Homo sapiens movere ~ gezähmt. R. R. Alval

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Homo sapiens movere ~ gezähmt - R. R. Alval

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– eilte ich zu meinem Auto, von dem die kleinere Frau die große soeben behutsam abpflückte.

      „Alles in Ordnung mit Ihnen?“, fragte ich, wobei ich gleichzeitig mit einem leisen Seufzen den Schaden an meinem Auto betrachtete. „Geht schon.“, ächzte der Pechvogel und sah mich mit einem jämmerlichen Blick an. „Ihr Auto?“ Ich nickte. „Oh Gott.“, stöhnte sie, während die andere Frau ihr langsam den Beutel vom linken Arm zog und kritisch prüfte, ob der Gips heil geblieben war. Die Frau blickte wie ein Häufchen Elend auf ihre Schuhspitzen. „Wir sind versichert.“, verkündete mir die braunhaarige Frau, deren graublaue Augen mich gütig ansahen.

      Versichert.

      Das war gut.

      Ich konnte mir nämlich kein neues Auto leisten. Und auch keine teure Reparatur. Zwar hatte ich ein stolzes Sümmchen ansparen können, aber das war für den Kauf einer Eigentumswohnung und meinem Umzug in einem Monat, bei dem ich mich komplett neu einrichten wollte, schon vollkommen verplant.

      „Ich bin Briony und das ist meine Freundin Alisa. Ich verstaue schnell unsere Einkäufe und dann lade ich Sie zu einem Kaffee ein. Dabei können wir uns in aller Ruhe unterhalten und die notwendigen Daten austauschen. Was halten sie davon?“ Kaffee klang verlockend, weswegen ich dem Vorschlag zustimmte. Alisa, die rotblonde Frau neben mir, seufzte aufrichtig gequält. „Bitte, lieber Gott“, hörte ich sie murmeln, „lass mich nichts kaputt machen.“

      Die arme Frau musste wirklich vom Pech verfolgt sein.

      Joshs Auftrag

      In seiner menschlichen Gestalt erinnerte Josh viele an einen Bären. Eine Meinung, die Alan nicht teilte. Dafür war Josh zu schlank, wenn auch muskulös und wahrhaft groß.

      Außerdem war er kein Bär.

      In seiner Wergestalt war Josh mörderisch, athletisch, intelligent und schneller als jedes andere Raubtier, was Alan kannte. Sein tierisches Ebenbild trug den stolzen Namen Acinonyx jubatus. Allerdings war Josh, wie auch alle anderen Gestaltwandler, in seiner anderen Form wesentlich größer als sein tierisches Pendant. Obwohl die Magie der Gestaltwandler vielfältig war, so konnte sie doch einen einhundertzehn-Kilo-Mann nicht in einen fünfzig Kilo leichten Gepard verwandeln. Trotzdem schaffte sie es, dem Gestaltwandler in seiner Kampfgestalt Masse und Körpergröße hinzuzufügen, indem sie beide Wesen kombinierte.

      Als Geparden-Wer war Josh ideal als Rudelzweiter. Denn was ihm an Teamgeist fehlte, um das Rudel zu führen, glich er durch Stärke, Jagdinstinkt und Intelligenz aus. Nicht viele Raubkatzen konnten mit ihm mithalten. Abgesehen von Alan. Und eventuell Otis. Aber der war mit einem genetischen Defekt zur Welt gekommen und konnte sich nur mit Mühe und erheblichem Zeitaufwand in seine Wergestalt wandeln. Ein Löwe, der hätte Alpha sein sollen, wie sein Vater; was ihm vom Schicksal nicht vergönnt war.

      Im Allgemeinen konnte man davon ausgehen, dass, je größer und muskulöser ein Gestaltwandler in seiner menschlichen Form war, umso beeindruckender war auch seine Wer- oder Zwischengestalt.

      Natürlich bestätigten Ausnahmen die Regel.

      Alan lachte leise, während Josh wie ein aufgeplustertes Huhn quer durch den Raum tigerte. „Vergiss es. Ich kann mit Ribbert nicht zusammenarbeiten! Dieser arrogante, aufgeblasene…“ Alan verwandelte sein aufkommendes Lachen in einen dumpfen Laut, der sich knurrend aus seiner Kehle rang. „Das war kein Wunsch, Josh, sondern ein Befehl. Willst du den verweigern?“ Wut blitzte in Joshs Augen auf, die sofort dem Gehorsam gegenüber seinem Alpha erlosch. „Nein. Ich wollte nur meinen Unwillen ausdrücken. Mal ehrlich, der geht mir so was auf die Nüsse, dieser bekloppte Wolf.“ Alan nickte verständnisvoll, aber keinesfalls nachgebend. „Weiß ich. Aber sie sind unsere Verbündeten, nicht nur, was das Ritual betrifft. Abgesehen von deinem persönlichen Zwist mit Ribbert, sehe ich keinen Grund, dir diesen Auftrag nicht zu erteilen.“ Josh knurrte widerstrebend.

      Es war sein Job als Rudelzweiter, sich mit Belangen auseinanderzusetzen, die alle Gestaltwandler betrafen. Der Groll, den er seit beinah sechs Jahren gegen Ribbert hegte, musste zum Wohl des Rudels unterdrückt werden. Sowohl Alan als auch Josh wussten, dass es genügte, wenn Josh sich mit Ribberts Rudelzweitem auseinandersetzte. Doch Ribbert nahm die Dinge gern selbst in die Hand. „Verhalte dich ihm gegenüber so neutral wie möglich. Ich habe keine Lust meinen besten Mann in einem Machtkampf zu sekundieren.“ Josh unterdrückte ein dumpfes Knurren. Sein Alpha wusste nicht, was damals passiert war. Und wenn es nach ihm ging, würde er auch nie erfahren, dass er sich wegen Ribberts unfairen Methoden dessen Schwester nicht mehr nähern durfte. Wenn es nach ihm ginge, verdiente Ribbert eine ordentliche Tracht Prügel. Er mochte Elise. Auch wenn sie nicht die Eine für ihn war. Sie war knallhart, aber trotzdem sehr weiblich. Und lustig. Wer sie nicht kannte, ließ sich durch ihre äußere Erscheinung täuschen.

      „Josh!“ Tief durchatmend salutierte dieser spöttisch. „Keine Sorge, ich bin in der Lage mich zusammenzureißen.“

      Damit drehte er sich auf dem Absatz um und verließ Alans Arbeitszimmer. Sam kam Josh entgegen, nickte ihm aufmunternd zu und tätschelte seinen Arm, bevor sie zu ihrem Mann ins Zimmer schlüpfte.

      Stirnrunzelnd betrachtete Josh seinen Arm.

      Menschen, er würde sie nie verstehen. Er brauchte keinen Trost. Er kam allein zurecht. Trotzdem schaffte es Sam immer wieder, einen Teil ihrer inneren Ruhe auf ihn zu übertragen. In diesen Momenten wünschte er sich, ebenfalls eine solche Frau zu finden. Nur, um sich im selben Augenblick für seinen Wunsch zu verfluchen. Die Frau, mit der er es länger als eine Nacht aushielt, musste erst noch geboren werden! Selbst Ribberts Schwester war nur ein Betthupferl gewesen. Freilich, ihre leicht aggressive Art hatte ihm viel zu gut gefallen und er war bereit gewesen, sie für einen längeren Zeitraum zu behalten. Zudem waren sie Freunde. Irgendwie.

      Zu blöd, dass Ribbert ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte.

      Alisas Bilanz

      Alisas Sorgen, sich mit dieser Frau noch mehr Ärger eingehandelt zu haben, waren unbegründet. Rosalie war ein Mensch. Ein einfacher, netter, sehr zurückhaltender Mensch mit einem freundlichen Lächeln. Kein movere, kein Mischling. Außerdem war Alisa ziemlich stolz auf sich. Abgesehen von dem Desaster auf dem Parkplatz war bisher nichts anderes zu Bruch gegangen. Weder sie selbst noch etwas der gemütlichen Einrichtung des heimeligen, fast nostalgisch wirkenden Cafés. Vielleicht lag es daran, dass sie ihre Hände fest auf die Knie gelegt hatte, um keineswegs wild herum zu fuchteln oder irgendwo hängen zu bleiben. Mit ihrer Uhr zum Beispiel, mit der sie vorhin die blöde Papiertüte zerrissen hatte. „Bingham? Ihr Name ist Bingham? Wie die Agentur?“ Rosalies Augen waren weit aufgerissen und wurden sogar noch größer, als Briony nickte.

      Fast hätte Alisa gegrinst, als die Frau ehrfurchtsvoll hauchte, dass sie sich geehrte fühlte mit ihnen am Tisch zu sitzen. Nach kurzem Zögern erzählte Alisa ihr jedoch, dass nur Briony als Bingham zählte. Im Gegensatz zu ihr. Sie arbeitete für Bingham. Und war Brionys Freundin. Außerdem war sie anfällig für Missgeschicke jedes Kalibers. Wie unschwer zu erkennen war.

      Rosalie betrachtete Alisas Gips und kommentierte seine Farbe. Ohne es zu bemerken, waren die drei Frauen innerhalb kürzester Zeit in das vertraute Du gefallen. „Es gab noch quietschgrün und grellgelb. Aber noch mehr Aufmerksamkeit, als ich das eh schon tue, wollte ich nicht auf mich lenken. Warum, brauche ich dir nicht zu erklären. Du hast es selbst gesehen.“ Rosalies verständnisvolles Nicken zeugte von Mitleid. Eine Sache, die Alisa ganz und gar nicht brauchte. Sowas war nichts für jemanden wie sie. Würde sie ihre andere Seite nicht permanent untergraben,

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