Sociologicus. Sedat Sosyal
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GÖNEN war eigentlich kein Dorf mit Bürgermeister, sondern ein kleines schmuckes Städtchen(Kasaba bzw. Belde) mit eigener gewählter kommunaler Verwaltung am Berghang, fünf Kilometer von der Hauptstrasse nach Isparta, dem Provinzstadt entfernt. Gönen hatte auch eine Eisenbahnstation, welches ich später nutzen sollte. Die Bevölkerung lebte von Land- und Viehwirtschaft, Rosenzucht und Teppichweberei. Das Rosenwasser und -öl und die Teppiche aus Isparta sind in der ganzen Türkei bekannt und beliebt.
Das Internat war oberhalb von Gönen am Berghang angesiedelt. Es war merkantil, also selbstversorgend. Es hatte Viehwirtschaft, Landwirtschaft, Hühnerfarm, Apfelplantagen, eigene Bäckerei ja, sogar ein eigenes Hamam(Türkisches Bad). An Gebäuden waren außer Schlafsälen , Unterrichträumen, Verwaltungsgebäude, Medizincenter, Mensa, etliche Sportplätze, Lager, Wasserversorgung und eigene Stromversorgung, wenn Stromausfall war. Und zu dieser Zeit waren ständig Stromausfälle.
Ich sollte also die nächsten sechs Jahre meines Lebens hier verbringen. Das sollte die nächsten sechs Jahre mein Zuhause sein. Ich rechnete schnell aus, wie alt ich sein würde, wenn ich das hinter mir gebracht hätte: 17 Jahre alt.
Nachdem meine Mama GÜLPERI und ihr jüngster Bruder mein Onkel ILHAN mich im Internat abgesetzt und wieder zurückgefahren waren, hab ich angefangen in den Schlafsälen den mir zugewiesenen Spint mit meiner von der Schule zugewiesenen Nummer 99 mit meinen Habseeligkeiten wie Wäsche, Pantoffeln, Schuhe usw. einzuräumen. Die Schlafsäle waren in einem alten Flachbau, die nur abends aufgeschlossen wurden. Es waren außer den zwei großen Sälen, die je für 25 Jungs, untergebracht auf Etagenbetten noch die sanitären Anlagen, die für 50 Jungs kaum ausreichten.
Als ich mit dem einräumen fertig wurde, ertönte auch schon die Klingel der Mensa zum Abendessen. Es waren nur ein Paar Schritte bis zur Mensa. Kaum angekommen, stand ich notgedrungen mitten in der Essensschlange. Wie ich später erfahren sollte, waren 500 Schüler von Klasse eins bis sechs eingeschrieben. Das war auch die höchste Zahl, welches das Internat aufnehmen konnte. Wenn man diese Schulform: „Lise/Lyseum“ mit Gymnasium in Deutschland vergleichen sollte, dann waren die erste bis dritte Klasse: die Prima und vierte bis sechste Klasse die Sekunda. Also bis man seine „Allgemeine Hochschulreife“ hatte, musste man fünf Jahre Grundschule, drei Jahre Mittelschule und nochmals drei Jahre Lyseum absolvieren. Das macht 11 Jahre zusammen. Als ich mein ABITUR 1989 , die „Allgemeine Hochschulreife“ am Erasmus Gymnasium in Grevenbroich bekam, war ich fast 23 Jahre alt, somit hatte ich den Rekord als den ältesten Abiturienten Deutschlands. Kann man nachrechnen: ABI ´89 und offizieller Geburtsdatum: 06.08.1966.
Wenn damals in der Türkei alles glatt gelaufen wäre, wäre ich nach sechs Jahren Lehrerausbildungslyceum(Dorfinstitute wurden später so genannt) und zwei Jahre pädagogische Hochschule mit 19 Jahren Grundschullehrer geworden…
Es gab Kidneybohnen(Barbunya) und Reis(pilav) und als Nachtisch ein roter Apfel zum Abendessen. Es wurde von den Schülern von höheren Klassen verteilt und von denen bekam man auch ein Platz in dem großen Speisesaal zugewiesen. Alle saßen an verschieden Tischen. Die Lehrer in einer Nische, die Älteren in einer anderen Nische und die NOVIZEN, sowie ich mitten im Raum. Es hingen überall an den Wänden gemalte Portraits von Oguz Han(erster türkischer HAN), Alparslan, Mehmet dem II., dem Eroberer von Constantinopel, welche er in STANBUL taufte. Und es hing in großen Lettern ein Tischgebet, welches alle aufsagen mussten, sobald die Trillerpfeife ertönte, standen alle auf und brüllten dieses von den türkischen Nationalisten geschriebenes Gebet, welches mit: „Tanri Türkü korusun. Afiyet olsun. („Der Herr möge den Türken beschützen. Wohl bekomm´s) schloss. Es war ja auch die „2. Nationale Front(Milli Cephe)“ an der Macht in ANKARA. Eine Koalition von Konservativen(Demirel), islamischen Fundamentalisten(Erbakan) und Ultra Nationalisten bzw. Faschisten(Türkes).
Nach dem wunderbaren Essen sollten wir uns in unserem Klassenzimmer versammeln, um uns kennen zu lernen. Unsere Klasse war die 1B. Wir hatten als erste Fremdsprache französich. 1A hatte englisch und 1C Deutsch. Wir wurden willkürlich in diese Klassen verteilt, ohne dass wir eine Mitspracherecht hatten. Später wollte ich in die 1C wegen Deutsch wechseln, weil mein Vater ja in Deutschland als Gastarbeiter war und ich ihn im nächsten Sommer´78 besuchen wollte, wenn ich die erste Klasse mit Auszeichnung bestehen sollte. Ging aber nicht. Ich mußte französich lernen, weil eben von der Verwaltung aus in dieser Klasse 1B mein Platz war. Ich habe dann die erste Klasse mit Bravur bestanden und wie versprochen holte mich mein Vater in den Sommerferien für drei Monate zu sich nach
GREVENBROICH – NRW- BRD.
Unser Klassenlehrer war Selahattin Hoca, ein intellektuel aussehender Mann mit Brille und sympatischem Wesen, so mitte 30. Er sollte uns in türkisch und französich lehren. Er hat dann gefragt, ob jemand eine schöne Stimme habe und ein Lied singen könne, um damit das Eis zu brechen, welches bei solchen Versammlungen am Anfang immer da ist. Ali hat sich gemeldet, einer aus Denizli-Cardak. Das Lied, welches er ausgewält hatte war verhehrend für seine spätere Stellung in der Klasse. Auch, dass er beim späteren Ringen gegen mich verloren hatte, war nicht gerade gut für sein Image.
Am nächsten Tag sollten wir unsere Schuluniformen bekommen: Einen Anzug, ein Hemd und eine KRAVATTE. Mit 11 Jahren sahen wir schon aus wie Erwachsene. Eben deshalb trage ich ganz selten und ungern einen Anzug und Kravatten hasse ich wie die Pest. Keiner, ich wiederhole keineR kann mich jemals dazu bringen Kravatten zu tragen. Zum Glück entdeckte ich später unter den Kravatten von meinem Vater eine Kravatte mit Clip, welches ich dankbar an mich nahm und die ganze Zeit, wo ich Kravatten tragen musste, eben diese einfach an meinen Hemdkragen dran machte. Ich habe niemals wieder so eine Kravatte gesehen später. Unter anderem deshalb kann ich keine einzige Kravatte binden, obwohl ich drei Jahre lang eine Kravatte tragen musste. Deshalb wollte ich auch niemals ein Manager oder Abgeordneter sein, weil ich gezwungen wäre Kravatten zu tragen und noch schlimmer mich täglich rasieren müsste. Wenn ich was noch mehr hasse als Kravattentragen, dann mich täglich rasieren zu müssen. Wer meinen Bartwuchs hat, hätte auch Verständnis dafür. Ich rasiere mich, wenn ich Lust dazu habe und das ist meistens ein bis zwei mal in der Woche im Sommer und alle Paar Wochen bzw. Vollbart im Winter, BASTA!
Es war der erste Freitag im Internat. So langsam lernte ich die Mitschüler und die LehrerInnen kennen. Der Religionslehrer hat mich angesprochen, ob ich ihn zum Freitagsgebet begleiten wollte. Übrigens Religion sollte mein bestes Fach werden neben Sport. Ich sagte ja, weil ich das ja zu Hause so gehandhabt hatte.
Hinter unseren Schlafsälen war ein kleiner Mescit(Gebetsraum), wie ich erfahren sollte. Wir gingen rein und was mussten meine jungen, ungetrübten, Augen sehen ??? Die ganzen Wände waren voll mit den türkischen Ahnen. Also Bildnisse, einschliesslich sein Bildniss, die ja der Prophet:
Hz. Muhammed(Sallahu