David Copperfield. Charles Dickens

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David Copperfield - Charles Dickens

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und arbeitete, betrachtete dann das kleine Stückchen Wachslicht, mit dem sie ihren Zwirn wichste, – wie alt es aussah mit seinen Runzeln kreuz und quer – das Hüttchen mit dem Strohdach, worin das Ellenmaß wohnte, das Arbeitskästchen mit dem Schiebedeckel und einer Ansicht darauf von der St. Paulskirche mit einer purpurroten Kuppel, den messingnen Fingerhut und sie selbst, die mir ungemein schön vorkam. Ich war so müde, daß ich fühlte, ich würde einschlafen, wenn ich nur einen Augenblick meine Augen abwendete.

      »Peggotty,« sagte ich dann plötzlich: »Bist du einmal verheiratet gewesen?«

      »Herr Gott, Master Davy!« erwiderte Peggotty, »wie kommst du nur aufs Heiraten?«

      Sie antwortete so überrascht, daß ich ganz wach wurde. Dann hielt sie inne in ihrer Arbeit und sah mich an, den Faden in seiner ganzen Länge straffgezogen.

      »Aber du warst doch einmal verheiratet, Peggotty?« fragte ich. »Du bist doch wunderschön, nicht wahr?« Ich hielt sie allerdings für eine andere Stilart als meine Mutter, aber nach einer andern Schule von Schönheitsbegriff gesehen, kam sie mir als vollkommenes Muster vor. In unserm Empfangszimmer war ein rotsamtenes Fußbänkchen, auf das meine Mutter einen Blumenstrauß gemalt hatte. Dieser Samt und Peggottys Haut schienen mir ganz gleich. Die Fußbank war glatt und weich und Peggotty rauh, aber das machte keinen Unterschied.

      »Ich, schön, Davy!« sagte Peggotty. »O Gott, nein, mein liebes Kind. Aber wie kommst du aufs Heiraten?«

      »Ich weiß nicht. – Du darfst nicht mehr als einen auf einmal heiraten, nicht wahr, Peggotty?«

      »Gewiß nicht,« sagte Peggotty mit größter Entschiedenheit.

      »Aber wenn du einen Mann heiratest und er stirbt, dann geht's, nicht wahr, Peggotty?«

      »Es geht schon, wenn man will, liebes Kind,« sagte Peggotty. »Das ist dann eben meine Sache.«

      »Aber was ist deine Meinung,« fragte ich.

      Bei dieser Frage blickte ich sie neugierig an, weil sie mich so seltsam musterte.

      »Meine Meinung ist,« sagte Peggotty, als sie nach kurzem Zögern ihre Augen von mir abgewendet und wieder zu arbeiten begonnen hatte, »daß ich selbst niemals verheiratet gewesen bin, Master Davy, und daß ich auch nicht daran denke. Das ist alles, was ich von der Sache weiß.«

      »Du bist doch nicht böse, Peggotty?« fragte ich, nachdem ich eine Weile still gewesen.

      Ich glaubte es wirklich, so kurz hatte sie mich abgefertigt, mußte aber wohl im Irrtum sein, denn sie legte ihr Strickzeug weg, öffnete ihre Arme, nahm meinen lockigen Kopf und drückte mich fest an sich. Daß sie mich derb an sich preßte, wußte ich, denn da sie sehr beleibt war, so pflegten stets, wenn sie angekleidet war, bei jeder kleinen Anstrengung ein paar Knöpfe hinten an ihrem Kleid abzuspringen. Und ich erinnere mich, daß zwei Stück in die entgegengesetzte Zimmerecke flogen, als sie mich umarmte.

      »Nun lies mir noch etwas von den Krorkingdilen vor,« sagte Peggotty, die in diesem Namen noch nicht recht sattelfest war, »ich habe noch lange nicht genug von ihnen gehört.«

      Ich konnte nicht recht begreifen, warum Peggotty so wunderliche Augen machte und durchaus wieder von den Krokodilen hören wollte. Mit großem Eifer meinerseits kehrten wir jedoch wieder zu den Ungeheuern zurück und ließen die Sonne ihre Eier im Sande ausbrüten, rissen vor ihnen aus und entrannen ihnen durch plötzliches Umkehren, was sie ihres ungeschlachten Baues wegen nicht so rasch nachmachen konnten, verfolgten sie als Eingeborene ins Wasser und steckten ihnen scharfgespitzte Holzstücke in den Rachen, kurz, ließen sie förmlich Spießruten laufen. Ich wenigstens tat es, hatte aber betreffs Peggottys so meine Zweifel, denn ich sah, wie sie sich die ganze Zeit über in Gedanken versunken mit der Nadel in verschiedene Teile ihres Gesichts und ihrer Arme stach. Wir hatten endlich die Krokodile erschöpft und begannen eben mit den Alligatoren, als die Gartenglocke läutete. Wir gingen hinaus und fanden da meine Mutter, die mir ungewöhnlich hübsch vorkam, und bei ihr stand der Herr mit schönem, schwarzem Haar und Backenbart, der schon am letzten Sonntag mit uns aus der Kirche nach Hause gegangen war.

      Als meine Mutter mich auf der Schwelle in ihre Arme nahm und mich küßte, sagte der Herr, ich sei glücklicher als ein König – oder etwas Ähnliches –; ich fühle wohl, daß mir mein späteres Verständnis hier zu Hilfe kommt.

      »Was heißt das?« fragte ich ihn über ihre Schulter hinweg.

      Er klopfte mich auf den Kopf, aber ich konnte ihn und seine tiefe Stimme nicht leiden und war eifersüchtig, daß seine Hand die meiner Mutter berührte, und ich stieß ihn weg, so gut ich konnte.

      »Aber Davy,« ermahnte mich meine Mutter.

      »Der liebe Junge,« sagte der Herr. »Ich kann mich über seine Liebe nicht wundern.«

      Noch nie hatte ich meiner Mutter Gesicht so schön rot gesehen. Sie schalt mich milde aus wegen meiner Unhöflichkeit und sprach, indem sie mich fest an sich drückte, ihren Dank dem Herrn aus, der so freundlich gewesen, sie nach Hause zu begleiten. Sie reichte ihm ihre Hand hin bei diesen Worten, und als er sie nahm, kam es mir vor, als ob sie mich anblickte.

      »Jetzt wollen wir uns gute Nacht wünschen, mein hübscher Junge,« sagte der Herr zu mir, als er sein Gesicht, wie ich wohl bemerkte, auf meiner Mutter kleinen Handschuh neigte.

      »Gute Nacht,« sagte ich.

      »Wir müssen noch die besten Freunde von der Welt werden,« lachte der Herr, »gib mir die Hand.«

      Meine rechte Hand lag in meiner Mutter Linken und so gab ich ihm die andere.

      »Aber das ist ja die falsche, Davy,« sagte er wieder lachend.

      Meine Mutter zog meine rechte Hand hervor, aber ich war entschlossen, sie ihm nicht zu geben und tat es auch nicht. So reichte ich ihm die andere und er schüttelte sie und sagte, ich sei ein braver Junge, und ging fort.

      Und noch jetzt seh ich ihn, wie er sich im Garten umdrehte und uns einen letzten Blick aus seinen unangenehmen, schwarzen Augen zuwarf, ehe er das Tor schloß.

      Peggotty, die kein Wort gesprochen und keinen Finger gerührt hatte, schob sofort die Riegel vor, und wir gingen alle in das Wohnzimmer. Anstatt sich wie gewöhnlich in den Lehnstuhl neben dem Kamin zu setzen, blieb meine Mutter am andern Ende des Zimmers und sang vor sich hin.

      »– hoffe, Sie haben einen angenehmen Abend verlebt, Ma'am,« sagte Peggotty, die mit einem Leuchter in der Hand steif wie eine Tonne mitten im Zimmer stand.

      »Danke schön, Peggotty,« erwiderte meine Mutter sehr aufgeräumt. »Ich habe einen sehr angenehmen Abend verbracht.«

      »Eine neue Bekanntschaft ist immer eine angenehme Abwechslung,« bemerkte Peggotty.

      »Eine sehr angenehme Abwechslung,« erwiderte meine Mutter.

      Peggotty blieb regungslos in der Mitte des Zimmers stehen, meine Mutter fing wieder zu singen an, und ich schlief ein, wenn auch nicht so fest, daß ich nicht noch hätte Stimmen hören können, ohne aber zu verstehen, was sie sagten. Als ich aus diesem unbehaglichen Schlummer halb erwachte, sah ich, daß meine Mutter und Peggotty beide weinten und in großer Aufregung miteinander sprachen.

      »So einer wie dieser hätte Mr. Copperfield nicht gefallen,« sagte Peggotty. »Das ist meine Meinung und die beschwör ich.«

      »Gott

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