James Bond für Besserwisser. Danny Morgenstern
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Meist führen die Gun-Barrel-Sequenzen 007 ein - was besonders beim Darstellerwechsel immer für Spekulationen sorgte.
Ausnahme bleibt Roger Moore. Er war im Pre-Title von „Leben und sterben lassen“ (1973) gar nicht zu sehen, im Folgefilm „Der Mann mit dem goldenen Colt“ (1974) ist er wenige Sekunden im Bild - als Wachsfigur.
In „Der Hauch des Todes“ (1987) erscheint zur Bondmelodie Timothy Daltons Gesicht in Großaufnahme. Der Darstellerwechsel von Moore zu Dalton war vergleichsweise unproblematisch und unkompliziert. Anders beim Wechsel von Sean Connery zu George Lazenby: Wie sollte man den unbekannten Dressman Lazenby beim Publikum einführen, nachdem Sean Connery in der Rolle des 007 weltberühmt geworden war?
Die Drehbuchautoren zeigten das Gesicht des neuen Darstellers erst recht spät; seine Gestik, das Fahren eines schnellen Autos, das Anzünden einer Zigarette und das Öffnen des Handschuhfachs bereiten auf den spannenden Moment der Gesichtsenthüllung vor. Darum rettet Bond - noch immer fast gesichtslos (in ganz kurzen Zwischenschnitten ist das Gesicht bereits zu sehen) - Tracy Di Vicenzo (Diana Rigg61), die sich ertränken will, aus dem Meer. Erst als er sich über sie beugt und sich mit dem lässigen „Mein Name ist Bond, James Bond“ vorstellt, schaut der Zuschauer George Lazenby in die Augen. Um dieser Lässigkeit und dem augenscheinlichen Darstellerwechsel noch eine Prise Humor zu verleihen, flüchtet das Mädchen kurz darauf mit Bonds Aston Martin DBS, was ihn zu der Aussage verleitet: „Das wäre dem anderen nie passiert.“ (im Original: „That never happened to the other fella.“) Connery sind die Frauen eben nicht einfach abgehauen. Das ist eine der wenigen Szenen, in denen sich der Filmagent direkt an das Publikum wendet. Ein weiteres Mal geschah dies nur im inoffiziellen Film „Sag niemals nie“ (1983). Von Domino (Kim Basinger62) gefragt, ob er nicht zum Geheimdienst zurückkehren wolle, sagt Bond (Sean Connery): „Nein, nie wieder“, und zwinkert dem Publikum zu.
Auch wenn „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ (1969) keine großartigen Kritiken bekam und sich erst im Laufe der Jahre zu einem James-Bond-Kultfilm entwickelte, so war der Darstellerwechsel mit einem Fünkchen Ironie am Ende der Pre-Title-Sequenz doch geglückt.
Zu einem zweiten Bond-Film mit George Lazenby in der Hauptrolle kam es nicht. Angeblich soll Lazenby wegen seiner Publikumsunwirksamkeit gefeuert worden sein, doch er selbst bat darum, aus den Verträgen entlassen zu werden und keinen zweiten Bondfilm zu drehen.
[no image in epub file]George Lazenby genießt die Royale Premiere von „Stirb an einem anderen Tag“ (2002)
Diese Entscheidung ist auch auf einen Berater zurückzuführen, der dem Darsteller einredete, ein gelackter Anzugträger wie Bond habe keine Zukunft und würde von Figuren in Filmen wie „Easy Rider“63 verdrängt werden.
So konnten Harry Saltzman und Albert R. Broccoli gerade wegen der Zuschauerresonanz problemlos zustimmen, als Lazenby als Bond ausstieg. Connery kam in „Diamantenfieber“ (1971) zu seinem ersten 007-Comeback. Im Nachhinein ärgerte sich George Lazenby über seine Entscheidung im Jahre 1970. In Interviews betonte er immer, er hätte zumindest noch einen zweiten Film machen sollen, um es allen zu zeigen.
Timothy Dalton, der Darsteller nach Roger Moore, machte nur zwei Filme, dann kam nach einer 6-jährigen Pause der Wechsel zu 007 Nr. 5: Pierce Brosnan.
Wegen seines aalglatten, geschniegelten Auftretens wurde Brosnan von den Kritikern als Kleiderständer bezeichnet. Regisseur Martin Campbell wagte eine Einführung des neuen 007, auf die sich die Kritiker voller Häme stürzten: James Bonds Gesicht ist in der Pre-Title-Sequenz von „GoldenEye“ (1995) erstmals zu sehen, als er kopfüber in einer Toilettenkabine hängt.64
„Der neue Bond, ein Griff ins Klo“, titelte eine Zeitung - Fehlanzeige, denn „GoldenEye“ wurde der bis dato erfolgreichste 007-Film. Ganz richtig ist die Einführung nicht beschrieben, denn Brosnans Augen sieht man schon ein paar Einstellungen früher. Die geheimnisvolle Enthüllung erinnert stark an George Lazenbys ersten Auftritt.
Brosnan blieb vier Filme lang der britische Geheimagent. Dann musste er seine Doppelnull an Daniel Craig abgeben. Auch dessen erster Film wurde wieder von Regisseur Martin Campbell inszeniert. Nachdem die Presse Craig schon vor Drehbeginn als Null abgestempelt hatte, war der Einstand mehr als schwierig. Die Einführung erfolgte filmisch als Rückblende und zeigt einen harten, rücksichtslosen Bond, der zwei Morde begeht, um seine Tötungslizenz, die Doppel-Null, zu bekommen. Dies war nicht nur der zweite Bond-Film, bei dem Martin Campbell Regie führte, sondern auch der zweite von ihm, in dem Bond wieder eine seiner ersten Szenen auf einer Toilette hat.
Aber wie erfolgreich, oder besser angreifbar, die Einführung eines neuen Darstellers der Rolle des 007 auch war: Am Anfang waren immer alle gegen ihn, da ist Daniel Craig keine Ausnahme.
Sogar Ian Fleming legte vor „James Bond 007 jagt Dr. No“ (1962) sein Veto ein. Er fand, Connery passe gar nicht in die Rolle des englischen Gentleman. Er gleiche mehr einem Bauarbeiter als einem Agenten. Er sei zu hart und zu männlich. Außerdem hasste Fleming Connerys schottischen Akzent, so Drehbuchautor Tom Mankiewicz.
George Lazenbys Einstand war nach Connerys Durchbruch als 007 ebenso ungern gesehen. Fleming war zwar schon fünf Jahre tot, doch das Publikum war strikt gegen Lazenby und warf dem Australier vor, er habe keine Schauspielerfahrung. Die Presse machte sich über ihn lustig, weil er Werbung für Schuppenshampoo gemacht hatte. Warf man Connery zu starke Männlichkeit vor, so kritisierte man das Fehlen der Männlichkeit bei Lazenby.
Als schließlich Roger Moore65 auf der Bildfläche erschien, musste er sich ebenfalls mit Connery vergleichen lassen und wurde vor dem Filmstart schon als Weichei abgestempelt. Moore sei eine Witzfigur, hieß es. Er sei nicht erotisch genug.
Aber auch er machte erfolgreiche James-Bond-Filme. Als die Presse ihn aufgrund seines Alters 0070 nannte, wusste Moore, dass er als Bond aufhören musste. Schon bei den Dreharbeiten zu seinem vorletzten 007-Abenteuer „Octopussy“ (1983) sagte der damals 55-jährige bei Aufnahmen im Auktionshaus Sotheby's, er habe Angst, dass er inmitten der ganzen Antiquitäten versehentlich versteigert werde.
Timothy Dalton war ein erfahrener Bühnendarsteller und auch erfolgreich in Filmen aufgetreten. Da „Der Hauch des Todes“ (1987) einen harten 007 zeigen sollte - so viel wusste man im Vorfeld - konnte man Dalton kein Waschlappenimage aufdrücken. Schon Roger Moore war in seinen sieben James-Bond-Filmen immer selbstironischer und weicher geworden, das Publikum akzeptierte das. Also suchte man nach einem anderen schwachen Punkt. Der war zunächst Daltons Aussehen. Er käme, besonders bei den amerikanischen Frauen, kaum an. Diese Annahme bewahrheitete sich nicht.
Ironischerweise bediente sich die Presse beim zweiten Versuch, negative Schlagzeilen zu schreiben, der Grundidee von „Lizenz zum Töten“ (1989): In diesem Film dringt der Agent in die Organisation des Drogenbarons Franz Sanchez ein und weckt bei den Schurken untereinander ein solches Misstrauen, dass am Ende alle gegeneinander arbeiten und Sanchez' Imperium von innen zerstört wird. Die Presse also griff Insiderinformationen auf, Regisseur John Glen, das Filmteam und Timothy Dalton kämen nicht auf einen Nenner. Dalton wollte die Figur anders anlegen, und John Glen wollte seine Autorität als Regisseur nicht untergraben lassen.
Tatsächlich wollte Dalton sich mit seinem 007 den Fleming-Romanen annähern und den Realismus in die Serie zurückbringen. Er untersagte beispielsweise den Maskenbildnern am Set, ihn zu kämmen. Begründung: Wenn Bond einen Fallschirmsprung hinter sich hat, dann können seine Haare nicht wie frisch gekämmt liegen. Aber Glen war nicht immer seiner Meinung, und da Bond Fiktion ist, könne er mitunter auch nach