Die Kostenvermeidungsdirektive. Jens Wahl

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Die Kostenvermeidungsdirektive - Jens Wahl

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„Um zum Thema zurückzukehren. Was machst Du als Programmierer denn eigentlich mit deinem Facebook-Account?“

      Torsten schüttelte den Kopf: „Ich habe gar keinen. Was soll ich damit? Wenn ich soziale Kontakte haben möchte, rede ich mit den Kollegen, der Verkäuferin an der Kasse, meinen Nachbarn, den Leuten, die ich beim Bergwandern treffe oder mit euch - mehr brauche ich nicht. Auf alle Fälle keine elektronischen Kontakte mit ‘Freunden’, die ich gar nicht kenne. Ich muss nicht mit immer neuen Selfies das Internet 'beglücken'. Und ich bin auch keiner, der die Welt über jeden Furz informieren muss, der mich gerade verlassen hat.“

      Max grinste: „Da finden sich garantiert zehn Deppen, die dann auch auf ‘Gefällt mir’ klicken!“ „Klar,“ ging Torsten auf den Frotzel-Ton ein. „Im konkreten Fall würde ich das denen auch noch glauben: Die werden nämlich froh sein, den Pups nicht riechen zu müssen!“

      Als Klaro nach dem Abklingen des Gelächters hinter vorgehaltener Hand mehrmals gähnte, fragte ihn Ole, ob er den Sandmann verpasst habe. „Nein, das habe ich nicht“, antwortete der Gefragte. „Nur hat unsere Nachbarin, die Ramona Kleffer, wieder mal heute einen freien Tag oder Spätdienst. Und da verabschiedet sie jedes Mal spät in der Nacht davor ihren Stecher - natürlich wie immer äußerst lautstark minutenlang im Hausflur, an den unser Schlafzimmer grenzt. Als ich dann um Ruhe gebeten habe, brüllte ihr Tschamsterer zurück, ich solle die Fresse halten.“ „Und was hast du darauf geantwortet?“, wollte Toni wissen. „Ich habe so getan, als ob ich meine Frau etwas fragen würde, aber so laut, dass es im Hausflur zu hören sein musste: ‘Wo habe ich nur die Axt hingelegt, ich werde ihm alle Knochen brechen!’ Sofort konnte ich hören, wie der Depp die Treppe hinunter rannte und sie die Wohnungstür schloss. Nur habe ich mich so darüber aufgeregt, dass ich bis drei Uhr noch wach war.“ So kannten und mochten die Stammtisch-Teilnehmer 'ihren' Torsten - immer zu einem Witz aufgelegt. „Wenn dies nicht das erste Mal war, warum hast du dann nicht die Polizei gerufen?“, fragte Max. „Weil die Polizei mit den Flüchtlingen überfordert ist und bei solchen Lappalien gar nicht mehr kommt. Und bevor die auch ohne Flüchtlinge da sein würden, herrscht ja wieder Ruhe im Haus. Ich werde einfach dieser Trutschn mal nachweislich ein Schreiben zukommen lassen, worin ich sie auf ihre immer wiederkehrende Verstöße aufmerksam machen werde und gleichzeitig sie darüber informiere, dass ich im Falle einer Kündigung durch meinen Arbeitgeber wegen Einschlafens oder mangelnder Konzentrationsfähigkeit am Arbeitsplatz, bedingt durch ihre nächtlichen Ruhestörungen, mir den finanziellen Verlust von ihr erstatten werden lasse, notfalls unter Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten.“ Klaro musste erst einmal Luft holen nach diesem Satz. Toni nutzte die Möglichkeit für eine Antwort und nickte: „Anders ois mid Geid kannst du am bledn Luda ned beikomma.“

      Max nickte leicht und meinte: "Ja, das Problem mit lauten Nachbarn haben nicht nur die in Mehrfamilienhäusern Lebenden, sondern auch wir Eigenheimbesitzer. Dabei bin ich nicht gerade pingelig und denke, dass meine Toleranzgrenze auch ziemlich großzügig ist. Links und rechts von unserem Grundstück wohnen feierwütige Deppen. Beide Parteien haben die Häuser nur gemietet, tun aber so, als ob es die eigenen sind. Vom Frühjahr bis zum Herbst ist fast jedes Wochenende eine lautstarke Fete angesagt - es wird geschrien und gegrölt. Ich habe mehrfach versucht, mit denen darüber zu reden, es ist völlig sinnlos. Die kommen dir nur blöd, so nach dem Motto: "Wenn du Ruhe haben willst, dann lege dich auf den Friedhof!" Nach meinem ersten Gesprächsversuch wurde bei der nächsten Feier etwas gegrölt, das ungefähr so ging: Ist es auch schon zehn, wir werden trotzdem nicht gehn, und kommt die Polizei, wir bleiben trotzdem dabei. Nun, ich habe das mit der Polizei getestet: Der erste Besuch bei unseren links von uns wohnenden Nachbarn war noch kostenlos, der zweite nicht mehr - ich glaube, die haben dafür über neunzig Euro zahlen müssen. Seitdem geht es so halbwegs, warum aber immer nur mit Druck? Weshalb schalten denn diese Leute nicht auch mal ihr Hirn zum Nachdenken ein? Ich weiß nicht, wo diese massenhafte Rücksichtslosigkeit nur herkommt, die Menschen leben doch nur noch das Wort 'Egoismus'. Ohne lautstarke Brüllerei scheint wohl keiner mehr leben zu können. Und nicht nur die Lautstärke nervt meine Frau und mich. Sondern auch das Nachgeäffe: Fängt einer in der Straße an, den Rasen zu mähen, fühlen sich alle anderen bemüßigt, es ihm nachzutun, unabhängig davon, wie lang oder kurz das Gras wirklich ist. Fängt einer an, sein Auto auf der Straße zu waschen, ziehen andere nach - als ob in jedem Haus ständig einer hinter der Gardine sitzt und beobachtet, was sich auf der Straße tut. Mir scheint es so, dass der Großteil der Menschheit immer verrückter und überheblicher wird. Da muss uns doch dann irgendwann der Zorn Gottes treffen!"

      Ole kam nochmals auf das Anfangsthema zurück: „Und wie kommt ein Jugendlicher zu einem Facebook-Account, ist das denn erlaubt?“

      Klaro antwortete: „So viel ich weiß, kannst Du wohl ab einem Alter von dreizehn Jahren einen eröffnen. Und wenn Du noch nicht dreizehn Jahre alt bist, gibst Du halt ein anderes Geburtsdatum an. Das kontrolliert doch keiner!“

      „Und genau das könnte Facebook mal rechtlich gesehen auf die Füße fallen. Ich halte diese Vorgehensweise für ziemlich lasch“, äußerte Toni seine Meinung dazu. „Aber wie will man das anders machen?“ Diese Frage blieb unbeantwortet im Raum stehen.

      Danach wandte sich Ole nochmals an Torsten: „Wann genau bist Du im Urlaub und mit welcher Gesellschaft werdet ihr fliegen?“

      „Wir sind vom 3. - 17.11. weg - ich werde also keinen Stammtisch verpassen, höchstens ein paar nächtliche Ruhestörungen“, grinste Torsten. „Fliegen werden wir mit Daedalus Air Burgas - den Namen hatte ich vorher noch nie gehört. Das sind Bulgaren, die ausgemusterte Maschinen von Lufthansa und Condor aufkaufen. Allerdings werden diese weiterhin durch Lufthansa gewartet - das war das Einzige, was mich da etwas beruhigte. Bei dem Pauschalangebot kannst du dir halt nicht die Fluggesellschaft aussuchen. Ich habe aber lieber einen normalen Bulgaren im Cockpit als einen psychisch kranken Deutschen“, spielte er auf das Germanwings-Unglück im Frühjahr des Jahres 2015 an. „Vielleicht kommt dieser Urlaub ganz richtig - wir werden etwa 4 - 5 Tage, in der Nähe der Kapverden, keine deutschen Fernsehsender empfangen können. Da hat man die Möglichkeit, sich mal nicht jeden Tag über unsere Politiker aufregen zu müssen!“

      Anton versuchte, Trost zu spenden: „Vielleicht ist das auch alles zu Ende, wenn ihr wieder zurück seid.“

      Klaro schüttelte energisch den Kopf: „Da kennst Du die Merkel aber schlecht, die bleibt stur bei ihrem Kurs - und wenn die Welt einstürzen sollte! Frau Merkel macht doch nie einen Fehler, jedenfalls keinen, den sie zugeben würde.“

      Max erhob sein Glas: „Hoffen wir, dass unsere Welt noch etwas hält. Und ihr solltet versuchen, euren Urlaub zu genießen. Prost!“

      Ole hatte noch eine weitere Frage: "Ich war zwar noch nie auf solch einem Kreuzfahrtdampfer, habe aber mal gehört, dass sehr viele Asiaten, darunter speziell welche von den Philippinen, auf den Schiffen schuften sollen. Hast du denn keine Angst, dass da mal ein Anhänger der Abu Sayyaf darunter sein könnte?" Torsten schüttelte den Kopf: "Darüber hatte ich mich nach unserer Südamerika-Kreuzfahrt informiert. Also, die reine Mitgliederzahl der Gruppe liegt wohl bei etwa zweihundert Leuten. Dazu kommen noch ungefähr zweitausend Sympathisanten, die aber selbst keine Entführungen oder andere terroristische Aktionen durchführen. Es ist also eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass von den zweihundert Kämpfern einer auf dem Schiff angestellt wird. Hinzu kommt, dass die Besatzungsmitglieder, genau wie die Passagiere, nur durch die Schleuse an Bord kommen und dort wird echt kontrolliert. Da müssten schon mehrere von denen auf dem gleichen Schiff angeheuert haben, um Waffen an Bord zu schmuggeln. Und was ich noch gelesen habe, ist, dass die Abu Sayyaf die Philippinen zu einem muslimischen Gottesstaat machen wollen; von Aktionen außerhalb ihres Landes habe ich noch nie etwas gehört."

      Ole hob sein Glas: "Dann wünsche ich Euch einen schönen und erholsamen Urlaub."

       Kapitel 3 - Die Reise beginnt

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