Das Vermächtnis aus der Vergangenheit. Sabine von der Wellen

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Das Vermächtnis aus der Vergangenheit - Sabine von der Wellen Das Vermächtnis aus der Vergangenheit

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verstanden, was Tim mir erzählte. Aber dass du mit ihm geschlafen hast, darauf komme ich immer noch nicht klar“, resümiert er aufgebracht.

      „Ich auch nicht“, raune ich, selbst von diesem Umstand betroffen. „Tim hatte, nachdem er mich zu sich brachte, schreckliche Tage und Nächte hinter sich, in denen er keine Sekunde zur Ruhe kam, von dieser triebhaften Liebe zu mir gesteuert. Ich hatte ihm so viel zu verdanken. Ohne ihn wäre ich völlig zusammengebrochen und hätte das, was du und Katja mit mir gemacht habt, nicht überstanden. Und so habe ich nachgegeben, um ihn einfach nur zur Ruhe kommen zu lassen.“ Ich hoffe ihm mit der Erwähnung, wie schlecht es mir wegen ihm und Katja ging, mein Verhalten etwas begreiflich zu machen. Aber ich erwähne nicht, wie oft Tim und ich versuchten, ihn dadurch zu beruhigen.

      Ich sehe Marcel ins Gesicht, als ich hinzufüge: „Aber es ging mit uns nicht und so musste er mich nach Hause bringen. Ich konnte das mit ihm nicht und er konnte es nicht ohne mich“, füge ich hinzu und mir wird klar, wie schlimm das Ganze eigentlich für Tim gewesen sein muss, als auch ihm das bewusst wurde.

      „Diese für uns angeblich vorgesehene Liebe ist nur noch von seiner Seite vorhanden. Unsere Liebe hat diesen Fluch so in seinen Standfesten erschüttert und war so viel stärker gewesen, dass bei mir alle Gefühle für Tim wie weggeblasen sind. Das spürten wir beide in seinem ganzen Ausmaß, als wir … miteinander schliefen.“ Ich schlucke bei der eigenen Erwähnung dieser Tatsache und sehe an Marcels Blick, dass ihn der Gedanke daran fast ins Grab bringt, egal, wie sehr ich das Ganze als für mich unwichtig hinstelle. „Ich wusste, es wird für mich immer nur dich geben und sonst niemanden“, ende ich und hoffe, meine Worte tun ihre Wirkung.

      Unsere Blicke treffen sich. Das Gesicht von Marcel ist angespannt und seine Augen nachdenklich zusammengekniffen. Dann nickt er langsam.

      „Tim hat das auch so ähnlich gesagt. Er war völlig fertig, dass du für ihn verloren bist und er sagte mir ins Gesicht, wenn jemand dafür Prügel einstecken sollte, dann eher ich, weil ich deine Liebe zu ihm so nachhaltig zerstörte. Ich wollte ihm das nicht glauben. Aber jetzt …“

      Meine Gefühle weiter vor ihm ausbreitend, flüstere ich, meine Hand auf seinen Arm legend: „Und heute Nacht war alles wieder da. Meine Liebe zu dir und die Fähigkeit dazu. Es geht nur bei dir und mit dir. Mit niemandem sonst!“

      Erleichtert registriere ich, dass ich sogar wieder fähig bin, eine romantisch säuselnde Seite herauszukehren, die ich schon für immer verloren glaubte. „Und ich weiß, dass ich erneut mit dir zusammen sein möchte. Ich brauche dich wie die Luft zum Leben. Ich liebe dich einfach zu sehr!“ Langsam schiebe ich die Decke an die Seite, damit ich mich vor ihn knien kann und streiche ihm das Haar zurück. „Lass es uns noch einmal versuchen und ich verspreche dir, keine Drogen mehr zu nehmen und mehr auf mich achtzugeben.“

      Ich nehme sein Gesicht in beide Hände und küsse ihn zärtlich. Er soll meine Liebe zu sich spüren und wenn noch ein winziger Rest von Unsicherheit irgendwo in ihm lauert, will ich diese zerstreuen. Mir wird klar, ich werde alles tun, was nötig ist, um ihn wiederzubekommen.

      Langsam zieht Marcel die Decke von sich weg und ohne sich von mir zu lösen schiebt er sich vor mir auf die Knie.

      Ich sehe ihn nur an, während er seine Arme um mich legt und mich an sich zieht.

      Wir drängen uns aneinander. Seine Hände laufen über meinen Rücken und setzen jeden Millimeter meiner Haut in Brand. Ich lasse meine Hände über seine schmale Hüfte und seinen Rücken gleiten und genieße die Berührung seiner Muskeln unter meinen Fingerspitzen. Als ich meine Lippen über seine Wange und seinen Hals gleiten lasse, haucht er: „Können wir denn anders? Wir sind füreinander bestimmt!“

      „Ja, sind wir“, flüstere ich ergeben und lasse mich von Marcels auf die Matratze legen. Sein Blick ist pures Verlangen und er lässt sich neben mich sinken. Langsam schiebt er sich dicht an mich heran und streicht meine Haare zurück. Seine grauen Augen funkeln mich mit einer Leidenschaft an, die mich das Atmen vergessen lässt. „Für immer und ewig“, raunt er leise.

      „Für immer und ewig“, antworte ich ihm mit zittriger Stimme und kann es nicht fassen. Wir haben uns wieder!

      Marcel fährt mich am Sonntagabend nach Hause. Meine Eltern sind irritiert, dass er mich bringt und auch mit in mein Zimmer geht.

      „Oweh! Hast du deinen Vater gesehen? Ich dachte, der frisst mich“, raunt Marcel mir beunruhigt zu.

      Ich lache auf. „Ach Quatsch! Das meinst du nur.“

      Er nimmt mich in den Arm und zieht mich an sich. So stehen wir einfach nur da. Wir reden nicht. Geredet haben wir genug. Den ganzen Vormittag lang. Marcel hatte mich letztendlich inständig gebeten, besser auf mich aufzupassen und mich von der Drogenscene fernzuhalten. Er will auch, dass ich mich von Ellen fernhalte. Aber das geht nicht. Sie braucht mich. Und ich sie.

      Wir machten Pläne, seine Wohnung betreffend. Ich allerdings nur in beratender Funktion.

      Für uns beide steht fest, dass wir zusammengehören. Aber jeder soll sein eigenes Leben erst mal in den Griff bekommen. Das wird schon Energie genug erfordern.

      Ich muss kämpfen, um die Schule auch nur annähernd gut zu schaffen, und ich bitte mir aus, dass ich mich auch mal mit Ellen treffen darf. Die neue Welt Osnabrücks gefällt mir zu gut, als dass ich sie jemals wieder missen möchte. Sie hat mir ein großes Stück Unabhängigkeit geschaffen und mich wachsen lassen und ich möchte auf keinen Fall erneut in mein altes Mauerblümchenleben zurückfallen.

      Marcel ist damit nicht einverstanden, hofft aber darauf, dass ich mich noch besinne und ich musste ihm versprechen, dass ich nicht mehr verbreite, dass ich solo bin.

      „Du gehörst jetzt wieder zu mir und wenn du mit Ellen oder deinen anderen neuen Freundinnen in Osnabrück bist, möchte ich, dass du das jedem sagst, der dir sonst krumm kommt. Verstanden?“, hatte er mir eindringlich eingetrichtert und ich versprach ihm das mit einem warmen Gefühl im Herzen.

      Aber ansonsten haben wir beschlossen, dass wir uns zwar sehen werden, wann immer einer von uns beiden das will, aber andererseits erst schauen wollen, wie wir uns in unserer eigenen Welt schlagen. Ich, in meiner neuen Schule und in der Welt der Großstadt und Marcel als abgenabelter Wohnungsbesitzer. Außerdem möchte er erneut seinen Fußballsport ausbauen, den er in den letzten Wochen ziemlich vernachlässigt hatte.

      Mit dieser Regelung wollen wir beide einen Neuanfang wagen und hoffen darauf, dass die Zeit die alten Wunden heilt. Mir steckt noch der Schmerz in den Knochen, den Katja und Marcel in mir ausgelöst hatten, die schlimme Zeit, die ich unter dem Verlust unserer Liebe gelitten hatte und dem erneuten Schmerz, als er mich wegen Tim verließ.

      Marcel kommt noch immer nicht darüber hinweg, dass ich mit Tim geschlafen habe.

      Wir wissen beide, dass wird noch länger an uns zehren.

      Außerdem haben wir beschlossen, Tim nichts davon zu sagen, dass wir wieder zusammengefunden haben. Er ist schon in der letzten Woche nach Wolfsburg zurückgekehrt, um sich auf seine Tournee vorzubereiten und wir werden ihn somit lange nicht sehen. Aber uns ist klar, dass wir unsere neu gewonnene Beziehung auch vor vielen aus unserem alten Bekanntenkreis geheim halten müssen, wenn wir nicht Gefahr laufen wollten, dass Tim dennoch etwas über uns erfährt. Erst wenn wir beschließen werden, es erneut öffentlich zu machen, wird es sich nicht mehr vermeiden lassen. Ich habe die Befürchtung, dass ihn das dann auch wieder in mein Leben platzen lässt und das ist ein Gedanke, den Marcel nicht ertragen kann.

      Nun stehen wir in meinem Zimmer und halten uns nur fest. Marcel muss bald

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