James Bond für Besserwisser. Danny Morgenstern
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Die Übergänge zwischen den Vernetzungen von Film zu Film und Anspielungen sind fließend. Nicht zuletzt wegen des Erfolgs der James-Bond-Filme finden sich immer wieder in anderen Filmen Anspielungen. Sogar ganze Filme, wie zum Beispiel die Austin-Powers-Reihe, sind aufgrund von Anspielungen zu Blockbustern geworden.
Manchmal sind Szenen bei 007 aber von anderen Filmen inspiriert worden, so der Helikopterangriff auf James Bond in „Liebesgrüße aus Moskau“ (1963)97. Es ist ein Zitat einer Szene aus „Der unsichtbare Dritte98“, in der Cary Grant99 von einem Sprühflugzeug gejagt wird.
Der Regisseur Alfred Hitchcock100 hat nicht nur in diesem Film die Bondmacher inspiriert. Da Sexszenen zur Zeit von „Feuerball“ (1965) auf keinen Fall auf der Leinwand hätten gezeigt werden dürfen, half sich Terence Young mit einer Idee von Hitchcock. Als James Bond und Fiona Volpe (Luciana Paluzzi101) im Bett liegen und sie ihre Arme um ihn schlingt, wird geschnitten, und die nächste Szene zeigt eine Kamerafahrt direkt auf die Öffnung einer Tröte beim Junkanoo102 zu. Diese Idee, zwar leicht abgewandelt, stammt ebenfalls aus dem Film „Der unsichtbare Dritte“. Darin befinden sich die Protagonisten in einem Zug, und auch hier konnte die sexuelle Handlung nicht auf der Leinwand gezeigt werden. Nach dem Schnitt sieht der Zuschauer den Zug in einen Tunnel rasen.103
Schon Ian Fleming spielte in seinem Roman „Thunderball“ (1961) auf diesen Hitchcock-Klassiker an: „'Sure, sure'. Petacchi asked some questions, verified the course set on George, checked the air speed and altitude. Now everyone in the cockpit was relaxed, almost drowsy. Five more hours to go. Rather a bind missing North by Northwest at the Odeon.“
„North by Northwest“ ist der englische Titel des Films „Der unsichtbare Dritte“.
Guy Haines, Hauptfigur in Hitchcocks „Der Fremde im Zug“ heißt auch die von Paul Ritter in „Ein Quantum Trost“ (2008) gespielte. Guy Haines ist darin ein Sondergesandter des Premierministers, der mit Dominic Greene gemeinsame Sache macht.
Musik und Kameraeinstellung in den Szenen, in denen James Bond in „Skyfall“ (2012) im 79. Stockwerk eines Fahrstuhlschachtes herumklettert, sind laut Sam Mendes eine Anspielung auf Alfred Hitchcocks Film „Vertigo - Aus dem Reich der Toten“ (1958), der u.a. Höhenangst thematisiert - die Musik erinnert stark an die von Bernard Herrmann104 für Hitchcock komponierte.
Sam Mendes zitierte Hitchcock: „Filme einen Mord wie eine Liebesszene und eine Liebesszene wie einen Mord.“ Damit beschreibt Mendes die Szene, in der Eve James Bond mit einem Rasiermesser rasiert.105
Hitchcocks Art der Szenengestaltung hat auch andere Bond-Regisseure beeinflusst, so z.B. Peter Hunt. In „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ (1969)106 ist eine lange Passage zu sehen, in der James Bond in das Büro vom Rechtsanwalt Gumpold einbricht und dort einen Safe knackt. Diese Szenenabfolge stand nicht im Drehbuch und wurde von Hunt zur Spannungssteigerung in den Film mit aufgenommen. Er arbeitete wie Hitchcock: Die Szene ist lang, voller Spannung, aber ohne Text. Wahrscheinlich wurde sie wegen der Länge und weil sie die Filmhandlung nicht voranbringt, bei zahlreichen TV-Ausstrahlungen und auch auf einigen Kaufvideos geschnitten. Peter Hunt sah das gelassen, er ärgerte sich mehr darüber, dass in einigen Ländern sein Name im Vorspann des Kinofilms herausgeschnitten wurde.107
Im selben Moment sind die Silhouetten zahlreicher nackter Frauen, deren Brustwarzen man erkennen kann, zu sehen. Solche „anstößigen“ Szenen wollte man dem Publikum nicht zeigen, und deshalb hatte „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ in den Kinos in Südafrika keinen Regisseur.
Bei „GoldenEye“ (1995) ließ Regisseur Martin Campbell den Orgasmus, den Xenia Onatopp durch das Strangulieren ihres Opfers bekommt, darstellen, indem er direkt von ihrem Stöhnen zu von einer Schiffsschraube aufgewirbeltem Wasser umschneiden ließ. Er war der Meinung, ein Großteil des Publikums habe diese Anspielung nicht verstanden, doch die Reaktionen der Zuschauer im Kino widerlegte diese Annahme.108
Im Musikvideo zu „Die Another Day“ von Madonna reiht sich ebenfalls Zitat an Zitat: Wie James Bond kurz vor dem Titelvorspann von „Stirb an einem anderen Tag“ (2002) wird auch Madonna in einen Folterraum geschleppt, einer ihrer Gegner trägt ein Stahlgebiss wie „Beißer“ aus „Der Spion, der mich liebte“ (1977) und „Moonraker - streng geheim“ (1979). Die folgenden Fechtszenen zwischen Madonna und ihrer Doppelgängerin lehnen sich an „Stirb an einem anderen Tag“ (2002) und dem darin stattfindenden Fechtkampf zwischen Bond und Graves an, ebenso wie die Folterszene, in der die Sängerin in Eiswasser getaucht wird. Im Verlauf des Kampfes schnellt eine Spitze aus dem Schuh der weiß gekleideten Frau, eine Idee aus dem Film „Liebesgrüße aus Moskau“ (1963), in dem Spectre-Mitglieder vergiftete Spitzen in ihren Schuhen haben, um damit ihre Gegner zu töten.109 Als die weiß gekleidete Madonna ihr schwarz gekleidetes Double in eine Glasvitrine schleudert, fühlt man sich an den Kampf zwischen James Bond und Chang (Toshirõ Suga110) in „Moonraker - streng geheim“ (1979) erinnert.
Waffen werden, wie auch beim Fechtkampf zwischen Graves und Bond, von ausgestellten Rüstungen genommen.
[no image in epub file]Madonna spielte in „Stirb an einem anderen Tag“ (2002) Bonds Fechtlehrerin Verity
Madonna schwingt sich gegen einen riesigen halbdurchlässigen Spiegel, wie der im Film „Sag niemals nie“ (1983) auf Largos Schiff, der bei einer Schlägerei zwischen 007 und Carvers Leuten in „Der Morgen stirbt nie“ (1997) und in Bonds Hotelzimmer in „Stirb an einem anderen Tag“ (2002)111. Kurz darauf landet ein Schwert in einem Portrait Pierce Brosnans an der Wand, das ihn in seiner Fechtuniform aus „Stirb an einem anderen Tag“ (2002) zeigt; eine Anspielung auf die Szene im Film, als ein im Blades-Club hängendes Gemälde beschädigt wird.
Wenn die weiße Madonna von ihrer Gegnerin durch ein rundes Fenster in der Wand getreten wird, erinnert das an den tödlichen Sturz Changs durch das Zifferblatt einer riesigen Uhr in Venedig in „Moonraker - streng geheim“ (1979).
Neben den Rüstungen und Vitrinen gehört auch der goldene Colt aus „Der Mann mit dem goldenen Colt“ (1974) zu den Ausstellungsstücken, die kurz im Bild sind. In derselben Szene sieht man im Hintergrund Tee Hees (Julius W. Harris112) Greifarm aus „Leben und sterben lassen“ (1973). Nachdem wieder mehrere Vitrinen in Moonraker-Manier zerlegt wurden, erscheint ein Mann, der eine nackte Frau mit Goldfarbe bestreicht, im Bild: eine Anspielung auf die vergoldete Jill Masterson (Shirley Eaton113) aus „Goldfinger“ (1964).
Als Madonna auf einen elektrischen Stuhl gefesselt wird, spuckt sie ihrem Peiniger ins Gesicht. Das hat auch Miss Taro (Zena Marshall114) mit Bond in „James Bond 007 jagt Dr. No“ (1962) gemacht, als sie ihm ausgeliefert war.
In einer Vitrine steht ein Odd-Job-Double. Die schwarze Madonna zerschlägt die Scheibe, nimmt dem Mann die Melone vom Kopf und benutzt sie als Wurfgeschoss. Bevor die weiße Madonna getroffen wird, reißt die Melone einem weiteren Ausstellungsstück den Kopf ab: einer weißen Perserkatze, dem Markenzeichen Ernst Stavro Blofelds in „Liebesgrüße aus Moskau“ (1963), „Feuerball“ (1965), „Man lebt nur zweimal“ (1967), „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ (1969), „Diamantenfieber“ (1971) und auch einer, niemals als Blofeld bezeichneten Figur, in der Pre-Title-Szene von „In tödlicher Mission“ (1981).
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