Die Pueblo-Kulturen. Werner-Wolf Turski

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Die Pueblo-Kulturen - Werner-Wolf Turski

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von Teotihuacan). Eine andere Version besagt, dass einige vornehme Familien von Teotihuacan nach Norden geflohen (vor wem?, zu wem?) waren und in die Vorfahren der späteren Tolteken mit eingingen. Damit konnten sich diese Barbaren mit dem Ruf schmücken, religiöser Nachfolger und Erbe vom großen Teotihuacan zu sein. Die der Plünderergeneration nachfolgenden Generationen konnten sich dann sogar ihrer Teotihuacan-Ahnen rühmen.

      Zweifellos ist, dass die religiös-ideologische Beute gemeinsam mit den nun mitgeführten und an anderen Orten „praktizierenden“ Priesterfamilien (mit ihren heiligen/imageträchtigen Zeremonialgegenständen) für die sich nun aus dem „Barbarenzustand“ in den Status eines „Hochkulturvolkes“ entwickelnden jetzigen Tolteken von größter Bedeutung waren. Sie zogen sich ein Stück (?) nördlich des Tales von Mexiko zurück, wo sich ein „entbarbarisierender“ Um-bau ihrer Gesellschaft (u.a. dauerhafte Sesshaftigkeit und Adaption von Feldbauerkulturelementen des Hochtales von Mexiko, Übernahme des Kultes der Federschlange = Teotihuacan-Erbe) in dem Maße vollzog, dass sie ca. 100 Jahre nach dem endgültigen Fall von Teotihuacan um 856 u.Z. ihre spätere „Hauptstadt“ Tula (= „Stadt“)/Tollan (= aztekisch: „Binsenort“) offensichtlich als religiös-ideologischen Nachfolgeort des jetzt verödeten Teotihuacan gründeten. Der Überlieferung zufolge kehrten die Tolteken und die sich ihnen angeschlossenen Chichimeka u.a. im Verlauf des neunten und zehnten Jahrhunderts aus dem Norden (?) ins Mexiko-Tal zurück. (Es gibt unterschiedliche/widersprüchliche Gründungstermine von Tula !!! - 856 oder 950 u.Z.). Dafür mussten sie jetzt die materielle, religiöse und gesellschaftliche Kraft haben. Sie traten praktisch und/oder auch behauptet die Nachfolge von Teotihuacan an und herrschten (?) oder übten religiösen Einfluss über ganz Mittelmexiko aus. Dabei ist zu beachten, dass das Gebiet um Tula von Otomi-Feldbauern besiedelt war, über die sie offensichtlich als Fremde herrschten. Nach ihrer Formierung vereinigten die Tolteken mehrere Kleinstaaten zu einem „Reich“, das sein Zentrum in Tula hatte. Die Bewohnerschaft von Tula setzte sich aus verschiedenen Volksgruppen zusammen (Tolteca-Chichimeca, Nono-alca, eventuell Otomi u.a.).

      Es ist davon auszugehen, dass außer den nahua-chichimekischen „Entführern“ des materiellen und geistigen Beutegutes aus Teotihuacan noch eine Vielzahl anderer Nahua-Chichimeken in Mittelamerika einwanderten, die aber historisch nicht registrierbar sind, sondern nur ethnografisch-linguistisch in Erscheinung treten. Die zahlenmäßig sicher nicht sehr große „Plünderergruppe“ hatte dann aber den Ruf und die Kraft, weitere Chichimekengruppen aus dem nördlichen Umfeld anzuziehen und sich damit personell zu verstärken bis sich aus der Gefolgschaftsgesellschaft (militärische Demokratie) durch Nutzung erbeuteter und weiter angepasster ideologisch-religiöser Repressionskraft eine Theokratie herausbilden konnte.

      Um das Jahr 1000 u.Z. sind die Machtkämpfe in Tula ein Anziehungselement oder ein historisches Wirkelement für Nahua-Chichimeken-Barbaren. Es musste auch der ethnisch offensichtlich unbedeutende Auszug Quetzalquoatls mit seinen Anhängern (Gefolgschaft – sie muss groß genug gewesen oder geworden sein, um u.a. Chichen Itza ideologisch oder militärisch einzunehmen und dauerwirksam zu besetzen.) kompensiert werden. Aber bereits 100 Jahre später werden wirtschaftlich und militärisch störende Chichimeken-Einwanderungen/ Einfälle im Tula-Bereich wirksam. Die sich allmählich militärisch konsolidierenden Chichimekenbarbaren können 1168 das jetzt schon stark geschwächte Tula erobern, dass dann bis 1180 seine Macht und Bedeutung völlig verlor und von den Tolteken (nicht von den Otomi) verlassen wurde – fast ein analoges Beispiel zu Teotihuacan. Den letzten Rest gaben dem „Reich von Tula“ um 1200 u.Z. Chichimeken mit dem legendären Anführer Xolotl. Außer den Chichimeken-Einfällen waren wahrscheinlich auch ökologische Probleme (welche? Belege!) für den letztendlichen Untergang von Tula ausschlaggebend.

      Fast gleichzeitig, um 1215 u.Z., erschienen im Hochtal von Mexiko die Nahua-Chichimeken, von denen später ein Teil als Azteken in die Geschichte einging, die sog. verbündeten sieben (?) – sieben ist eine symbolisch wichtige Zahl – Stämme. Jeder Chichimekenstamm gab als Ausgangspunkt seiner Wanderung die legendären sieben Höhlen von Chicomoztac an. Im Tal wurden viele (sieben ?) Städte gegründet. Diese erlebten eine kurze Blüte als selbständige Machtzentren. Ein bedeutender „Stamm“ von ihnen gründete an der Ostseite des Texcoco-Sees einen kleinen Staat mit der Hauptstadt Texcoco. Sie gewannen Salz aus dem Seewasser und verdienten gut mit dessen Verkauf/Handel. Die Chichimeken-Stämme, die Tula (?) zerstörten, errichteten 1224 das „Reich“ von Tenayuka. Diese Chichimeken gingen später im Bund der Azteken auf. Chichimeken übernahmen auch die Herrschaft über die Totonaken an der Golfküste und gerieten später in Abhängigkeit von den Azteken. Die Azteken/Mexica wurden 1325 u.Z. von den herrschenden Tepaneken (ebenfalls Chichimeken) auf die Inseln des Texcoco-Sees getrieben (gilt auch als das legendäre Gründungsdatum von Tenochtitlan, im Gegensatz zum echten Datum von 1370). Um den See von Texcoco lagen in der Zeit von 1200 bis 1500 u.Z. eine Reihe von Chichimeken-Stadtstaaten.

      Die Chichimekeneinwanderung nach Mittelamerika war also kein „Völkerwanderungssturm“, sondern ein wenigstens seit 750 u.Z. über 5 bis 7 Jahrhunderte anhaltender Prozess unterschiedlicher Wanderungsintensität mit zeitlich und räumlich begrenzten historisch identifizierbaren Wirksamkeiten wie Zerstörungen und/oder Aufbau von Herrschaftsbereichen/-strukturen, zum Teil nur als dünne fremde Oberschicht, zum Teil mit erheblicher eigener Substanz. Die eigene Substanz kann vom Zustand einer dünnen Oberschicht durch Zuzug von weiteren „zivilisierungswilligen“ Chichimekenbarbaren im Laufe der Zeit verstärkt worden sein oder sich aus lokalen Menschengruppen verstärkt haben. Die von Herrschenden beklagte „militärische Macht“ der Chichimeken ist sicher erst am Ende kurz vor dem Stillstand ihrer Wanderung durch den Einfluss der jetzt erreichten Hochkulturzivilisationen bewirkt worden. Wahrscheinlich wirkte auch hier die Zivilisation auf die Barbaren militarisierend, so wie ab 1600 die zivilisierten Spanier die Süd-Athapasken militarisiert hatten. Analoge Beispiele gibt es dafür auch in der Gegenwart .......

      Die Tolteken waren also kein Volk, sondern eine Herrschaftskultur, deren wesentliche ethnische Träger das uto-aztekische Nahua sprechende Menschen und damit sicher auch die Führungsschicht oder -gruppe waren. In diese Kultur wurden neben alten nahua-chichimekischen Elementen aus der Frühzeit und der späteren „Entwicklungszeit“ mit dem qualifizierten Kriegerkulturpotenzial auch Elemente der religiösen Hoch- und Herrschaftskultur von Teotihuacan und der Feldbauernbevölkerung des Hochtales von Mexiko übernommen. Des weiteren wurden sicher Kultur-/Religions- und Zeremonialelemente von der in dieses Territorium hineingekommenen Bevölkerung vom Golfgebiet (Nonoalca) integriert. In diesem relativ friedlichen Kultur- und Religions-/Kulturkonglomerat (Quetzalcoatl-Kult), das zur Aufrechterhaltung der Macht der Führungsschicht im wesentlichen auf repressive religiös-ideologische Kraft (Theokratie) setzte, verstärkte sich auf Grund von Machtkrisen oder mit den „friedlichen“ Mitteln nicht mehr erreichbaren Machterweiterungen (stärkere Reichtumsanhäufung und/oder Repräsentationsgelüste) die militärisch-kriegerische Komponente. Diese Komponente und/oder ihre Verstärkung kann durch die Einwanderung und/oder die Nutzung zuziehender Chichimeken-Barbaren bewirkt worden sein. Es erfolgte der Auszug des wahrscheinlich friedlich ausgerichteten Priesterherrschers Quetzalcoatl und seiner Anhänger, die jedoch die Einvernahme der Maya in Nord-Yucatan bestimmt nicht nur mit friedlicher Missionstätigkeit vollzogen. Religion und Zeremonialwesen wurden im toltekischen Maya-Bereich danach militant mit verstärkten (?) Menschenopferungen.

      Kurze Chronologie überlieferter Chichimekenaktionen:

      750 u.Z. Sturz von Teotihuacan durch die Tolteken

      856 oder 950 u.Z. Gründung von Tula

      1000 u.Z. Auszug von Quetzalcoatl aus Tula

      1100 u.Z. neue Chichimekeneinfälle in Tula

      1168 u.Z. chichimekische Eroberung von Tula

      1180 u.Z. Aufgabe von Tula

      1200 u.Z. erneuter Chichimekeneinfall in das Gebiet um Tula unter Xolotl

      1215

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