Das Vermächtnis aus der Vergangenheit. Sabine von der Wellen

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Das Vermächtnis aus der Vergangenheit - Sabine von der Wellen Das Vermächtnis aus der Vergangenheit

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Badezimmer. Krachend fällt die Tür ins Schloss und sie schließt sogar zu.

      Ich gehe auf die Toilette, während sie mich verlegen mustert. Leise, und als hätte sie ein schlechtes Gewissen, höre ich sie sagen: „Es tut mir leid. Ausgerechnet heute ist das mit Jasmin passiert. Sie ist eine alte Freundin und sie hat Probleme mit Drogen. Wir haben sie ins Krankenhaus gebracht. Ich habe, seit das mit Alex war, immer Angst, dass es noch jemanden trifft.“ Sie klingt dabei völlig fertig. „Deshalb habe ich etwas getan, was du mir wahrscheinlich nie verzeihen wirst. Aber es geht nicht anders. Ich muss gleich noch mal los. Jasmin war bei Tina gewesen. Die habe ich noch nicht finden können. Ich wollte dich holen und mitnehmen, aber ich wusste nicht, dass Erik hier heute seine eigene Session geplant hat und du da voll reingeraten bist“, brummt sie wütend.

      „Nicht schlimm. Hoffentlich findet ihr diese Tina. Ich komme schon klar“, versuche ich sie zu beruhigen, und verstehe nicht ganz, warum ich jetzt nicht mehr mit ihr mitfahren kann.

      Ellen schüttelt besorgt den Kopf. „Nein, du kommst bald nicht mehr klar. Und die Geier kreisen schon.“

      „Was?“ Ich verstehe nicht, von was sie spricht und mein Kopf wirkt immer umnebelter.

      Ein Handy klingelt und sie atmet auf. „Endlich!“ Dann nimmt sie ab. „Okay, bleib vor der Tür und klingele bloß nicht. Schau, dass dich keiner sieht. Wir kommen zur Tür und du verschwindest mit ihr, so schnell es geht. Ich kann dir jetzt nichts erklären.“

      Sie klingt wie gehetzt und scheinbar ist jemand am anderen Ende der Leitung, dem sie auch nichts erklären muss.

      „Danke!“, sagt sie noch und legt auf.

      „So, komm! Hier ist dein Handy.“ Sie gibt mir das Handy, mit dem sie gerade telefonierte, und ich frage mich, woher sie es hat. Sie muss es aus meiner Jacke aus ihrem Zimmer geholt haben. Aber warum? Sie hat doch ihr eigenes.

      „Wo gehen wir denn hin?“, frage ich völlig verunsichert.

      „Carolin, was jetzt auch passiert, du tust was ich dir sage. Versprichst du mir das?“, trichtert sie mir ein. „Und morgen darfst du mir dann den Kopf abreißen.“

      Langsam werde ich nervös und ängstlich. Was ist nur los?

      Sie macht die Badezimmertür auf und schiebt mich aus dem Raum.

      Erik lehnt an der Wand neben seiner Wohnungstür und wartet auf uns. Hat er denn niemanden, um den er sich sonst noch kümmern muss?

      Abermals höre ich das Lied im Hintergrund. Oder meine ich nur, dass ich es höre?

      Daniel sieht uns kommen und schiebt sich vor Erik, ihm eine Zigarette anbietend.

      Schnell zieht mich Ellen an den beiden vorbei die Treppe hinunter, was mir fast die Füße verheddert. Die Haustür aufreißend, schiebt sie mich in die kühle Nacht und direkt jemandem in die Arme.

      „Ellen?“, rufe ich erschrocken und will wieder zurück zu ihr. Aber sie schmeißt die Tür hinter mir zu und schließt ab.

      Ich stehe vor dem weißen Holz und kann es nicht fassen, dass sie mich einfach ausgesperrt hat.

      In dem Moment bricht im Haus ein Tumult los und ich höre Erik Ellen anschreien. Er will die Tür aufreißen, die aber verschlossen ist.

      „Carolin, komm! Ich nehme dich mit“, höre ich jemanden neben mir sagen und etwas durchzuckt mich wie ein Dolchstoß. Irritiert sehe ich mich um.

      „Marcel, was machst du hier?“

      Träume ich? Das Lied wird in meinem Kopf lauter.

      Marcel zieht mich zur Straße, reißt die Autotür auf und schiebt mich in seinen Golf. Er beeilt sich, auf seiner Seite einzusteigen und fährt mit quietschenden Reifen los. Er sieht noch in den Rückspiegel und dann mich an.

      Mein Blick muss dem eines Kindes gleichen, das zum ersten Mal einen Weihnachtsbaum sieht.

      „Diese Ellen hat mich angerufen. Sie wollte, dass ich dich da weghole. Sie meinte, sie könne nicht auf dich aufpassen und ihr Bruder hätte nichts Gutes mit dir vor. Und sie klang wirklich besorgt. Ich bin sofort losgefahren. Gut, dass ich in der Nähe war.“

      Ich verstehe nichts. Nur das Marcel da ist und von Ellen gerufen mich nun abgeholt hat. Mir schießen Tränen in die Augen. Marcel ist wieder einmal gekommen, um mich zu retten. Wie immer.

      „Danke, dass du mich nach Hause bringst.“

      Marcel sieht mich kurz an. „Ich bringe dich nicht nach Hause. Was meinst du, was deine Eltern mit mir machen, wenn ich dich mitten in der Nacht bei ihnen abliefere, völlig stoned“, brummt er wütend.

      Völlig was?

      Ich sehe verwirrt aus dem Fenster und verstehe nicht, von was er da redet. Aber das wird auch nebensächlich, angesichts des Spektakels hinter der Scheibe.

      Seltsamerweise scheinen die Lichter der Stadt heute alles übermächtig zu beherrschen und das nimmt mich gefangen. Dass man da überhaupt durchfahren kann? Ich sehe fast nichts außer Licht.

      Ich schaue unsicher zu Marcel. Kann er das schaffen, das Auto dadurch zu lenken? Es sieht so aus, als wenn er das ohne Probleme meistert.

      Ich schließe die Augen. Das viele Licht macht mich ganz konfus.

      Sofort drängt sich mir der Gedanke an diese Linie auf, an der ich stehe. In meinem Inneren baut sich ein gutes Gefühl auf und verdrängt alles andere. Lachend springe ich über den weißen Strich in den Bereich „wieder da“. Ich sitze bei Marcel im Auto.

      Ich muss lachen. Es geht mir gut.

      „Was hast du dir eingeworfen?“, höre ich Marcel bissig fragen.

      „Was eingeworfen?“, frage ich irritiert und versuche ernst zu bleiben.

      „Mensch Carolin, stell dich doch nicht blöd“, faucht er ungehalten. „Vor zwei Wochen warst du noch völlig normal und jetzt steigst du bei irgendwelchen Junkies ab und nimmst Drogen.“

      So ein Quatsch. Marcel sieht das Ganze völlig falsch. Ich habe nur angefangen zu rauchen. Mehr nicht. Das muss ich ihm unbedingt sagen. Aber mein Kopf und mein Mund sind nicht ganz kompatibel. Es scheint mir ewig zu dauern, bis ich antworte: „Ich habe nur angefangen zu rauchen und das tust du auch.“

      Ich will wütend klingen, aber das geht irgendwie nicht. Ich stehe an der Linie auf der Seite von ‚nicht wütend‘ und komme nicht auf die andere Seite.

      Marcel schüttelt den Kopf und wir verlassen über die letzte Ampel die Lichter der Stadt und fahren in die Dunkelheit hinein.

      Die Dunkelheit ist auch irgendwie cool. Damit ist das viele Licht weg. Es liegt hinter uns und frisst die Stadt. Wir sind dem entkommen.

      Ich bin erleichtert und raune seufzend: „Geschafft!“

      Auch im Auto ist es dunkel und ich kann Marcel nicht mehr richtig sehen. Aber er ist da.

      Ich vergewissere mich aber lieber noch mal und sehe zu der Silhouette, die den Wagen lenkt.

      „Was ist geschafft?“,

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