Das Vermächtnis aus der Vergangenheit. Sabine von der Wellen
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Читать онлайн книгу Das Vermächtnis aus der Vergangenheit - Sabine von der Wellen страница 10
„Mit Drogen und Junkies?“, faucht Marcel und ist offensichtlich nicht bereit, einfach aufzuhören.
„Du bist auch nicht mehr so wie vor zwei Wochen“, keife ich. „Du bist gar nicht mehr lieb. Du schimpfst nur noch mit mir und bist böse. Hättest du mich doch einfach dagelassen? Du hast keinerlei Verpflichtung mir gegenüber. Wenn ich so enden will wie Ellens Alex, dann ist das mein Problem und nicht deins.“
Ich spüre, wie mir eine kalte Hand ans Herz greift. Jetzt werde ich erschreckend wütend und traurig. Marcel soll mich in Ruhe lassen. „Bring mich doch einfach nach Hause. Ich steige auch unten an der Straße aus und sage niemanden, dass du mich gebracht hast. Oder bring mich zum Bahnhof und ich fahre mit dem nächsten Zug nach Hause“, brumme ich wütend und versuche meine aufsteigenden Tränen zu unterdrücken.
„Jou, klar! Ich setze dich beim Bahnhof ab, wo du dich gleich, so breit wie du bist, zu den anderen Junkies legen kannst.“
Marcel ist wirklich blöd.
„Dann lass mich doch in Ruhe! Ich bleibe einfach hier sitzen, bis es wieder hell wird und gehe dann selbst zum Bahnhof.“ Ich lege meine Arme auf den Tisch und meinen Kopf darauf, damit er mein Gesicht nicht sehen kann. Warum streiten wir uns? Ich wünsche mich zu Ellen und Erik zurück. Das kann nicht schlimmer sein.
„Da mag man mich wenigstens“, sage ich zu mir selbst.
„Was?“, brummt Marcel und steht auf.
Mir war nicht bewusst, dass ich überhaupt etwas laut gesagt hatte.
„Wo mag man dich wenigstens?“, fragt er verächtlich, als hätte ich einen Witz gemacht.
„Bei Ellen und Erik. Hättest du mich dagelassen, dann brauchtest du dich jetzt nicht um mich zu kümmern. Verdammt! Ich habe dich nicht darum gebeten. Es kann dir völlig egal sein, wenn ich draufgehe“, schluchze ich den letzten Satz.
Der erschüttert Marcel sichtlich. Er kniet vor mir nieder, damit er mir ins Gesicht sehen kann und ich setze mich auf, um Abstand zwischen uns zu bringen. Tränen kullern mir über die Wange, was mir aber unwirklich vorkommt. Es kitzelt nur.
„Poor, Carolin! Das ist es mir aber nicht. Das wird es mir auch niemals sein“, raunt er leise. „Trotz Tim und all dem Scheiß bist du mir total wichtig und ich komme überhaupt nicht damit klar, dass du da mit irgendwelchen Typen abhängst. Es macht mich rasend! Wie soll ich dich in Ruhe lassen können, wenn ich nicht mal weiß, was die dir da alles antun, ohne dass du das willst? Das ist nicht wie bei uns auf dem Land. In der Stadt ist sich jeder der nächste und nimmt sich, was er will. Wenn es sein muss auch mit Drogen.“
„Ach, so schlimm ist das da nicht“, versuche ich nicht zu weinerlich hervorzubringen. Mir geht es Quer, dass ich mich nicht besser im Griff habe. Jetzt müsste ich Marcel zeigen, dass ich in meiner neuen Welt gut allein klarkomme.
Dass ich keinerlei Einsicht zeige, macht ihn erneut wütend. „Ach, mit dir darüber zu reden bringt nichts. Wir sollten schlafen gehen. Es ist fast drei.“
Ich sehe ihn groß an. Kann es schon so spät sein? Ich habe jegliches Zeitgefühl verloren. Und wo soll ich hier schlafen? Es gibt nicht mal ein Sofa.
Marcel steht auf. „Ich habe nur die Matratze. Aber sie ist groß genug und es ist schließlich nicht so, als hätten wir noch nie zusammen in einem Bett geschlafen.“
Er sieht mich mürrisch an.
Ich nicke nur. Er hat recht und ich werde ihm auch nicht zu nahekommen.
Als erstes schickt er mich in sein Badezimmer. Den Spiegel nutzend, sehe ich mir meine Augen erneut genauer an. Hm, so schlimm sind die doch gar nicht. Mir fällt Erik ein, der mir in die Augen gesehen hatte, immer wieder, als wolle er etwas checken. Er wusste, dass ich die Kekse mit irgendwelchen Drogen gegessen habe und wollte wissen, ob es anschlägt. So sehr ich auch vor Marcel alles herunterspiele, Erik hatte das gut geplant. Aber er hat seine Schwester unterschätzt. Hoffentlich geht es ihr gut.
Als ich aus dem Badezimmer komme, geht Marcel hinein und ich greife nach meinem Handy. Ich will Ellen anrufen. Auf ihre Nummer drückend, warte ich, während ich wieder in die Küche gehe und mich an den Tisch setze.
„Carolin?“, kommt es fast sofort. „Ist bei dir alles im grünen Bereich?“
„Ja, alles okay. Und bei dir?“
Ellen wirkt erschöpft. „Ich bin gerade erst nach Hause gekommen. Wir haben Tina nicht gefunden. Hoffentlich geht es ihr gut. Jasmin besuche ich heute Nachmittag im Krankenhaus.“
Eine Pause entsteht, bevor Ellen endlich fortfährt: „Wie geht es dir? Es tut mir leid. Ich hätte dich besser mitnehmen sollen, statt bei uns zu lassen. Aber ich wollte nicht, dass du das Milieu kennenlernst, in dem ich gestern Abend nach Jasmin und Tina gesucht habe. Das ist nichts für dich. Allerdings konnte ich nicht ahnen, dass du in Eriks Beuteschema passt und er es dermaßen auf dich abgesehen hat. Wir haben uns so gezofft. Er war so wütend, dass ich dich wegholen ließ. Der ist völlig ausgeflippt. Ich rede nachher noch mal mit ihm. Das kann er alles vergessen.“
Marcel steht vor mir und sieht mich fragend an.
„Mach das lieber nicht. Ich kläre das selbst mit ihm. Ich werde mich bis zur Rente mit keinem Kerl mehr einlassen. Die tun einem nur weh“, raune ich, mir bewusst, dass Marcel das hört. „Marcel ist auch ziemlich sauer. Aber wir gehen jetzt ein bisschen pennen und dann ist er mich ja wieder los. Wir telen später noch mal, okay?“
„Klar! Ich rufe dich an, wenn ich von Jasmin wieder da bin. Bis dann!“
„Tschau Ellen.“
Ich sehe auf. „Das war Ellen. Ich wollte nur wissen, wie es ihr geht. Ihr Bruder war ziemlich sauer wegen mir.“
Marcel brummt nur etwas, was ich nicht verstehe. Dabei geht er zu seinem Schlafzimmer und betätigt an der Küchentür den Lichtschalter der Küchenbeleuchtung.
Ich sitze im Dunkeln und stehe langsam auf. Marcel ist gar nicht mehr lieb zu mir.
In seinem Schlafzimmer zieht er sich die Hose aus und das T-Shirt. Unter die Decke steigend, legt er sich ganz an den Rand der Matratze.
Ich ziehe mir auch meine Hose aus und krabbele auf die andere Seite. Dabei wage ich aber nicht, die Decke über mich zu ziehen, weil die bestimmt nicht so groß ist, dass sie die ganze Matratze abdeckt.
Ich rolle mich frierend zusammen, wobei meine Gedanken zu Ellen abschweifen. Sie hatte diese Tina nicht gefunden und ich kann mir ausmalen, was sie für eine Angst haben muss, wenn sie damit rechnet, dass die sich mit ihren Drogen umbringt. In was für einem Elend steckt Ellen da nur? Da sind meine Probleme echte Kinderkacke.
Ich höre Marcel sich bewegen, was sofort meine ganze Aufmerksamkeit auf die andere Matratzenseite richtet. Er will wohl das Licht ausmachen.
Da ich mit dem Rücken zu ihm liege, kann ich ihn nicht sehen, und das ist auch besser so.
Plötzlich spüre ich wie die Decke über mich gelegt wird. Dann geht das Licht aus.
Ich