Kurt Aram: Nach Sibirien mit hunderttausend Deutschen. Kurt Aram

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Kurt Aram: Nach Sibirien mit hunderttausend Deutschen - Kurt Aram gelbe Buchreihe

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an die Wand spießten. Wieder ein Protokoll, das vierte. Dann plötzlich die Frage: „Sie sind also um die russische Untertanschaft eingekommen?“ Ich traue meinen Ohren nicht. „Das muss ein Irrtum sein. Ich denke nicht daran, den russischen Staat so zu beleidigen.“

       Der Pristav zieht einen Bogen hervor, in den unsere Pässe eingeheftet sind. „Hier steht es“, sagt er wütend.

      Außer unseren Pässen bemerke ich jetzt auch den österreichischen Pass des Polen, und nun geht mir ein Licht auf. Dieser kleine Privatdozent mit der goldenen Brille wollte ja Russe werden, wie er mir selbst erzählt hat. Also nimmt man an, dass ich es ebenfalls werden wolle, da unsere Pässe nun einmal unzertrennlich sind. Ich sage das dem Pristav, und er packt die Papiere wieder zusammen und protokolliert.

       „Wo sind die drei Zeugen zur Unterschrift des Protokolls?“ fährt er mich an. Was geht das mich an? Ich bin auf seinen Besuch nicht vorbereitet. Das ist seine Sache. Er läuft aufgeregt durchs Zimmer und sucht nach einem Ausweg. Ich bin ihm aber nicht behilflich. Der Kerl ist mir zu widerwärtig. Er kocht innerlich, denn er muss ein andermal wiederkommen und wieder ein neues Protokoll machen, und es ist so heiß, und die Rjemez machen einem überhaupt so viel Scherereien, die Hunde ... Ich lasse ihn ruhig toben. Ich habe Zeit. Er stürzt aus der Tür und erscheint nach einiger Zeit wieder mit einem Kellner, einem Laufburschen und dem Zimmermädchen. Die beiden Männer sind Grusiner und können kaum Russisch. Angelesen unterschreiben sie mit kaum leserlichen Krakelfüßen, wie der Pristav ihnen befiehlt. Das russische Gesetz verlangt, dass drei männliche Zeugen so ein Protokoll unterschreiben. Der dritte Zeuge ist aber ein Zimmermädchen, also gewiss kein Mann. Nun, sie darf von ihrem Vornamen nur den Anfangsbuchstaben unter das Protokoll setzen. Wer will dann der Unterschrift noch ansehen, welchen Geschlechtes der Zeuge ist? ...

      Es wird wieder einmal Abend. Ein russischer Herr lässt sich bei mir anmelden und ist überaus höflich und zuvorkommend. Besonders gegen meine Frau, mit der er Englisch spricht. Mit mir unterhält er sich französisch. Aber er wendet sich allmählich immer ausschließlicher an meine Frau, überaus liebenswürdig und charmant, und versucht, sie über mich auszufragen. Nun, das gelingt ihm nicht. Wir kennen nachgerade alle beide unser Sprüchlein auswendig, und wenn man uns mitten in der Nacht weckte, würden wir uns nicht versprechen. Da er merkt, dass hier nichts zu machen ist, wendet er sich wieder mir zu und interessiert sich sehr für Archäologie.

       „Hören Sie, Herr Professor“, so nennt er mich jetzt in dem Glauben, das werde mir Eindruck machen, „ich habe einen Freund, der ist leidenschaftlicher Archäologe. Er ist speziell für die Chetiter interessiert. Würden Sie ihm die Freude machen, ihn zu besuchen?“

      „Sehr gerne. Nur muss ich Sie leider darauf aufmerksam machen, dass ich das Hotel nicht verlassen darf.“

      „Mein Freund gehört zum Generalstab. Er ist Adjutant des Statthalters. Er hat Ihnen schon die Erlaubnis erwirkt, ihn besuchen zu dürfen. Wenn es Ihnen recht ist, fahren wir gleich zu ihm.“

      Ich mache mich fertig für den Ausgang. Unser Zimmer ist durch einen Vorhang in zwei Teile geteilt. In der vorderen Hälfte wohnen wir, in der hinteren ist das Schlafzimmer.

       Ich hole mir den Sommerüberzieher aus dem Schlafzimmer, und meine Frau flüstert mir zu, ob sie die Papiere vernichten soll? Ich habe ein Empfehlungsschreiben des türkischen Botschafters in Berlin an die türkischen Zoll- und Polizeibehörden bei mir. Ich habe allerhand andere türkische Empfehlungsbriefe aus Konstantinopel für die türkische Provinz. Ich bitte meine Frau, das nicht zu vernichten. Kommen die Türken nach Tiflis, wie ich immer noch hoffe, können uns die Empfehlungen noch gute Dienste leisten. Will die russische Behörde aber etwas Ernstliches gegen mich unternehmen, dann kommt es auch nicht mehr darauf an, ob diese Papiere da sind oder nicht. Die Hauptsache ist: ruhiges Blut.

      Der liebenswürdige Herr räuspert sich nebenan diskret. Ich erscheine wieder und schließe mich ihm an. Meine Frau ist sehr blass, aber gefasst.

      Wir gehen nicht durch das Hotel, sondern durch den Hof. Um nicht unnütz aufzufallen, wie mir der liebenswürdige Herr zuflüstert. Auf der Straße pfeift er einem Wagen, und wir steigen ein. Wohin die Fahrt geht, kann ich bei der Dunkelheit nicht unterscheiden.

      Wir fahren in einen Hof ein. Der liebenswürdige Herr geleitet mich in einen Büroraum. Solche Räume sind mir von der Polizei her wohl bekannt. Möglich, dass der Dienstraum eines Adjutanten genauso aussieht. Ich weiß es nicht.

      Wir setzen uns und plaudern liebenswürdig miteinander. Es erscheint ein großer älterer, nicht gerade schlanker Herr. Wie ein Adjutant sieht er sicherlich nicht aus. Mein liebenswürdiger Herr stellt mich als den bekannten Professor vor, der über die Chetiter arbeite und Ausgrabungen im Wanbezirk machen wolle. So steht es ja auch in allen vier Protokollen.

      Der ältere Herr ist auch sehr liebenswürdig, bietet mir Zigaretten an und verrät sofort ein brennendes Interesse für die Chetiter.

       O, ich kann ihm dienen. Ich lüge nicht so dumm, wie diese Russen anzunehmen scheinen, ich sage in den Protokollen nur nicht die ganze Wahrheit, das ist alles. Ich interessiere mich wirklich für die Chetiter und wollte allen Ernstes bei meinen Reisen in Anatolien auch ihren Spuren zu folgen suchen. Im Sommer 1914 erschien das grundlegende Werk über diesen ganzen Fragenkomplex von Professor Eduard Meyer in Berlin „Reich und Kultur der Chetiter“, und der Verleger des Werkes hatte mir auf meine Bitte schon Anfang Mai die Aushängebogen dieses Werkes mit nach Konstantinopel gegeben, wo ich reichlich Zeit hatte, es gründlich zu studieren.

      O nein, so leicht fing man mich nicht.

      Mit der Zeit wurde dem älteren Herrn die Sache doch langweilig. Er bedankte sich sehr höflich für meine interessanten Ausführungen, behauptete, gar mancherlei daraus gelernt zu haben, was ich ihm gerne glauben will, und wir verabschiedeten uns.

      Mein liebenswürdiger Herr brachte mich wieder zum Hotel.

       Keinen der beiden habe ich seitdem wiedergesehen. Als ich glücklich wieder bei meiner Frau saß, die derweil in tausend Ängsten geschwebt hatte, verstieg ich mich in meiner Freude, der Polizei entwischt zu sein, und auch in dem Bedürfnis, ihr weiter Mut zuzusprechen, zu der in der Tat etwas kühnen Behauptung: „Du sollst sehen, wenn überhaupt noch Deutsche aus Russland herauskommen, dann sind wir es!“

       Meine Frau nahm meine Behauptung als einen nicht gerade wirksamen Versuch, sie zu trösten. Es war aber mehr, wie sich denn auch später herausstellte.

      * * *

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