Winnetou Band 1. Karl May
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Winnetou Band 1 - Karl May страница 5
»Habe ich Unterricht erteilt.«
»Mann, schneidet nicht auf!«
»Wollt Ihr es versuchen?«
»Danke; habe genug von vorhin! Muß überhaupt arbeiten. Setzt Euch wieder nieder!«
Er kehrte zu seiner Schraubenbank zurück, und ich tat dasselbe. Die nun folgende Unterhaltung war eine
höchst einsilbige; Henry schien sich in Gedanken mit irgend etwas Wichtigem zu beschäftigen. Plötzlich
sah er von der Arbeit auf und fragte:
»Habt Ihr Mathematik getrieben?«
»War eine meiner Lieblingswissenschaften.«
»Arithmetik, Geometrie?«
»Natürlich.«
»Feldmesserei?«
»Sogar außerordentlich gern. Bin sehr oft, ohne daß ich es notwendig hatte, mit dem Theodolit draußen
herumgelaufen.«
»Und könnt messen, wirklich messen?«
»Ja. Ich habe mich sowohl an Horizontal-, als auch an Höhenmessungen oft beteiligt, obgleich ich nicht
behaupten will, daß ich mich als ausgelernten Geodäten betrachte.«
»Well sehr gut, sehr gut!«
»Warum fragt Ihr danach, Mr. Henry?«
»Weil ich eine Ursache dazu habe. Verstanden! Braucht es jetzt nicht zu wissen; werdet es schon noch
erfahren. Muß vorher wissen hm, ja, muß vorher wissen, ob Ihr schießen könnt.«
»So stellt mich auf die Probe!«
»Werde es auch tun; ja, werde es tun; darauf könnt Ihr Euch verlassen. Wann beginnt Ihr morgen früh den
Unterricht?«
»Um acht Uhr.«
»So kommt um sechs zu mir. Wollen hinauf auf den Schießstand gehen, wo ich meine Gewehre
einschieße.«
»Warum so früh?«
»Weil ich nicht länger warten will. Bin ganz begierig darauf, Euch zu zeigen, daß Ihr ein Greenhorn seid.
Jetzt genug davon, habe Anderes zu tun, was weit, weit wichtiger ist.«
Er schien mit dem Gewehrlaufe fertig zu sein und nahm aus einem Kasten ein polygones Eisenstück,
dessen Ecken er abzufeilen begann. Ich sah, daß jede Fläche desselben ein Loch hatte.
Er war mit solcher Aufmerksamkeit bei dieser Arbeit, daß er meine Gegenwart ganz vergessen zu haben
schien. Seine Augen funkelten, und wenn er sein Werk von Zeit zu Zeit betrachtete, so sah ich, daß es, ich
möchte beinahe sagen, mit einem Ausdrucke von Liebe geschah. Dieses Eisenstück mußte einen großen
Wert für ihn haben. Ich war neugierig, zu erfahren, warum; darum fragte ich ihn:
»Soll das auch ein Gewehrteil werden, Mr. Henry?«
»Ja,« antwortete er, als ob er sich besinne, daß ich noch da sei.
»Aber ich kenne kein Gewehrsystem, das einen derartigen Teil besitzt.«
»Glaube es. Soll erst noch werden. Wird wohl System Henry werden.«
»Ah, eine neue Erfindung?«
»Yes.«
»Dann bitte ich um Entschuldigung, daß ich gefragt habe! Es ist natürlich Geheimnis.«
Er guckte eine längere Zeit in alle die Löcher hinein, drehte das Eisen nach verschiedenen Richtungen,
hielt es einige Male an das hintere Ende des Laufes, den er vorhin fortgelegt hatte, und sagte endlich:
»Ja, es ist ein Geheimnis; aber ich traue Euch, denn ich weiß, daß Ihr Verschwiegenheit besitzt, obgleich
Ihr ein ausgemachtes, richtiges Greenhorn seid; darum will ich Euch sagen, was es werden soll. Es wird
ein Stutzen, ein Repetierstutzen mit fünfundzwanzig Schüssen.«
»Unmöglich!«
»Haltet Euren Schnabel! Ich bin nicht so dumm, mir etwas Unmögliches vorzunehmen.«
»Aber da müßtet Ihr doch Kammern zur Aufnahme der Munition für fünfundzwanzig Schüsse haben!«
»Habe ich auch!«
»Die würden aber so groß und unhandlich sein, daß sie genierten.«
»Nur eine Kammer; ist ganz handlich und geniert gar nicht. Dieses Eisen ist die Kammer.«
»Hm! Ich verstehe mich auf Euer Fach ja gar nicht; aber wie steht es mit der Hitze? Wird der Lauf zu
heiß?«
»Fällt ihm nicht ein. Material und Behandlung des Laufes sind mein Geheimnis. Übrigens, ist es denn
immer nötig, die fünfundzwanzig Schüsse alle gleich hintereinander abzugeben?«
»Schwerlich.«
»Also! Dieses Eisen wird eine Kugel, welche sich exzentrisch bewegt; fünfundzwanzig Löcher darin
enthalten ebensoviele Patronen. Bei jedem Schusse rückt die Kugel weiter, die nächste Patrone an den
Lauf. Habe mich lange Jahre mit dieser Idee getragen; wollte nicht gelingen; jetzt aber scheint es zu
klappen. Habe schon jetzt als Gunsmith einen guten Namen, werde dann aber berühmt, sehr berühmt
werden und viel, sehr viel Geld verdienen.«
»Und ein böses Gewissen dazu!«
Er sah mir eine Weile ganz erstaunt in das Gesicht und fragte dann:
»Ein böses Gewissen? Wie so?«
»Meint Ihr, daß ein Mörder kein böses Gewissen zu haben braucht?«
»Zounds! Wollt Ihr etwa sagen, daß ich ein Mörder bin?«
»Jetzt noch nicht.«
»Oder ein Mörder werde?«
»Ja, denn die Beihilfe zum Morde ist grad so schlimm wie der Mord selbst.«
»Hole Euch der Teufel! Ich werde mich hüten, Beihilfe zu einem Morde zu leisten.«
»Zu einem einzelnen freilich nicht, aber sogar zum Massenmorde.«