Entschuldigungen für ihn finden. »Sie hat es dir aufgetragen, den zu töten, der dir gefährlich werden kann.«

      Was tat er hier nur?

      »Tu das nicht«, Riath lächelte kühl, hob eine Hand und berührte Kaceys Wange mit den Knöcheln, als wäre er ein kostbares Stück zerbrechliche Kunst, »gib ihr nicht die Schuld, nicht einmal ich tue das. Denn am Ende…«, er streichelte Kaceys Kinn, »…war es meine eigene Entscheidung.«

      Kacey blinzelte zu ihm auf, hatte Schwierigkeiten, sich ob der Liebkosungen, die sich prickelnd über sein Gesicht und Hals ausbreiteten, einen kühlen Kopf zu bewahren.

      »Und doch empfindest du Reue, tiefe Verzweiflung«, flüsterte Kacey rau zurück. »Und doch hast du ein Herz, Riath.«

      Wenn er in seinem Leben eins gelernt hatte, dann, dass nichts einfach nur Schwarz und Weiß war, und Riath war gewiss nicht einfach nur grausam. Er war ein dummer Junge gewesen, gewiss, der so groß und legendär wie sein Vater hatte sein wollen, und der von einer kalten Mutter dazu erzogen wurde, um jeden Preis ein König zu sein. Sie hatte ihm eingebläut, dass Mord in Ordnung war. Nein, Kacey konnte nicht nur der Mutter die Schuld geben, das wusste er, Riath war für seine Taten selbst verantwortlich, doch Kacey … verstand ihn. Er war schockiert gewesen, aber er hatte den jungen Burschen verstanden, der diese dumme, ungeheuerliche Tat verübt hatte.

      Er war mit Riath verschmolzen, hatte seine Verzweiflung gefühlt, sein Bedauern, als wären es seine eigenen Gefühle gewesen, hatte mit ihm schreien und weinen und sich selbst hassen wollen, hatte mit ihm zusammen die Tat akzeptiert und hingenommen, dass das Schicksal ihn bestrafen würde. Er hatte diesen zerstörten Jungen in sich aufgenommen, Mitleid empfunden, und vor allem hatte er in ihn hineingesehen und seinen Schmerz gespürt, seine Einsamkeit.

      Jemand, der so sehr litt, der konnte nicht herzlos sein. Jemand, der so viel Reue empfand, würde sich für Gerechtigkeit einsetzen.

      Und genau das hatte Riath auch getan, wenn auch auf eine äußerst blutige Art.

      Was tat er bloß, wieso wollte er Entschuldigen für ihn finden?

       Weil du sein Herz kennst und weißt, dass er nicht nur ein kaltblütiger Gegner, sondern auch ein starker, liebender Beschützer war. Und dass die Magier – dass DU – diese Mischung vielleicht brauchen.

      Sarsars Tod war unentschuldbar, doch alles, was Riath danach getan hatte, war für Kacey sogar nachvollziehbar, auch wenn er es gar nicht verstehen wollte. Riath führte Krieg mit seinen Feinden, und Kacey war nicht so naiv zu glauben, dass dabei irgendeine Seite ihre Hände in Unschuld wusch. Vielleicht bedeutete Freiheit am Ende, sie sich zu erkämpfen. Wer wusste das besser als ein ehemaliger Sklave? Mit netten Bitten ließen sich die, die Macht über einen hatten, nur selten erweichen, die Welt mit den Augen derer zu sehen, die ihren Launen ausgeliefert waren.

      Eine Berührung an seiner Wange ließ ihn in die Gegenwart zurückkehren. Riaths Gesicht war dem seinem so nahe, ihr Atem vermischte sich, sie sogen dieselbe Luft in ihre Münder.

      »Du warst ein Junge, der einen Fehler begangen hat, einen schrecklichen, und du wusstest um deine Tat, du hast sie nie verleugnet oder dich gerechtfertigt, weder vor mir noch vor dir selbst«, sagte Kacey zu ihm, direkt in diese klugen, abgeklärten Augen. »Wer bist du heute? Ein Mann, der sich auf die Schulter klopft?«

      Riath schlug die Augen nieder, seine Hand glitt von Kaceys Gesicht. »Und ich dachte, du kennst mich.« Er ließ von ihm ab, trat einen Schritt zurück, dann noch einen. »Es vergeht kein Augenblick, an dem ich es nicht bereue, was ich meinem Bruder angetan habe, doch ich bin kein Mann, der in Selbstmitleid zerfließt, ich lerne damit zu leben. Wenn ich mir nicht vergeben kann, wird es niemand sonst tun.«

      Kacey fühlte sich, als ob ein kühler Windzug ihn erfasste, er fröstelte, verschränkte die Arme und blickte zur Seite weg.

      »Kacey…«, versuchte Riath, zu ihm durchzudringen, klang ungewohnt sanft, »…ich werde nicht lügen, um deine Gunst zu erlangen, du musst schon selbst entscheiden, was für dich richtig ist. Doch wisse, dass ich für die Gerechtigkeit kämpfe, und es würde niemanden helfen, wenn ich mich selbst bemitleide. Nein, ich muss stark sein und ich muss immer das tun, was für mich richtig ist. Denn das ist, wozu ich geboren wurde, ich bin ein König, Kacey, ich werde es zumindest eines Tages sein, weil ich fähig dazu bin, die Entscheidungen zu treffen, die niemand wagen würde, auch wenn es bedeutet, dass sie mich zu einem Monster machen. Nur so kann ich das schützen, was ich liebe.«

      »Und was liebst du?«

      »Meine Familie, meine Brüder, meine Kinder und unseresgleichen. Mein Volk, meine Leute, Kacey, stammen nicht nur aus Nohva, sondern von überall, so wie ich es dir einst schwor. Jeder Magier, jeder Illusionist, jeder Jäger, jeder Verzauberer gehört zu mir.« Er sprach aus der Seele, mit Leidenschaft und Entschlossenheit. Und genau dieses Feuer war es, das Kacey beeindruckte, denn wer außer Riath würde sich je mit solcher Überzeugung für die Magier einsetzen? »Ich will sie nicht beherrschen, ich will sie vereinen, dazu brauche ich dich. Du musst deine Schützlinge darauf vorbereiten, sich zu wehren.« Er machte eine kurze Pause, wirkte so stark und selbstsicher, dass Kacey ihn um diese Charaktereigenschaften beneidete, denn er selbst wusste nicht, wo ihm der Kopf stand.

      »Denk darüber nach«, bat ihn Riath sanfter. »Tu, was du für richtig hältst, ich werde deinen Idealen nicht im Weg stehen, doch … ich werde tun, was ich für richtig halte. Und ja, dazu gehört auch, meine Feinde leiden zu lassen, vor allem … Melecay.« Den letzten Namen knurrte er. Kacey betrachtete ihn nur schweigend. Dann sagte Riath bedauernd: »Und ich werde dir ganz sicher nicht erklären, was für Beweggründe mich antreiben, solange wir einander nicht vertrauen.«

      Was sollte Kacey darauf erwidern? Er wusste es nicht, wusste nicht, was sie hier taten.

       Liefere ihn aus, sichere dir die Gunst des Kaisers.

       Nein, vertrau ihm, denn er wird auf jeden Fall mit Leidenschaft für deinesgleichen kämpfen.

      »Er ist nicht mehr hier«, erklärte er dann, um das Thema fallen zu lassen, da es für ihn zu nichts als Verwirrung und Selbstzweifel führte. »Ich habe versagt«, gestand er und wandte mit vor der Brust verschränkten Armen Riath und seinem feurigen Blick den Rücken zu. »Xaith hat deine Briefe gefunden

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